| # taz.de -- Kommentar Griechenland-Wahl: Zur Demokratie gehört Respekt | |
| > Griechenland hat demokratisch gewählt. Die Europäer sind gut beraten, die | |
| > anstehenden Gespräche mit aller Ernsthaftigkeit zu führen. | |
| Bild: Angst-Szenarien: Alexis Tsipras werde das Land zugrunde richten. | |
| Manchmal treffen auch abgestandene Worthülsen den Punkt. Mit dem Wahlsieg | |
| von Syriza verbinden sich tatsächlich Chancen und Risiken. An Szenarien | |
| herrscht weiß Gott kein Mangel. Die griechischen Linken werden ihr Land | |
| zugrunde richten – und die Eurozone noch dazu, warnen Konservative. | |
| Manche Linke glauben dagegen an eine Europa umspannende Trendwende, die den | |
| Menschen mehr Gerechtigkeit und den Banken weniger Steuergelder schenken | |
| wird. | |
| Zunächst einmal ist der Sieg von Syriza eine Chance dafür, dass sich | |
| Griechenland von jahrzehntelanger Korruption und Vetternwirtschaft befreit, | |
| mit denen sowohl die konservative Nea Demokratia als auch die | |
| sozialdemokratische Pasok untrennbar verbunden waren. Das Mutterland der | |
| Demokratie braucht dringend mehr demokratische Freiheiten; der Wechsel zu | |
| Syriza ist, anders als der zwischen den bisherigen Machthabern, ein | |
| vollständiger Bruch mit dem Klientel-System. | |
| Doch Syriza-Chef Alexis Tsipras hat jetzt ein Problem: Er hat mit seiner | |
| Wahlkampfrhetorik unstillbare Hoffnungen produziert und gefährliche | |
| Feindbilder gehegt. Gegen den von ihm behaupteten „sozialen Holocaust“ – | |
| was für eine ekelhafte Wortwahl – sollen Renten und Sozialhilfe erhöht, | |
| mehr Beamte eingestellt und ein Mindestlohn eingeführt werden. Die | |
| „Herrschaft der Troika“ – und damit der EU – sei ab dem Montag beendet,… | |
| er vollmundig verkündet. | |
| Nun muss Tsipras seinen Anhängern klarmachen, dass dem nicht so ist und | |
| auch eine linke Regierung nicht einfach Geld drucken kann. Anders gesagt: | |
| Syriza kommt nicht darum herum, mit den europäischen Geldgebern in | |
| Verhandlungen zu treten. Andernfalls, so lautet die bittere Wahrheit, ist | |
| Griechenland in ein paar Monaten zahlungsunfähig – und das ganz ohne die | |
| tatsächlich so dringend notwendigen sozialen Verbesserungen. | |
| Die Europäer sind gut beraten, diese anstehenden Gespräche mit aller | |
| Ernsthaftigkeit zu führen. Nicht so sehr deshalb, weil der Euro sonst in | |
| Gefahr geriete. Nicht unbedingt, weil andernfalls Milliardenkreditsummen | |
| abgeschrieben werden müssten. Sondern, weil ein Scheitern Griechenlands | |
| einem Fanal gegen die Einheit Europas und die Europäische Union gleichkäme. | |
| Griechenland hat demokratisch gewählt. Das Ergebnis verdient Respekt. | |
| Andernfalls gerät die Demokratie selbst in Gefahr – und das nicht nur in | |
| Athen. | |
| 25 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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