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# taz.de -- Gefühlte Islamisierung: Eine „Bild“-Ente zu Weihnachten
> Politiker fordern muslimische Lieder zum Weihnachtsfest? Wie die
> „Bild“-Zeitung ein Gerücht in die Welt setzt, das die Ängste der
> „Pegida“-Anhänger schürt.
Bild: Bald ein Loblied auf Allah unter den Notenblättern? Ein Kinderchor in Dr…
BERLIN taz | Es war mal wieder eine dieser typischen Bild-Enten. „Politiker
fordern: Christen sollen im Weihnachts-Gottesdienst muslimische Lieder
singen“, behauptete die Bild-Zeitung in ihrer Montags-Ausgabe und zitierte
als Gewährsmann den Grünen-Politiker Omid Nouripour, von dem der Vorschlag
angeblich stammen sollte.
Der baden-württembergische SPD-Politiker Thomas Funk äußerte Verständnis
für diese Idee, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD),
Aiman Mazyek, schlug sogar ein konkretes Stück des britischen Songwriters
Cat Stevens alias Yusuf Islam vor: „Tala'a al-badru alayna“ („Heller
Mondschein leuchtet“), so der Titel.
In den Sozialen Netzwerken sorgte der Vorschlag umgehend für Wirbel, und
auch bei Politikern ließen die reflexhaften Reaktionen nicht lange auf sich
warten: Laut Bild-Zeitung unterstützen SPD und Linke den „Lied-Vorstoß zu
Weihnachten“, während sich CDU und FDP dagegen aussprechen. Und Thüringens
linker Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) schlug vor, auch den
jüdischen Glauben einzubeziehen: Die Vertreter aller abrahamitischen
Religionen könnten damit „ein gutes Zeichen“ setzen, zitiert das Blatt
Ramelow.
Das Dumme ist nur: die Idee stammt von der Bild-Zeitung selbst, kein
Politiker war zuvor darauf gekommen. Am Montagmittag veröffentlichte der
Grünen-Politiker Nouripour auf seiner Facebook-Seite eine Stellungnahme:
Eine Bild-Journalistin habe ihn angerufen und gefragt, ob er bereit sei,
diese Forderung zu erheben. „Meine Antwort war, dass die Forderung nur dann
Sinn mache, wenn dann auch Weihnachtslieder in der Moschee gesungen werden
würden.“ Die konkrete Aussage sei ihm – als Politiker muslimischen Glaubens
– in den Mund gelegt worden.
## Krakeler
Und auch ZMD-Chef Mazyek distanzierte sich nachträglich. Er sei davon
ausgegangen, eine konkrete Kirchengemeinde habe um einen Tipp gebeten, so
habe er die Bild-Anfrage verstanden. Er finde es allerdings „schade, dass
vieles, was für die Versöhnung und Frieden getan wird, von Krakelern als
Übernahme oder als naiv abgestempelt“ werde.
Zu diesem Zeitpunkt hatten viele Medien die Darstellung der Bild-Zeitung
allerdings bereits ungeprüft weitergetragen. Die katholische Kirche
reagierte gelassen: Das kirchliche Liedgut kenne seit Jahrhunderten eine
Vielzahl von Friedensliedern, sagte der Pressesprecher der Deutschen
Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Weihnachtslieder wie „Friede auf Erden“
schlössen alle Menschen ein – „auch Muslime“, so Kopp. Der CDU-Innenexpe…
Wolfgang Bosbach hingegen polterte gegenüber Focus Online, Weihnachten sei
"kein Hochamt für Multikulti".
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnte denn auch – ausgerechnet
gegenüber Bild –, solche Vorschläge würden Menschen „in die Arme der
Pegida-Populisten treiben“. Was womöglich die Absicht war. Drastischere
Worte wählte der medienkritische Blog bildblog.de für seine Kritik: „So
hetzt man Religionen gegeneinander auf.“
22 Dec 2014
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Islam
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Weihnachten
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