# taz.de -- Proteste gegen Mohammed-Karikaturen: „Nieder mit Charlie Hebdo“ | |
> Mehrere muslimische Länder verurteilen die Anschläge in Paris, | |
> kritisieren aber den Titel des neuen Hefts. In Pakistan gibt es Proteste, | |
> in Frankreich weitere Festnahmen. | |
Bild: Menschen in Pakistan protestieren gegen die Mohammed-Karikaturen auf dem … | |
ISLAMABAD/DOHA/ISTANBUL/PARIS ap/rtr/afp/dpa | In Pakistan ist es zu | |
Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen der französischen | |
Satirezeitschrift Charlie Hebdo gekommen. Abgeordnete im Parlament | |
verabschiedeten am Donnerstag einstimmig eine Resolution, in der sie die | |
Veröffentlichung der Bilder verurteilten, wie Religionsminister Sardar | |
Mohammad Yousuf erklärte. | |
Anschließend marschierte einige Abgeordnete vor dem Gebäude auf und | |
skandierten: „Im Namen des Propheten sind wir bereit zu sterben.“ Das | |
Titelblatt der neuen Ausgabe von Charlie Hebdo zeigt den weinenden | |
Propheten unter der Überschrift „Alles ist verziehen“. | |
Die Resolution ist weitgehend symbolisch. Sie werde an alle Botschaften im | |
Land sowie die Vereinten Nationen gesendet, um Pakistans Beschwerde gegen | |
die Karikaturen offiziell zu machen, sagte Yousuf. | |
In der ostpakistanischen Stadt Lahore kamen am Donnerstag fast 300 Menschen | |
zu einer Kundgebung und forderten „Nieder mit Charlie Hebdo“. Einige von | |
ihnen trugen Plakaten, in denen sie die Hängung der Zeichner verlangten. | |
## Mehrere Verletzte in Pakistan | |
Auch vor dem französischen Konsulat in der pakistanischen Hafenstadt | |
Karachi ist es zu Ausschreitungen gekommen. Teilnehmer der Protestaktion | |
bewarfen Polizisten mit Steinen und gaben Schüsse ab, nachdem die | |
Einsatzkräfte Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt hatten. An den | |
Ausschreitungen waren etwa 200 Demonstranten beteiligt. | |
Ein Arzt berichtete, es seien mindestens drei Verletzte ins Krankenhaus | |
gebracht worden. Eine Person befinde sich in kritischem Zustand. Nach | |
Polizeiangaben wurde auch ein Fotograf verletzt, der für die französische | |
Nachrichtenagentur AFP arbeitet. | |
Auch Katar hat die Mohammed-Karikaturen in der neuen Ausgabe von Charlie | |
Hebdo kritisiert. Katar verurteile, dass die französische Satire-Zeitung | |
und andere europäische Medien wieder „beleidigende“ Bilder des Propheten | |
Mohammed abgedruckt hätten, erklärte das Außenministerium am Freitag. Dies | |
werde nur zu neuem „Hass und Ärger“ führen. Meinungsfreiheit bedeute nich… | |
andere zu beleidigen, ihre Gefühle zu verletzen oder sich über ihren | |
Glauben lustig zu machen. | |
Der Weltverband der muslimischen Religionsgelehrten mit Sitz in Katar | |
kritisierte „das schändliche und nicht zu entschuldigende Schweigen der | |
Welt“ zu der „Beleidigung von Religionen“. In einer Erklärung warnte die | |
vom Prediger Jussuf al-Karadaui geleitete Organisation vor „schweren | |
Konsequenzen“, sollten der Islam, der Koran und der Prophet weiter | |
beleidigt werden, und rief zu „friedlichen Protesten“ auf. Der Prediger mit | |
ägyptischen Wurzeln gilt als Graue Eminenz der Muslimbrüder. | |
## Ermittlungen gegen türkische Zeitung | |
Die Regierung von Katar und der Weltverband der muslimischen | |
Religionsgelehrten hatten den Anschlag auf Charlie Hebdo in der vergangenen | |
Woche beide verurteilt. In mehreren muslimischen Ländern gab es zuletzt | |
jedoch Kritik oder Proteste gegen Charlie Hebdo und Verbote für Medien, die | |
die Karikaturen nachdruckten, unter anderem in Jordanien, im Senegal, im | |
Sudan, in Afghanistan und in der Türkei. | |
Die Staatsanwaltschaft von Istanbul leitete Ermittlungen wegen des | |
Verdachts auf „Anstiftung zum Hass“ gegen die türkische Zeitung Cumhuriyet | |
ein, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Das Blatt hatte in | |
einer Sonderbeilage als einzige Zeitung im muslimischen Raum das Titelblatt | |
der französischen Satire-Zeitschrift in Kleinformat zu zwei Kommentaren | |
gestellt. | |
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Terroranschlägen in Paris sind | |
in Frankreich erneut mehrere Personen festgenommen worden. Nach Angaben aus | |
Justizkreisen habe die Polizei in der Nacht zum Freitag im Großraum Paris | |
