# taz.de -- Wachpersonal streikt an Flughäfen: Streit um Verhältnismäßigkeit | |
> Verdi bestreikt in zwei Bundesländern Regionalflughäfen. Die Arbeitgeber | |
> verlangen nun eine gesetzliche Beschränkung des Arbeitskampfes. | |
Bild: Warteschlangen am Flughafen in Stuttgart. | |
BERLIN taz | Mit der Forderung nach einer Einschränkung des Streikrechts | |
reagieren die Arbeitgeber auf die Warnstreiks des Wach- und | |
Sicherheitspersonals am Hamburger und am Stuttgarter Flughafen. „Die | |
Gewerkschaft Verdi hat nun völlig die Bodenhaftung verloren“, sagte der | |
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW), | |
Harald Olschok. Jetzt sei der Gesetzgeber gefordert. Verdi wies das | |
Ansinnen empört zurück. | |
Am Freitag legten die bei Verdi organisierten Sicherheitskräfte an den | |
Flughäfen in Hamburg und Stuttgart für mehrere Stunden die Arbeit nieder. | |
Dadurch kam es zu Beeinträchtigungen für die Reisenden. Die | |
Flughafenbetreiber empfahlen den Reisenden, „möglichst viel Zeit für das | |
Passieren der Passagierkontrollen einzurechnen". In Stuttgart war nur einer | |
der vier Terminals geöffnet. In Hamburg konnten nur ganz wenige | |
Kontrollsperren geöffnet werden. Es bildeten sich lange Schlangen. Vier | |
Flüge wurden gestrichen. | |
„Ver.di nutzt die mediale Aufmerksamkeit von Streiks an den | |
Verkehrsflughäfen gnadenlos aus“, sagte Olschok. Dadurch würden | |
zehntausende Passagiere geschädigt. Der Gesetzgeber müsse für Streiks in | |
der sogenannten Daseinsvorsorge verbindliche Streikregeln einführen, | |
forderte er. Dazu gehöre insbesondere ein Schlichtungsverfahren vor | |
Streikbeginn. | |
Mit Unverständnis reagierte der Hamburger Verdi-Landesfachbereichsleiter | |
Peter Bremme auf die Äußerungen des BDSW-Hauptgeschäftsführers. Die | |
bisherigen Angebote der Arbeitgeberseite ließen der Gewerkschaft keine | |
andere Wahl, als Arbeitskampfmitteln zu greifen. Außerdem sei das | |
Streikrecht ein Grundrecht. „Wir lassen uns das Streikrecht nicht durch | |
eine Zwangsschlichtung verderben“, sagte Bremme der taz. Über die | |
Streikbeteiligung am Freitag zeigte er sich „voll zufrieden“. Trotz des | |
Einsatzes von Streikbrechern habe der Ausstand gut geklappt. | |
## „Geiselhaft“ für die Branche | |
Unterstützung bekommt Olschok hingegen vom Bundesverband der Deutschen | |
Fluggesellschaften (BDF). „Es kann nicht sein, dass kleine | |
Beschäftigtengruppen immer wieder versuchen, ihre Partikularinteressen auf | |
Kosten unbeteiligter Dritter durchzusetze BDF-der Geschäftsführer Michael | |
Engel. Schließlich sei nur einer von zehn Beschäftigten des privaten | |
Sicherheitsgewerbes überhaupt an Flughäfen beschäftigt. „Es ist deshalb | |
unverhältnismäßig, unsere Passagiere für die Tarifauseinandersetzung einer | |
ganzen Branche erneut in Geiselhaft zu nehmen“, sagte Engel. | |
Die Warnstreiks an den beiden Flughäfen sind Teil der Tarifkonflikte für | |
das gesamte Sicherheitsgewerbe in Hamburg und Baden-Württemberg. Verdi will | |
so Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, nach mehreren ergebnislosen | |
Verhandlungsrunden endlich verbesserte Angebote vorzulegen. So fordert die | |
Gewerkschaft in der Hansestadt eine deutliche Anhebung des Einstieglohns, | |
der bis zum Jahreswechsel bei 8,05 Euro lag und dank des | |
Mindestlohngesetzes jetzt 8,50 Euro pro Stunde beträgt. Nach dem Willen von | |
Verdi soll er auf 9,20 Euro steigen. | |
Bisher bietet die Arbeitgeberseite jedoch für die unterste Lohngruppe für | |
einfache Wachdienste nur 8,75 Euro an. Für die Luftsicherheitsassistenten | |
am Hamburger Flughafen fordert die Gewerkschaft 15,00 Euro statt bislang | |
14,00 Euro pro Stunde sowie neue Entgeltstufen. Auch das lehnt die | |
Arbeitgeberseite als zu hoch ab. Die nächste Verhandlungsrunde findet am | |
kommenden Montag statt. | |
In Baden-Württemberg ist Verdi mit der Forderung von mindestens 0,80 Euro | |
für alle Tarifgruppen in die Verhandlungen gegangen. Außerdem will Verdi | |
einen um 2,50 Euro erhöhten Stundenlohn für das Sicherheitspersonal in den | |
Flughäfen und den Kerntechnischen Anlagen durchsetzen. Solche Forderungen | |
seien „nicht mehr hinnehmbar", sagte BDSW-Mann Olschok. Eine Lösung des | |
Tarifstreits ist auch hier nicht in Sicht. | |
23 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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Streiks gestrichen. |