# taz.de -- Einschulungsalter in Berlin: Fünfjährige sollen länger chillen | |
> Eine CDU-Umfrage ergibt eine breite Mehrheit für eine baldige Änderung. | |
> Auch die SPD könnte zustimmen, wenn die Union an anderer Stelle nachgibt. | |
Bild: Wann soll der Spaß für die ABC-Schützen denn losgehen: Mit fünf oder … | |
Eine große Mehrheit der Berliner spricht sich dafür aus, Kinder erst mit | |
sechs Jahren in die Schule zu schicken. Nur jeder achte will an der | |
jetzigen Regelung festhalten, bei der bereits Kinder im Alter von | |
fünfeinhalb eingeschult werden. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage | |
im Auftrag der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hervor. Die CDU sieht sich | |
dadurch bestärkt in ihrer Forderung, den Stichtag vom 31. Dezember auf den | |
31. Juli vorzuziehen: Nur wer vorher sechs wird, soll im gleichen Jahr zur | |
Schule müssen. Die Grünen-Fraktion spricht sich für den Stichtag 30. | |
September aus. | |
„Die Umfrage ist für uns Rückenwind“, bewertete CDU-Fraktionschef Florian | |
Graf am Donnerstag vor Journalisten die Ergebnisse. Die Christdemokraten | |
verweisen darauf, dass mittlerweile fast jedes fünfte Kind, das eigentlich | |
eingeschult werden müsste, auf Antrag der Eltern zurückgestellt wird, also | |
im Normalfall ein Jahr länger in die Kita geht. Der Anteil dieser | |
Zurückstellungen an allen Kindern eines Jahrgangs ist nach Zahlen von Graf | |
und der SPD-geführten Senatsverwaltung für Bildung binnen binnen sechs | |
Jahren von 5,1 Prozent 2011 auf aktuell 17 Prozent gestiegen. | |
Grünen-Bildungspolitikerin Stefanie Remlinger sieht die Sache wie die CDU. | |
„Lassen wir doch mal die Kinder Kinder sein und drängen nicht drauf, dass | |
sie am ende schon mit fünfzehneinhalb mit der Schule fertig sind“, sagte | |
sie der taz. „Die Eltern haben mit den Füßen abgestimmt, die jetzige | |
Regelung hat keine Akzeptanz“, bewertet sie die Zahl der Rückstellungen. | |
Die Verwaltung von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) hingegen mag die | |
2004 beschlossene Regelung nicht ändern. „Rückstellungen im zweistelligen | |
Prozentzahlbereich gibt es auch in Bundesländern, die ein halbes Jahr | |
später einschulen“, sagte Scheeres-Sprecher Thorsten Metter der taz. „Für | |
uns das keine ideologische Frage; für uns ist wichtig, dass individuell für | |
das Kind der richtige Termin gewählt wird und es eine Flexibilität gibt.“ | |
Das sieht auch die Linkspartei-Abgeordnete Regina Kittler so. Für sie ist | |
ein Stichtag nur ein Richtwert; entscheidend seien die Meinung von Eltern | |
und Pädagogen. Sie verweist darauf, dass bei einer generell späteren | |
Einschulung mehrere 1.000 Kita-Plätze zusätzlich nötig seien. | |
Bei der SPD-Fraktion hieß es, das Thema gehöre zu denen, über die derzeit | |
die Fraktionsvorsitzenden verhandeln würden. „Wir sind in Gesprächen“, | |
bestätigte auch CDU-Mann Graf. Vieles deutet deshalb auf eine Lösung auf | |
Basis von Geben und Nehmen hin, auf einen Deal. Dabei würde etwa die | |
SPD-Fraktion als Stichtag für die Einschulung den 30. September | |
akzeptieren. Das deckt sich mit der Forderung der Grünen, die dazu | |
ebenfalls eine Gesetzesänderung ins Parlament eingebracht haben. | |
Im Gegenzug müsste die CDU-Fraktion allerdings bei einem jener Themen | |
nachgeben, bei denen die Sozialdemokraten seit langem auf Änderungen | |
drängen. Das gilt beispielsweise für das geplante Stadtwerk. Bei dem hält | |
die Union als einzige Fraktion im Abgeordnetenhaus fest daran, dass es nur | |
selbsterzeugten Strom verkaufen darf – was die Geschäftschancen deutlich | |
minimiert. Alternativ könnte die SPD der CDU durch Nachgeben bei der | |
Einschulung auch ein „Ja“ zum seit langem geforderten Umwandlungsverbot von | |
Miet- in Eigentumswohnungen abhandeln. | |
4 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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