# taz.de -- Doping im Biathlon: So sauber wie noch nie | |
> Am Rande des Biathlon-Weltcups gibt der Weltverband die Namen zweier | |
> Doper bekannt. Der Biathlonsport ist zurzeit trotzdem so sauber wie noch | |
> nie. | |
Bild: Der diesjährige Biathlon-Weltcup ist bisher noch sauberer als der Weltcu… | |
An die psychologische Betreuung in Russland denkt Wolfgang Pichler gern | |
zurück. Die Zeit, als er im Gastgeberland der Olympischen Spiele von | |
Sotschi eine Trainingsgruppe russischer Biathletinnen betreute, war für den | |
gebürtigen Ruhpoldinger ein ständiges Pendeln: Drei Wochen Russland, drei | |
Wochen Deutschland, drei Wochen Russland – und dort gab es dann immer auch | |
die Möglichkeit, einen Psychologen zu konsultieren. | |
„Der Druck war groß, und wir haben schöne Entspannungsübungen gemacht – … | |
war schon gut“, erinnert sich Pichler. Doch der Mann ist auch froh, nach | |
Ablauf seines bestens dotierten Vertrags wieder ganz zurück zu sein auf | |
bajuwarischem Boden. | |
„Ich bin nicht geschädigt aus Russland rausgegangen“, versichert der | |
59-Jährige, als er am Montag von den neuesten Dopingfällen in seiner | |
Branche erfährt. Der Name des russischen Nachwuchsskijägers Alexander | |
Loginow, der von seinem Verband bereits Ende November 2014 suspendiert | |
wurde, war dabei bereits bekannt. | |
Nun nannte der Biathlon-Weltverband (IBU) neben Loginow (22) noch seinen | |
frischesten Fang im Tümpel der Sünder – den 31-jährigen Sergei Sednew. Dem | |
Ukrainer wurde, wie auch Loginow, Epo-Missbrauch nachgewiesen – durch die | |
erneute Untersuchung von alten, nicht bei Wettkämpfen entnommenen Proben. | |
## Schöne neue Kontrollmethoden | |
IBU-Präsident Anders Besseberg schwärmte schon am Wochenende von den neuen | |
Kontrollmethoden in seiner Abteilung und konnte es kaum erwarten, mit dem | |
Hinweis auf frisch entlarvte Nestbeschmutzer an die Öffentlichkeit zu | |
treten. Am Montagmorgen gab die IBU den einen neuen Namen dann bekannt: | |
Sergei Sednew, bei dem eine zunächst unauffällige Probe vom 22. Januar 2013 | |
im Dezember neu analysiert worden war. | |
„Der Name überrascht mich nicht, der hat schon seine Leistungssprünge | |
gehabt“, sagt Wolfgang Pichler, der nun für Schwedens Skijäger tätig ist. | |
„Es gibt eben solche Nationen, da ist immer ein bisschen was.“ | |
Ein bisschen viele Dopingfälle sind es in den vergangenen Jahren aus den | |
Reihen der russischen Skijäger geworden: Bei den Olympischen Spielen 2006 | |
in Turin wurde Olga Pylewa der Einnahme des Stimulanzmittels Carphedon | |
überführt, drei Jahre später folgte das Trio Albina Achatowa, Jekaterina | |
Jurjewa und Dimitri Jaroschenko, dem Epo-Missbrauchs nachgewiesen wurde. | |
Exweltmeisterin Jurjewa, 2013 bei Trainingskontrollen im slowenischen | |
Pokljuka gleich zweimal innerhalb einer Woche positiv getestet, wurde gar | |
zur Wiederholungstäterin und im vergangenen Juli für acht Jahre gesperrt. | |
Eine Woche vor den Sotschi-Spielen flog dann Irina Starych als Doperin auf, | |
und der bislang letzte Fall aus Russland war der von Alexander Loginow – | |
der wie der zurückgetretene Ukrainer Sergei Sednew auf eine Öffnung der | |
B-Probe verzichtet hat. | |
IBU-Präsident Besseberg betonte am Rande des Weltcups in Oberhof stolz, der | |
Biathlonsport seit momentan so sauber wie noch nie. Wolfgang Pichler denkt | |
ähnlich: „Ich glaube, dass das Dopingproblem im Biathlon schon viel größer | |
war. In den 1990er Jahren zum Beispiel oder 2008. | |
Damals gab’s viele Gedopte, aber die Analysemethoden waren noch nicht so | |
gut. Jetzt dagegen wird auch der Blödeste merken, dass es so einfach nicht | |
mehr geht“, sagt Pichler, der die immer wiederkehrenden Dopingfälle längst | |
als notwendiges Übel in der Skijägerei akzeptiert hat. Und so fragt der | |
russlanderfahrene Oberbayer heute lakonisch: „Wenn von 200 Teilnehmern drei | |
dopen – ist das so schlimm?“ | |
12 Jan 2015 | |
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