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# taz.de -- Leichen-Ausstellung am Alex: Mitte kriegt die Zombie-Show
> Gerichtlich entschieden: Das umstrittene „Körperwelten“-Museum von
> Leichen-Plastinator Gunther von Hagens darf eröffnen.
Bild: Sehnen und Brüste: "Die Bogenschützin".
„Der Denker“ wartete im Lieferwagen. Für den Fall, dass das
Verwaltungsgericht eine von Gunther von Hagens plastinierten Leichen sehen
wollte, hätte man die Figur im Verhandlungssaal gezeigt. Doch dazu kam es
nicht. Die Kammer war davon überzeugt, dass dieses Exponat nicht auf
billige Effekte ziele, sondern den Verlauf von Nervenbahnen demonstriere.
Zudem könne ein einzelnes Exponat nicht die gesamte, mehr als 200
sogenannte Plastinate umfassende Ausstellung repräsentieren, die eigentlich
bereits im „Menschen Museum“ unterm Fernsehturm am Alexanderplatz gezeigt
werden sollte. Doch das Bezirksamt Mitte hatte sich quergestellt und die
Genehmigung der Schau versagt unter Verweis auf das Berliner
Bestattungsgesetz. Darin steht: „Leichen dürfen nicht öffentlich
ausgestellt werden.“
Dagegen klagte Gunther von Hagens’ Ehefrau, die Ärztin und
„Körperwelten“-Kuratorin Angelina Whalley. Am Freitag wurde entschieden:
Die Schau kann eröffnen. Für die Ausstellung von plastinierten Leichen ist
laut Gericht keine besondere Genehmigung notwendig.
## Leichen oder Skelette?
„Wir müssen uns darüber verständigen, wie wir über das Thema Leichen
reden“, hatte Whalleys Anwalt Holger Schmitz seine Argumentation eröffnet.
Die Plastinate seien jedenfalls keine, sondern zellbiologisch Skeletten
gleichzusetzen. Solche dürfe man in Schulen und auf Theaterbühnen zeigen.
Dem folgte der Vorsitzende Richter Björn Schaefer nicht. Nach dem
Bestattungsgesetz sei eine Leiche der Körper eines Menschen, bei dem
sichere Zeichen des Todes bestünden. Jede Leiche müsse auch bestattet
werden. Da, so freute sich Anwalt Schmitz, stoße man bei einem Plastinat
schnell an Grenzen. Es könne nicht verwesen und nicht eingeäschert werden.
Er schlug nun vor, das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit anzuwenden.
Aber diese Freiheit finde ein Ende, wenn es um die Menschenwürde gehe,
entgegnete der Richter. Das war das Stichwort für Luise Geisler-Ortmann vom
Bezirksamt Mitte. Sie kritisierte, dass die Verstorbenen nicht einmal
bestimmen können, wie sie präsentiert werden. Ob die Körperspender für das
Exponat „Paar beim Sex“ wirklich einverstanden gewesen wären?
Die Einwilligung werde notariell abgegeben, empörte sich Anwalt Schmitz.
Und wie die Körper verarbeitet würden, hänge vom Verwesungszustand und vom
Todesalter ab, ergänzte Klägerin Whalley. Als man vor Jahrzehnten die
ersten Plastinate in Japan gezeigt hatte, kritisierten die Besucher: „Die
Körper wirken so tot!“ Seitdem bemühe man sich um lebensnahe und
ästhetische Posen.
Am Ende folgte das Gericht keinem der Klägerargumente, sondern seinen
Kollegen aus Mannheim. Diese hatten in der Vergangenheit entschieden, dass
es dem Gesetzgeber bei der Abfassung von Bestattungsgesetzen nicht darum
gegangen sei, den Umgang mit sogenannten Anatomieleichen zu regeln. Als
solche betrachte man auch die Plastinate. Diese seien zwar Leichen im
Wortlaut des Gesetzes. Das träfe dennoch nicht auf die Plastinate zu, da
die Vorschriften vorrangig auf die schnelle Bestattung Verstorbener zielen.
## Bezirk bedauert Urteil
Das Bezirksamt Mitte bedauerte die Entscheidung des Gerichtes. Über das
weitere Vorgehen könne aber erst nach Vorliegen der Urteilsbegründung
entschieden werden, so Bürgermeister Christian Hanke (SPD).
Das Museum werde im Januar eröffnen, sagte eine Sprecherin der Betreiber.
Geplant ist eine 1.200 Quadratmeter große Ausstellungsfläche. (Az.: VG 21 K
346.14)
19 Dec 2014
## AUTOREN
Uta Eisenhardt
## TAGS
Berlin
Museum
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Leichen
Galerie
Justiz
Bezirk Mitte
Mitte
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