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# taz.de -- Reeperbahn soll schöner werden: Klassik im Sex-Shop
> Die Quartiersmanager der „Reeperbahn +“ wollen weg vom Rotlicht-Image,
> hin zur Kultur. Anwohner sollen auf sprechenden Plakaten Tipps geben.
Bild: Könnten Kammermusik anbieten: Etablissements auf der Großen Freiheit.
HAMBURG taz | Bis jetzt hat man vom BID „Reeperbahn +“ noch nicht viel
gemerkt. Schon im Juli sind die Reeperbahn und die umliegenden Straßen zum
Business Improvement District erklärt worden. Nun tut sich was: Das
Quartiersmanagement hat eine Gruppe Studierender der Grafikdesignschule
„Alsterdamm“ an der Feldstraße beauftragt, Konzepte zu entwerfen, um die
Kommunikation zwischen AnwohnerInnen und PartytouristInnen zu verbessern.
Die Ergebnisse kann man sich noch bis Samstag im St.-Pauli-Museum angucken.
„Wie seht Ihr die Reeperbahn und wie würdet Ihr sie bewerben?“ seien
Fragen, mit denen sich die Studierenden bei ihrer Arbeit auseinandergesetzt
haben, erzählt Andreas Pfadt vom Planungsbüro ASK. Das Architekten- und
Stadtplanungsbüro ist der Aufgabenträger des BID und damit für das Konzept,
das hinter dem BID steht, zuständig. „Es geht darum, das ansässige Gewerbe
zu stärken“, sagt Pfadt. „Aus Besuchern sollen Kunden werden“ ist ein
erklärtes Ziel des BID-Konzepts.
„Für viele Gewerbetreibende ist es ein Problem, dass auf St. Pauli nur am
Wochenende was los ist“, sagt Quartiersmanager Lars Schütze, ehemals
Pächter des Esso-Areals und heute Betreiber der Garagen unter dem
Spielbudenplatz. Viele Betriebe könnten sich deshalb nicht auf St. Pauli
halten, meint er, und nennt als Beispiel den Sylter Edel-Fischladen
„Gosch“, der nach anderthalb Jahren auf der Reeperbahn pleite ging.
Manche Betriebe würden sich aber auch einfach nicht richtig präsentieren,
fährt Schütze fort – das soll nun durch die Ideen der Design-Studierenden
verbessert werden. Eine Gruppe hat sich eine App ausgedacht, bei der die
St.-Pauli-KundInnen ihre musikalischen Präferenzen eingeben können und dann
zum passenden Laden geführt werden. Nicht nur an die TouristInnen, sondern
auch an die AnwohnerInnen habe man dabei gedacht. „Schließlich sind auch
die Anwohner Kunden“, sagt Quartiersmanagerin Julia Staron.
„Einige der Studierenden arbeiten auf St. Pauli und kennen den Stadtteil
gut“, erzählt der Leiter der Design-Schule „Alsterdamm“, Thorsten
Schneider. Zwei Seminare zu den Themen „Corporate Design“ und
„Kommunikation“ haben an dem Projekt teilgenommen. Man habe dort kontrovers
diskutiert, sagt der Schulleiter.
Daher sind auch die Ergebnisse vielfältig: Während eine Gruppe sich auf ein
Logo für den BID konzentriert hat, überlegte sich eine andere Gruppe eine
Reihe von „gewöhnlichen Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten“ wie zum
Beispiel ein Klassikkonzert in einem Sexshop. Mit solchen kulturellen
Veranstaltungen solle der Kiez auch wochentags attraktiv werden. Ansässige
Ladenbetreiber würden profitieren. „Aufwertung des Images der Reeperbahn
ohne Identitätsverlust“, steht in der Konzeptidee der Studierendengruppe.
„Viele Leute denken bei St. Pauli erst mal an den Ballermann“, sagt
Quartiersmanagerin Staron. „Klar ist St. Pauli ein Amüsierviertel, und das
bleibt es auch“, fährt sie fort, „aber wir sind keine Unterabteilung vom
Dom, und auch hier gibt es Regeln.“ Das Quartiersmanagement wolle weg vom
Rotlicht-Image, hin zu mehr Kultur.
Ein Konzept gefällt der Quartiersmanagerin besonders: Interaktive
Leuchtkästen, die auf der Straße stehen und Plakate mit AnwohnerInnen
zeigen sollen. Nähert man sich dem Plakat, fängt es an zu sprechen. Der
abgebildete Bewohner erzählt seine Geschichte und nennt seine Lieblingsorte
auf St. Pauli – wo die Touristen dann hinpilgern sollen.
27 Nov 2014
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Hamburg
St. Pauli
Reeperbahn
Kiez
Gentrifizierung
Hamburg
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