zugegriffen, berichtete der Nachrichtensender BFMTV. Insgesamt acht | |
Verdächtige seien für Vernehmungen in Gewahrsam gekommen. | |
Ob es sich um mögliche Komplizen oder Helfer der Attentäter handelt, war | |
zunächst unklar. Diese waren am Freitag vergangener Woche beim Zugriff der | |
Polizei erschossen worden, nachdem sie 17 Menschen getötet hatten. | |
## Keine Pilgerstätte für Islamisten | |
In der Nähe von Paris haben unterdessen Hunderte Menschen am Freitag bei | |
einer Trauerfeier Abschied von „Charb“ genommen, dem Chef und | |
Karikaturisten der von Charlie Hebdo. Neben der Familie von Stéphane | |
Charbonnier, der als „Charb“ bekannt war, und überlebenden Mitarbeitern von | |
Charlie Hebdo nahmen auch mehrere Minister der französischen Regierung an | |
der Trauerfeier in Pontoise teil. „Charlie wird leben!“, sagte der | |
Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon bei der Trauerfeier. | |
Die Frage nach einer Beisetzung der Attentäter hingegen erregt in | |
Frankreich die Gemüter. Der Bürgermeister von Reims sagte am Freitag, er | |
werde eine mögliche Beisetzung der Islamisten Chérif und Said Kouachi in | |
seiner Stadt mit allen Mitteln verhindern. „Ich will nicht, dass es in der | |
Gemeinde eine Grabstätte gibt, die für Fanatiker ein Ort der Andacht, eine | |
Pilgerstätte wird, oder ein Ort, an dem sich der Hass austoben kann“, sagte | |
der konservative Politiker Arnaud Robinet. | |
„Sollte der Antrag gestellt werden, dann würde ich alles in meiner Macht | |
stehende tun, um mich der Beisetzung eines dieser Individuen in Reims zu | |
widersetzen“, sagte Robinet weiter. Said Kouachi hatte die vergangenen zwei | |
Jahre in der nordostfranzösischen Stadt gelebt. Sein jüngerer Bruder Chérif | |
lebte zuletzt in Gennevilliers im Großraum Paris. | |
Die beiden Islamisten hatten am Mittwoch vergangener Woche beim Angriff auf | |
die Satirezeitung Charlie Hebdo in Paris zwölf Menschen getötet. Sie wurden | |
zwei Tage später bei einem Polizeieinsatz erschossen. Beinahe zeitgleich | |
erschossen Elitepolizisten in Paris auch den Islamisten Amédy Coulibaly, | |
der zunächst eine Polizistin und dann bei einer Geiselnahme in einem | |
koscheren Supermarkt vier Menschen getötet hatte. Bislang haben weder die | |
Behörden noch die Angehörigen Angaben darüber gemacht, wo die drei | |
Islamisten beigesetzt werden sollen. | |
16 Jan 2015 | |
## TAGS | |
Terrorismus | |
Frankreich | |
Chérif Kouachi | |
Saïd Kouachi | |
Stéphane Charbonnier | |
Protest | |
Mohammed-Karikaturen | |
Schwerpunkt Türkei | |
Katar | |
Pakistan | |
Charlie Hebdo | |
Bundesministerium für Gesundheit | |
Aleppo | |
Diskriminierung | |
Frankreich | |
Islamismus | |
Verschwörungsmythen und Corona | |
Satirezeitschrift | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hunderte Festnahmen in Pakistan: Kampf gegen Impfverweigerer | |
Mehr als 300 Fälle von Kinderlähmung waren 2014 in Pakistan registiert | |
worden. Die Gesundheitsministerin kündigte an, Impfverweigerung nicht | |
länger zu tolerieren. | |
Schlagloch Meinungsfreiheit: Fusel der Freiheit | |
Über trunkene Medien und den Blutzoll des weißen Mannes: Nach Paris war „Je | |
suis Charlie“ in aller Munde. Nach Kopenhagen ist das nicht so. | |
Debatte Solidarität mit „Charlie Hebdo“: Vom Terror gezeichnet | |
Wenn es um den Nachdruck der Karikaturen geht, wollen jetzt nicht mehr alle | |
Charlie sein. Aber auch das gehört zur Meinungsfreiheit dazu. | |
Die Streitfrage: „Man muss über alle Götter lachen“ | |
Soll man über höhere Wesen und ihre Propheten Witze machen? Ja, denn keine | |
Unsterblichkeit währt ewig, schreibt der Autor Ralf Husmann. | |
Tahar Ben Jelloun über „Charlie Hebdo“: „Keine Religion akzeptiert Ironi… | |
Der Bestseller-Autor Tahar Ben Jelloun über seine Freunde von „Charlie | |
Hebdo“, das Problem mit Le Pen und den üblen, neuen Witz Houellebecqs. | |
Französische Muslime nach Anschlägen: Der Konflikt im Klassenzimmer | |
In einigen Schulen weigerten sich muslimische Schüler, der Terroropfer zu | |
gedenken. Sie fühlen sich von Mohammed-Karikaturen beleidigt. | |
Neue Ausgabe von „Charlie Hebdo“: „Mehr als Heilige und Propheten“ | |
Islamisten, der Papst, neue falsche Freunde – „Charlie Hebdo“ ist bissig | |
wie eh und je. Mehrere Karikaturen sind bisher unveröffentlichte von den | |
Opfern. |