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# taz.de -- Internet-Konferenz „LeWeb“ in Paris: Netzneutralität ist Weltf…
> Tim Berners-Lee hat die Grundlagen des WWW gelegt. Er sieht das vom EuGH
> ausgesprochene „Recht auf Vergessen“ skeptisch und setzt sich für ein
> offenes Netz ein.
Bild: Tim Berners-Lee zweimal in Paris. Einmal im Sessel, einmal auf der Leinwa…
PARIS dpa | Web-Erfinder Tim Berners-Lee sieht Gefahren in dem in Europa
verstärkt durchgesetzten „Recht auf Vergessenwerden“ im Internet. „Das
Recht auf Zugang zur Geschichte ist auch wichtig“, betonte Berners-Lee am
Mittwoch auf der Internet-Konferenz „LeWeb“ in Paris. Es wäre richtig, den
Zugang zu Informationen zu verhindern, wenn sie falsch seien. „Aber wenn
etwas wahr ist, sind die Redefreiheit und das Recht auf Zugang zur
Informationen wichtig.“
Zugleich müsse die Gesellschaft aber auch dafür sorgen, dass Menschen
aufgrund von Informationen aus ihrer Vergangenheit nicht diskriminiert
werden. So dürfe eine alte Verurteilung nicht mehr Entscheidungen eines
Arbeitgebers oder einer Versicherung beeinflussen. Eine solche Regelung sei
„viel besser, als so zu tun, als ob etwas nie passiert wäre“.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Mai [1][Europäern das Recht
gegeben,] bei Suchmaschinen wie Google das Entfernen von Links zu
unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit durchzusetzen. Dabei müssen die
Informationen nicht falsch sein. Die Inhalte müssen auch nicht gelöscht
werden, sondern sollen nur aus den Suchergebnissen verschwinden.
Europäische Datenschützer fordern eine Umsetzung sogar auch auf
Google-Seiten außerhalb Europas. Bis Mitte Oktober wurde die Löschung von
rund einer halben Million Links beantragt.
Berners-Lee nutzte die Bühne in Paris, um die IT-Experten zum Kampf für
[2][die sogenannte Netzneutralität] aufzurufen. Das Prinzip besagt, das
alle Daten im Netz gleich behandelt werden müssen. Aktivisten befürchten
nach aktuellen Plänen aus der Politik, dass es durch bezahlte Überholspuren
ausgehöhlt wird und dadurch kleine Online-Unternehmen benachteiligt werden.
## „Apps sind langweilig“
„Widmen Sie fünf Prozent Ihrer Zeit der politischen Lage. Treten Sie
bewusst dieser Schlacht bei“, appellierte Berners-Lee. Es gehe darum, das
offene Netz zu verteidigen. Letztlich gehe es um den Weltfrieden.
„Netzneutralität ist unsere Wahl.“ Die Lobby dagegen sei stark. Und den
meisten Web-Nutzern sei nicht bewusst, wie sehr alltägliche Dinge wie das
Streaming von Video oder Musik gefährdet wären, wenn der offene und gleiche
Zugang zum Internet verloren ginge.
Es werde die Zeit kommen, in der Roboter vor Gericht die gleichen Rechte
wie Menschen bekämen, prognostizierte Berners-Lee. „Auf gewisse Weise ist
das bereits passiert: Große Unternehmen werden von Computerprogrammen
gesteuert“, argumentierte der Brite. „Sie haben die gleichen Rechte wie
Menschen – nur mehr Geld, um ihre Interessen durchzusetzen.“ Das mache ihm
Sorgen. „Sie sollten sehr, sehr große Angst haben“, sagte er mit
übertrieben bedrohlicher Stimme ins Mikrofon.
Berners-Lee kritisierte zugleich die großen Online-Unternehmen, die Daten
in „Silos“ einsperrten. Ein Beispiel sei, dass ein Nutzer seine Kontakte
bei Facebook und Twitter nicht zusammenbringen könne. „Apps sind
langweilig“ – wenn sie nicht etwa über Links weiterführen. Der 59-jährige
Computer-Wissenschaftler Berners-Lee hatte vor über 25 Jahren mit seinen
Vorschlägen für vernetzte Dokumente die Grundlagen für das World Wide Web
gelegt.
Er habe die Web-Protokolle ursprünglich entwickelt, um interne
Kommunikationsprobleme zwischen verschiedenen Bereichen am
Forschungszentrum Cern in der Schweiz zu lösen. Daher mussten sie sich auf
existierende Formate stützen, damit die Entwickler mit ihnen etwas anfangen
konnten. „Wenn ich es von Grund auf entworfen hätte, hätte ich es anders
gemacht. Aber diese Möglichkeit gab es nicht.“
10 Dec 2014
## LINKS
[1] /EuGH-Richter-ueber-Google-Urteil/!146238/
[2] /Kommentar-Netzneutralitaet/!150856/
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