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# taz.de -- Konflikte im Libanon: Angst vor Kälte und Angriffen
> Die syrischen Flüchtlinge in Arsal sind zwischen die Fronten der Armee
> und der Dschihadisten geraten. Hilfswerke wagen sich nicht mehr dorthin.
Bild: Angehörige von Soldaten, die in Arsal entführt wurden, bei einer Protes…
ARSAL taz | Aus Mostafas Zelt steigt schwarzer Rauch auf. Der 27-Jährige
heizt seinen kleinen schwarzen Ofen, auf dem das Emblem des
Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) eingeprägt ist – ein
Andenken aus besseren Zeiten. In der Luft liegt der beißende Geruch von
geschmolzenem Plastik. Mostafa verbrennt alte Schuhe. „Es gibt kein Holz.
Manchmal verheize ich auch Müll. Wir müssen uns und unsere Kinder irgendwie
warm halten“, sagt der junge Mann.
Wie seiner Familie geht es vielen der über 100.000 syrischen Flüchtlinge in
der Kleinstadt Arsal im Libanongebirge nahe der syrischen Grenze. Sie haben
kein Brennmaterial, keine Winterkleidung und kaum etwas zu Essen, denn
humanitäre Hilfsgüter erreichen sie nur noch selten.
Seit Anfang August riegelt das libanesische Militär Arsal hermetisch ab.
Damals lieferten sich die Armee mit Kämpfern der mit al-Qaida verbündeten
syrischen Nusra-Front und des Islamischen Staates (IS) Gefechte in der
Stadt. Dabei entführten die Dschihadisten Dutzende Soldaten und Polizisten,
von denen bis heute noch mindestens 25 in ihrer Gewalt sind.
## Plötzlich stand das Flüchtlingslager in Flammen
Mostafas Familie verlor während der Kämpfe das letzte Hab und Gut, als ihr
Lager plötzlich in Flammen stand. Er macht das libanesische Militär dafür
verantwortlich, das mit aller Härte gegen die Flüchtlinge vorging. Sie
standen unter Generalverdacht, Verbindungen zu den Extremisten zu haben.
„Wir flohen aus Syrien, aber der Krieg ist uns auf den Fersen“, sagt
Mostafa.
Die Berge um die Stadt sind Rückzugsort für die Dschihadisten. Auch
Führungspersonen aus dem Umfeld der IS-Führung verkehren in der Region.
Jüngst wurde Saja al-Dulaimi, die Exfrau des IS-Führers Abu Bakr
al-Baghdadi und ihre Tochter in der Nähe Arsals aufgegriffen. Nun soll sie
dem Libanon bei Verhandlungen über die Freilassung der Entführten Vorteile
verschaffen.
## Dschihadisten machen ihre Drohung wahr
Ob die Taktik aufgeht, ist fraglich, denn auch die Frau des
Al-Nusra-Kommandeurs Abu al-Shishani wurde Anfang Dezember mit ihren beiden
Kindern von Sicherheitskräften in der libanesischen Hafenstadt Tripoli
festgesetzt. Prompt drohte al-Shishani in einem YouTube-Video: „Falls meine
Frau nicht bald freigelassen wird, glaubt nicht, dass wir euch eure
Soldaten ohne Verhandlungen zurückgeben. […] Wir werden nicht ruhen, bis
unsere Frauen frei sind.“ Am Freitag tötete die Nusra-Front eine ihrer
Geiseln, den Polizisten Ali Bazzel.
Kurz darauf wurde ein Syrer in der Gegend um Arsal angeschossen. Die
Aggression der Libanesen könnte sich auch gegen die Flüchtlinge in Arsal
richten. Dabei haben diese ganz andere Sorgen. Organisationen wie das UNHCR
teilen aus Sicherheitsgründen seit vier Monaten keine Hilfsgüter mehr aus,
sondern koordinieren die Lieferungen mit nationalen NGOs. Am Dienstag
veranstaltet das UNHCR seine jährliche Geberkonferenz.
## Das Geld für Einkäufe wird nicht überwiesen
Das Welternährungsprogramm der UNO (WFP) überweist monatlich 30 Dollar auf
eine elektronische Karte, die die Syrer in bestimmten Läden einlösen
können. Die Nachricht, dass die 30 Dollar in diesem Monat nicht überwiesen
werden, trifft sie wie ein Schlag. Das WFP hatte vergangene Woche bekannt
gegeben, dass die Zahlungen für 1,7 Millionen syrische Flüchtlinge
wegfallen. Im Libanon sind über 900.000 Syrer auf die Hilfe des WFP
angewiesen. Sandy Maroun, die Pressesprecherin des WFP im Libanon, sagt:
„Wir sind in großer Sorge.
Im Winter brauchen die Flüchtlinge mehr Essen, um der Kälte zu trotzen. Vor
allem für die Kinder besteht durch die Hilfskürzungen ein hohes
Gesundheitsrisiko.“ Ende November erfroren im Umland von Arsal bereits zwei
Neugeborene.
9 Dec 2014
## AUTOREN
Juliane Metzker
## TAGS
Libanon
Syrische Flüchtlinge
WFP
Schwerpunkt Syrien
Flüchtlinge
Flüchtlingslager
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Israel
„Islamischer Staat“ (IS)
Afrika
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