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# taz.de -- Integrationsgipfel im Kanzleramt: Ministerien sollen bunter werden
> Bundeskanzlerin Merkel möchte die Berufschancen von Einwandererkindern
> verbessern. Der Bund soll mit gutem Beispiel vorangehen.
Bild: Integrationsbeauftragte Özoguz (SPD) und Merkel (CDU) bei der Berliner V…
BERLIN taz | Am Morgen besuchte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das
Ausbildungszentrum der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), ließ sich mit einem
gelben Bus über das Gelände kutschieren und schaute werdenden Handwerkern
über die Schulter. Die BVG ist mit rund 13.000 Mitarbeitern das größte
kommunale Nahverkehrsunternehmen Deutschlands und bildet Jugendliche in elf
Berufen aus, unter anderem zu Kfz-Mechatronikern, Gleisbauern und
Busfahrern. Rund 29 Prozent der BVG-Azubis des letzten Jahrgangs besitzen
einen Migrationshintergrund, das Unternehmen wirbt aktiv um einen
vielfältigen Nachwuchs.
Anlass für den hohen Werksbesuch war der anschließende Integrationsgipfel
im Kanzleramt, in dessen Mittelpunkt die Ausbildung von Jugendlichen aus
Einwandererfamilien stand. Beim Integrationsgipfel treffen sich Vertreter
von Bund, Ländern, der Wirtschaft, Gewerkschaften und
Migrantenorganisationen. Für die Bundesregierung nahmen in diesem Jahr
unter anderen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und
Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) teil. Es war der erste Gipfel unter
der Ägide der neuen Integrationsbeauftragten Aydan Özoguz (SPD).
Schon im März hatte Özoguz eine Studie des Sachverständigenrats deutscher
Stiftungen für Integration und Migration (SVR) vorgestellt, die nachweist,
dass junge Bewerber mit türkischen oder arabischen Namen trotz guter Noten
oft gar nicht erst zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Sie
würden teilweise selbst dann „aussortiert, wenn sie ein 1,9-Abitur haben“,
beklagt Özoguz.
Auch Kanzlerin Angela Merkel griff dieses Ergebnis vor dem
Integrationsgipfel in ihrer wöchentlichen Videobotschaft auf und forderte
von deutschen Firmen mehr Offenheit. „Es gibt, das ist der Befund,
Diskriminierung“, wandte sie sich zum Abschluss des Gipfels an die
Arbeitgeber. Integration sei aber keine Einbahnstraße: nicht nur Zuwanderer
müssten sich integrieren, sondern auch die Gesellschaft sich öffnen.
Die Bundesregierung will da mit gutem Beispiel vorangehen. Am Montag
startete sie in allen Ministerien und Behörden eine Umfrage, um den
jeweiligen Anteil von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund zu ermitteln.
Diese Daten sollen als Grundlage dafür dienen, die „interkulturelle
Öffnung“ auf allen Ebenen voranzutreiben. Özoguz kündigte an, konkrete
Zielmarken zu setzen, warnte aber vor übertriebenen Hoffnungen, da derzeit
nicht allzu viele Stellen neu besetzt würden.
## Anonymisierte Bewerbungsverfahren
Im vergleichsweise kleinen Mitarbeiterstab der Integrationsbeauftragten
selbst liegt man offenbar schon über dem Durchschnitt: Dort besäßen ein
gutes Drittel einen Migrationshintergrund, zählte Özoguz gegenüber
Journalisten nach. In der deutschen Bevölkerung liegt der Anteil von
Menschen mit Migrationshintergrund bei 19 Prozent.
Mehrere Migrantenverbände hatten zum Gipfel ein Impulspapier vorbereitet,
in dem sie eine bessere Berufsberatung und mehr Unterstützung beim Übergang
von der Schule in den Beruf anregen. Viele Eltern glaubten, nur ein Studium
verspreche ihren Kindern den sozialen Aufstieg. Der Generalsekretär der
Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, Mustafa Yeneroglu, kritisierte die
gesetzlichen Kopftuchverbote, die vielen muslimischen Frauen den Weg in den
öffentlichen Dienst versperrten.
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) und die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprachen sich darüber hinaus für
anonymisierte Bewerbungsverfahren aus. Dadurch würden die Chancen erhöht,
dass Bewerber zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, sagte
der TGD-Vorsitzende Safter Cinar. Sein Verband will künftig selbst auf
anonymisierte Verfahren setzen.
Auch Özoguz hat sich in der Vergangenheit für anonymisierte Bewerbungen
ausgesprochen. Bundeskanzlerin Merkel und die Union lehnen das jedoch ab.
1 Dec 2014
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Integration
Ausbildung
Integrationsgipfel
Schwerpunkt Angela Merkel
Aydan Özoguz
Migranten
Flüchtlinge
Schwerpunkt Rassismus
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Ausbildungsplätze
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ändern.
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