# taz.de -- Vermisste Studenten in Mexiko: Die Bundespolizei soll es richten | |
> Mexikos Präsident hat eine Polizeireform angekündigt, um die Gewalt im | |
> Land in den Griff zu bekommen. Die Reaktionen sind verhalten. | |
Bild: Präsident Enrique Peña Nieto verkündet seine Maßnahmen: „Mexiko kan… | |
BERLIN taz | Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto will lokale | |
Polizeibehörden auflösen, mehr föderale Polizisten in die besonders | |
gewalttätigen Regionen des Landes schicken und mit neuen Gesetzen gegen die | |
Korruption vorgehen. Das kündigte der Staatschef am Donnerstag in | |
Mexiko-Stadt an. „Mexiko kann nicht so weitermachen“, erklärte er und | |
versprach: „Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass das Land von der | |
Kriminalität befreit, die Straflosigkeit beendet wird und alle Schuldigen | |
der Tragödie von Iguala bestraft werden.“ | |
Damit reagierte Peña Nieto auf den massiven nationalen und internationalen | |
Druck, unter dem seine Regierung seit dem blutigen Angriff auf Studenten am | |
26. September in der Kleinstadt Iguala im Bundesstaat Guerrero steht. In | |
einer gemeinsamen Aktion des Bürgermeisters, der Polizei und der Mafia | |
wurden damals sechs Menschen getötet und 43 Lehramtsanwärter entführt. Die | |
jungen Männer sind bis heute verschwunden und wurden wahrscheinlich | |
ermordet. | |
In den nächsten acht Jahren sollen nun 1.800 lokale Polizeieinheiten mit | |
insgesamt 170.000 Beamten aufgelöst und durch bundesstaatliche Einheiten | |
ersetzt werden. Nicht mehr die meist korrupten politischen Mandatsträger | |
vor Ort, sondern die Gouverneure der Länder sollen für die Sicherheit in | |
den Gemeinden zuständig sein. | |
Allerdings stehen auch viele Landeschefs in Verdacht, mit den Kriminellen | |
zu kooperieren. „Es ist trügerisch anzunehmen, das ein einheitliches | |
Kommando in den Händen der Gouverneure mehr Sicherheit garantiert“, | |
kritisierte der Kommentator der Wochenzeitung proceso, Jorge Carrasco: „Es | |
gibt unzählige Fälle von bundesstaatlichen Polizisten, die in kriminelle | |
Strukturen eingebunden sind.“ | |
## 10.000 Bundespolizisten für Tierra Caliente | |
Bereits Peña Nietos Vorgänger Felipe Calderón plante, die | |
Sicherheitspolitik stärker unter die Kontrolle der Länder zu stellen. | |
Schließlich schickte er jedoch in erster Linie Soldaten in die von den | |
Kartellen dominierten Gebiete. Peña Nieto will nun zunächst 10.000 | |
Bundespolizisten in die Region Tierra Caliente senden, in der Iguala liegt. | |
Dort sowie in anderen Regionen sollen die sicherheitspolitischen auch mit | |
wirtschaftlichen Maßnahmen verbunden werden. In den besonders armen | |
Bundesstaaten Guerrero, Oaxaca und Chiapas will der Staatschef spezielle | |
Entwicklungszonen schaffen. | |
Zudem soll ein neues Gesetz helfen, die Infiltration der Mafia in den | |
lokalen Regierungen zu bekämpfen. Demnach bekämen föderale Instanzen das | |
Recht, die Kontrolle der Rathäuser zu übernehmen oder diese komplett | |
aufzulösen, wenn sie im Sold der Kriminellen stehen. | |
Eine Notfallnummer wie die in den USA genutzte „911“ soll helfen, schnell | |
polizeiliche Hilfe anzufordern. Auf Twitter machte die Nummer jedoch | |
bereits in zynischer Form die Runde: „Manchmal denke ich darüber nach, die | |
911 zu wählen“, schrieb ein Kritiker, „doch dann erinnere ich mich daran, | |
dass es die Polizei ist, die entführt und mordet und lasse es bleiben.“ | |
Skeptisch über Peña Nietos Pläne äußerte sich auch José Miguel Vivanco von | |
der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. „Es scheint, als wolle | |
die Regierung dasselbe Produkt in anderer Verpackung verkaufen”, sagte er. | |
Der Staatschef müsse endliche Ergebnisse liefern, anstatt Schritte | |
anzukündigen, die er schon längst hätte machen müssen. | |
Wenige Stunden vor der Rede des Präsidenten im Nationalpalast in | |
Mexiko-Stadt waren in Guerrero erneut elf verkohlte Leichen aufgetaucht. | |
28 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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