| # taz.de -- Kommentar Marsch der Mächtigen: Kein Bad in der Menge | |
| > Es ist naiv zu glauben, dass Spitzenpolitiker wie normale Bürger bei | |
| > einer Demo mitlaufen. Eine Inszenierung bleiben die Bilder von Paris | |
| > dennoch. | |
| Bild: Sicher in Szene gesetzt: Staatschefs in Paris. | |
| Besser kann man den Pegida-Leuten kaum in die Hände spielen und belegen, | |
| dass die Bezeichnung „Lügenpresse“ mehr ist als ein böser Kampfbegriff. Es | |
| ist überwiegend den sozialen Netzwerken zu verdanken, dass eine breite | |
| Öffentlichkeit nun weiß, wie der Marsch der Mächtigen in Paris tatsächlich | |
| aussah. | |
| Dass die 44 Staatsoberhäupter nicht, wie berichtet und durch entsprechende | |
| Filmschnitte suggeriert, mitmarschierten, sondern gänzlich abgeschirmt von | |
| den restlichen Demonstranten für die Fotografen posierten. Angeblich von | |
| geladenen Demonstrierenden unterstützt, die so den Eindruck vermitteln | |
| sollten, die politischen Verantwortungsträger seien Teil des Volkes. | |
| Nun wäre es naiv zu glauben, dass Spitzenpolitiker wie normale Bürger mal | |
| so bei einer Demo mitmachen könnten. Es hat nachvollziehbare Gründe, warum | |
| etwa Präsident Obama dieser Inszenierung fernblieb. Entsprechend kann den | |
| PolitikerInnen auch kein Vorwurf gemacht werden. | |
| Im Gegenteil: Die Geste des Zusammenstehens hätte auch in der abgeschirmten | |
| Nebenstraße großen, wichtigen Symbolcharakter. Es ist aber den | |
| Medienschaffenden vorzuwerfen, dass ihnen die Wirkung der Bilder, also die | |
| Wirkmächtigkeit des Symbols, wichtiger war als die Dokumentation der | |
| Realität. Und eben nicht die Überblickfotos verwendet wurden, die seit | |
| Sonntagnachmittag vorlagen. | |
| Die Presse leidet unter massiven Glaubwürdigkeitsproblemen. Gerade deshalb | |
| muss der Kontext, in dem solche Inszenierungen stattfinden, mitgeliefert | |
| werden. Nur dann kann der Vorwurf der „Lügenpresse“ pariert werden. Auch | |
| wenn es den schönen Bildern unter Umständen etwas von ihrem Glanz nimmt. | |
| „Lügenpresse“ wurde gestern zum Unwort des Jahres gekürt. Es ist davon | |
| auszugehen, dass die Jury bei der Wahl von diesem Vorgang noch keine | |
| Kenntnis hatte. | |
| 14.01., 13:15 Uhr: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die | |
| Politiker hätten in einer Nebenstraße posiert. Tatsächlich posierten sie | |
| auf der Demonstrationsroute. Der Artikel wurde entsprechend korrigiert. | |
| 14 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ines Pohl | |
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