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# taz.de -- Weihnachten mit Pegida: Schöne Bescherung
> Die Montagsdemos der Pegida in Dresden wachsen weiter. Diesmal wird
> jahreszeitgemäß gesungen. Die Gegner sind deutlich in der Minderheit.
Bild: Pegida-Anhänger singen vor der Semperoper in Dresden
DRESDEN taz | Eigentlich passt es in die Jahreszeit, wenn sich Menschen
kurz vor Heiligabend auf dem Theaterplatz vor der Semperoper in Dresden zum
gemeinsamen Weihnachtsliedersingen versammeln. Aber bei dem Aufmarsch von
17.000 Pegida-Anhängern am Montagabend handelte sich um eine neue Form des
Protestes der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes“.
Zur Pegida-Versammlung gehört stets eine Gegendemonstration, zu der auch
diesmal das Bündnis „Dresden Nazifrei“ aufgerufen hatten. Rund 5.000
Demonstranten zogen mit Losungen wie „Wirr ist das Volk“ von der Neustadt
über die Augustusbrücke bis zum Schlossplatz, wo ein massives
Polizeiaufgebot eine weitere Annäherung an die Pegida-Demo unterband.
Dennoch waren die vielen Tröten und die in einer Art Endlosschleife
skandierte Parole „Pegida das Rassistenpack – wir haben euch schon lange
satt“ vor der Oper gut zu hören.
Vor der Oper herrschte zunächst eine ruhige, aber angespannte Stimmung.
Neben den Vertretern der selbsternannten Bürgerlichen Mitte, fielen die
wenigen Fahnen schwenkenden Burschenschaftler, Fußball-Hooligans und
sächsischen Demo-Touristen mit Bannern („Weinböhla grüßt Pegida“, „Gl…
gegen Islamismus“) kaum ins Gewicht.
Den zahlreich anwesenden Journalisten, darunter etliche TV-Teams aus dem
In-und Ausland wurde mit latent aggressiver Ablehnung begegnet. Neben der
vermeintlichen Islamisierung und den „Systemparteien“ scheint die
„Lügenpresse“ das wichtigste identitätsstiftende Feindbild der Bewegung zu
sein. Gesprächsversuche seitens der „Lügenpresse“ wurden meist brüsk,
manchmal auch von Beschimpfungen begleitet, abgelehnt. Ansonsten
dominierten Statements wie: „Ich bin hier, weil ich gerne Weihnachtslieder
singe“.
## Angst vor den Kindern
Aber es gab auch andere Aussagen. So wusste ein „Opfer der SED-Diktatur“
von den „Moslems, die hier alle 6-7 Kinder bekommen, während wir allmählich
aussterben“, zu berichten. In Dresden? „Ach das ist doch überall so.“ F�…
wütenden Unmut sorgte eine offenbar von Mitarbeitern der Semperoper
vorbereite Lichtinstallation mit wechselnden Bannern wie „Für eine offene
Stadt“, „Dresden für Alle“ und „Flüchtlinge willkommen“.
Begleitet von „Wir sind das Volk“-Rufen eröffnete schließlich
Pegida-Initiator Lutz Bachmann den offiziellen Teil. Pegida sei der „Stolz
Sachsen“ und werde sich sich immer weiter ausbreiten. Genüsslich zitierte
er frühere Aussagen von führenden CDU/CSU-Politkern zum Scheitern der
multikulturellen Gesellschaft, zum Asylmissbrauch und gegen die Definition
Deutschlands als Einwanderungsland.
Den Klartext überließ er einem holländischen Gastredner: „Burkas, die das
Straßenbild beherrschen“ und die „70-80 Prozent Ausländer die eigentlich
illegal hier sind und sofort abgeschoben werden müssten“ sowie „die
Regierung, die diesen Ausländern stattdessen kriminelle Geschäfte und
Schwarzarbeit ermöglicht“. Den Rahmen für diese Sätze bildeten: „Alle Ja…
wieder“, „Stille Nacht“ und „Oh du Fröhliche“.
23 Dec 2014
## AUTOREN
Rainer Balcerowiak
## TAGS
Islamophobie
Schwerpunkt Pegida
Dresden
Montagsdemos
Journalismus
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Islam
DDR
Religion
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