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# taz.de -- Kommentar zum gestörten taz Salon: Vom Elend, immer Recht zu haben
> Wenn Autonome eine Debatte sprengen, nützt das keinem – am wenigsten den
> Flüchtlingen. Die brauchen Hilfe, keine falschen Freunde.
Bild: Diskutiert nach dem gesprengten Salon weiter: Katja Suding (FDP)
Niemand muss so weit gehen wie Voltaire. „Ihre Meinung ist genau das
Gegenteil der meinigen, aber ich werde mein Leben daran setzen, dass Sie
sie sagen dürfen“, proklamierte einst der französische Aufklärer. Das wäre
vielleicht ein bisschen viel verlangt; einfach andere ausreden zu lassen,
wäre ja auch schon was. Wer aber nicht zuhören will, ist kein
Gesprächspartner.
Die schätzungsweise 130 Menschen, die am Dienstagabend im taz Salon im
Hamburger Schanzenviertel eine Podiumsdiskussion mit Politikern über die
Flüchtlingspolitik verhinderten, haben sich dem Diskurs verweigert. Nichts
dazulernen zu wollen, ist ihr Problem, andere genau daran zu hindern, ist
ein moralisches und gesellschaftliches.
PolitikerInnen auf dem Podium mit Papierkügelchen zu bewerfen, ist
infantil, ihnen auf der Straße Böller hinterher zu schmeißen, ist genau
das, was sie eben diesen PolitikerInnen vorwerfen: menschenverachtend.
Es geht darum, Flüchtlingen zu helfen, aber nicht darum, sie für die
eigenen Revolutionsträume zu missbrauchen. Es geht darum, einen
gesellschaftlichen Konsens gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus
herzustellen, aber nicht darum, sich im selbst zertifizierten
Bessermenschbewusstsein zu sonnen.
Und es geht darum, die Freiheit der Debatte – und im konkreten Fall auch
die Freiheit der Presse – zu sichern, aber nicht darum, zwischen
erwünschten und unerwünschten Meinungen zu unterscheiden. Wer die eigene
Ansicht absolut setzt, ist ein Diktator.
Bleiberecht für alle zu verlangen, ist eine legitime Forderung, über die zu
diskutieren wäre. Aber dafür wäre eben eine Debatte, die nun mal aus Reden
und Zuhören besteht, vonnöten.
Wer sich dieser verweigert, bleibt zurück mit populistischen Parolen, die
niemandem nützen und Flüchtlingen schon gar nicht. Menschen, die aus Krieg
und Unterdrückung nach Deutschland flohen, brauchen echte Hilfe, keine
falschen Freunde.
„Wärt ihr das Volk, wäre ich Flüchtling“, war jüngst auf einem Banner b…
einer Anti-Pegida-Demo zu lesen. Zumindest ein Teil der Hamburger autonomen
Szene sollte dringend mal über seine Ausgrenzungs- und
Herabwürdigungsmechanismen reflektieren.
Die Unbelehrbaren indes dürfen sich weiter an Voltaire ergötzen: „Das
Vergnügen, Recht zu behalten, wäre unvollständig ohne das Vergnügen, andere
ins Unrecht zu setzen.“
21 Jan 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Flüchtlingspolitik
Protest
Asylpolitik
Gegendemonstration
Podiumsdiskussion
Flüchtlinge
Flüchtlingspolitik
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