# taz.de -- Bosnische Waffenlieferung an die Ukraine: Keine Munition für Kiew | |
> Die bosnische Regierung stoppt ein vereinbartes Geschäft mit der Ukraine. | |
> Zuvor hatte Russland damit gedroht, das Gas abzudrehen. | |
Bild: Die Wirkung von Maschinengewehren hat die bosnische Bevölkerung während… | |
SARAJEVO taz | Unter dem Druck der russischen Regierung hat Bosnien und | |
Herzegowina am Wochenende eine schon vereinbarte Waffenlieferung an die | |
Ukraine gestoppt. Es handelte sich um 300 Tonnen Munition mit einem | |
Handelswert von 5 Millionen Euro, die von der Firma Unis mit Sitz in Ilidza | |
(Sarajevo) an die Ukraine geliefert werden sollte. | |
Der Stopp der Lieferung trifft die Firma schmerzlich, ist doch ein | |
Exportauftrag dieses Volumens für Bosnien nicht alltäglich. Doch der | |
politische Konflikt deutete sich vor zehn Tagen an. Der aus der serbischen | |
Volksgruppe stammende Handelsminister Boris Tucic, der den Exportauftrag | |
unterzeichnen sollte, trat mit der Begründung zurück, er könne nicht einem | |
Vertrag zustimmen, der Moskau verärgere. Unterstützt wurde er vom | |
Präsidenten der serbischen Teilrepublik Republika Srpska, Milorad Dodik. | |
„Wir sind gegen Waffenlieferungen in Gebiete, wo gekämpft wird.“ Auch | |
Tucics Nachfolgerin, die den bosnischen Sozialdemokraten (SDP) nahesteht, | |
verweigerte die Unterschrift. | |
Obwohl es in der nichtserbischen Öffentlichkeit viele Stimmen gibt, den | |
Vertrag mit der Ukraine zu erfüllen, legte sich das bosnische | |
Außenministerium quer. Die Entscheidung fiel, als am vergangenen Freitag | |
die Russen noch einmal nachlegten. Der Sprecher des russischen | |
Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, erklärte: „Wir betrachten die | |
Waffenlieferung von Bosnien an die Ukraine mit großer Sorge.“ Mit diesen | |
Waffen würden „unschuldige Zivilisten in der Ostukraine getötet“. | |
Ob der bosnische Außenminister und Sozialdemokrat Zlatko Lagumdzija von | |
diesem Argument beeindruckt war, ist nicht bekannt. Es sickerte aber in | |
Sarajevo durch, dass die Russen gedroht hatten, den Gashahn zuzudrehen. | |
Bosnien und Herzegowina ist von russischen Gaslieferungen abhängig. Mehr | |
noch: Russland war bisher so kulant, die noch aus dem Krieg stammenden | |
Schulden Bosniens zu stunden und auch bei den Zahlungsverzögerungen in | |
diesem Winter ein Auge zuzudrücken. Die Botschaft aus Moskau – so das gut | |
unterrichtete Internetportal klix – sei diesmal noch klarer gewesen: | |
Sollten Dritte die Schulden Bosniens übernehmen, würde bei Abwicklung des | |
Waffengeschäfts mit der Ukraine dennoch der Gashahn zugedreht. | |
## Veto von serbischer Seite | |
Ausschlag für den Stopp des Deals gab offenbar das dreiköpfige | |
Staatspräsidium. Das Handelsministerium hatte die Entscheidung an das | |
eigentlich nicht zuständige „Staatsoberhaupt“ übertragen. Gegen das Veto | |
der Schlüsselfigur im Staatspräsidium, des Serben Mladen Ivanic, hätten die | |
kroatischen und bosniakischen Mitglieder im Staatspräsidium nicht ankommen | |
können, selbst wenn sie es gewollt hätten. | |
Aber das ist fraglich. In Sarajevo sind die Menschen nicht einmal so | |
unglücklich über die Entscheidung. Was wäre geschehen, wenn die Russen in | |
diesem kalten Winter ihre Drohung wahrgemacht hätten? „Wir haben genug | |
Probleme. Die Russen sitzen zudem im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen | |
und können Bosnien und Herzegowina in jeder Beziehung schaden“, erklärte | |
ein Mitglied des bosnischen Parlaments gegenüber der taz. | |
3 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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