# taz.de -- Rekorde in Nord- und Ostsee: Warm und salzig | |
> Höchsttemperaturen in der Nordsee und Überlebenshilfe für die Ostsee: | |
> 2014 war ein Jahr der Rekorde, stellt das Hamburger Bundesamt BSH fest. | |
Bild: Einwanderer aus tropischen Gewässern: der Mondfisch | |
HAMBURG taz | Die Nordsee wird immer wärmer, die Ostsee wieder salziger. | |
Das sind die wichtigsten Erkenntnisse über die norddeutsche Meeresumwelt, | |
die das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) am Mittwoch in | |
Hamburg vorstellte. „Die langfristigen Trends“, so Präsidentin Monika | |
Breuch-Moritz bei der BSH-Jahresbilanz 2014, „sind deutliche Signale eines | |
Klimawandels.“ | |
Die Wasseroberfläche der Nordsee lag demnach im vorigen Jahr mit | |
durchschnittlich 11,4 Grad Celsius um 1,5 Grad höher als im langjährigen | |
Mittel. Direkt vor den deutschen Küsten wurde sogar eine | |
Durchschnittstemperatur von 12,1 Grad ermittelt. „Das sind die höchsten | |
Werte seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1969“, sagte Breuch-Moritz: | |
„In Verbindung mit anderen Messreihen lässt sich der Trend zu höheren | |
Wassertemperaturen aber schon seit über 100 Jahren ausmachen.“ Zudem passen | |
die Rekordwerte zur Mitteilung des Deutschen Wetterdienstes, wonach 2014 in | |
Deutschland mit einer Durchschnittstemperatur von 10,3 Grad Celsius „das | |
wärmste Jahr seit 1881 war“. | |
Je höher die Temperatur des Wassers ist, desto weniger Sauerstoff kann sich | |
darin lösen. Welche Folgen das für die Flora und Fauna der Nordsee hat, | |
müssten die Meeresbiologen nun erkunden, sagte Breuch-Moritz. | |
Auffällig ist jedoch ein Einsickern von Arten aus wärmeren Gewässern: So | |
sind Sardinen und Sardellen in der Nordsee keine Seltenheit mehr, auch in | |
der Ostsee wurden sie bereits gesichtet. Selbst der Mondfisch, mit mehr als | |
drei Metern Länge und über zwei Tonnen Gewicht der schwerste Knochenfisch | |
der Welt, wurde schon mehrfach nachgewiesen: Einzelne Exemplare wurden 2003 | |
im Wattenmeer sowie 2009 und 2012 vor Rügen gefangen. | |
Problematisch könnte der Einzug der Rippenquallen in beide Meere werden – | |
sie ernähren sich vorwiegend von Fischeiern und Fischlarven. Vor 25 Jahren | |
wanderte die Rippenqualle vom Mittelmeer ins Schwarze Meer ein, binnen zehn | |
Jahren brachen dort die Fischbestände zusammen. Nach Einschätzung des | |
Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) ist die Ostsee „von | |
solchen Szenarien aber noch weit entfernt“. | |
Dafür erhielt sie unterdessen Überlebenshilfe: Im Dezember vorigen Jahres | |
flossen fast 200 Kubikkilometer Nordseewasser aus dem Kattegat durch den | |
Öresund und den Großen Belt in die Ostsee. „Der drittgrößte | |
Salzwassereinbruch seit 1880“, so Breuch-Moritz. Ursache waren drei Wochen | |
anhaltende kräftige Westwinde. | |
Für das Binnenmeer ist dieser Zustrom ein Segen. Denn das deutlich | |
salzigere und sauerstoffhaltigere Nordseewasser ist schwerer als das | |
salzarme Ostseewasser und sinkt auf den Meeresboden. Dadurch könnten, so | |
die Hoffnung der Wissenschaftler, die weitgehend sauerstofffreien | |
„Todeszonen“ wiederbelebt werden. Vor allem das Bornholmbecken östlich der | |
dänischen Insel und das Gotlandbecken zwischen Schweden und Lettland gelten | |
als weitgehend biologisch tot. | |
Wie stark der Belebungseffekt ist und wie lange er anhalten könne, sei | |
jedoch unklar, sagte Bernd Brügge, Leiter der Abteilung Meereskunde im BSH. | |
Zur Zeit sind Kollegen vom IOW für neue Messungen auf der Ostsee unterwegs. | |
Klar ist jedoch schon, dass der Zustrom vier Milliarden Tonnen Meersalz in | |
die Ostsee gespült hat. Dadurch hat sich der Salzgehalt von etwa neun Gramm | |
pro Liter mehr als verdoppelt. Die Gefahr, dass die Ostsee zu einem | |
leblosen Brackwassertümpel verkommt, ist zumindest aufgeschoben. | |
15 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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