# taz.de -- Die Wahrheit: Salzwasser statt Bier saufen | |
> Warum wollen eigentlich so viele Wahnsinnige von England nach Frankreich | |
> schwimmen und nicht umgekehrt? Vielleicht liegt es an den Engländern. | |
Bild: Mahner für die Rettung der Meere: Extremschwimmer André Wierig | |
Andauernd springen Menschen in den Ärmelkanal und versuchen, von England | |
nach Frankreich zu schwimmen. Hat ihnen niemand gesagt, dass auf dem Kanal | |
Fähren verkehren? Man kann sogar mit der Eisenbahn fahren. Es ist nicht die | |
kulinarische Verzweiflung, die diese Menschen in der Hoffnung auf eine | |
anständige französische Mahlzeit ins Wasser treibt, sondern die Hoffnung | |
auf eine Zeitungsnotiz. | |
Der Erste war Matthew Webb, der 1875 durch den Kanal schwamm. Er benötigte | |
knapp 22 Stunden. Der Australier Cyril Baldock ist mit 70 Jahren der bisher | |
älteste Kanalschwimmer. Das Bier bei seiner Ankunft in Frankreich habe | |
besser geschmeckt als das Salzwasser, das er unterwegs geschluckt habe, | |
sagte er danach. Zum Glück ist er nicht in umgekehrter Richtung | |
geschwommen, sonst hätte er das Salzwasser bevorzugt. | |
Jackie Cobell stellte auch einen Rekord auf. Die 56-Jährige ist die | |
langsamste Schwimmerin, die jemals den Ärmelkanal durchquert hat. Sie | |
brauchte, anders als der bulgarische Rekordhalter Petar Stojtschew mit | |
knapp sieben Stunden, fast 29 Stunden. Durch Strömungen kam sie vom Kurs ab | |
und hatte am Ende 100 Kilometer statt 35 Kilometer zurückgelegt. Der Ire | |
Paraic Casey schaffte dagegen nur 34 Kilometer: Er soff einen Kilometer vor | |
der französischen Küste ab – kurz nachdem er getwittert hatte, dass er müde | |
sei. | |
Für John van Wisse ging der Rekordversuch anfangs gründlich schief. Der | |
Australier wollte den Triathlon-Rekord des Briten Mark Bayliss brechen. Der | |
hatte die Strecke vom Arch zum Arc – vom Londoner Marble Arch zum Pariser | |
Arc de Triomphe – in 73 Stunden und 39 Minuten zurückgelegt, und zwar | |
rennend, schwimmend und radfahrend. Van Wisse war von London nach Dover | |
gerannt, doch bevor er sich in den Kanal stürzte, wollte er ein | |
Erinnerungsfoto machen lassen. Dafür kletterte er in ein Boot, sprang ins | |
Wasser und schwamm an Land. | |
Der Engländer an sich ist jedoch ein wachsames Volk und schützt seine Insel | |
vor ungebetenen Gästen. Zahlreich wurde die die Polizei alarmiert; ein | |
illegaler Immigrant sei soeben angelandet. Die Beamten informierten die | |
Küstenwache und die Grenzschützer, die van Wisse festnahmen. Zu seinem | |
Glück überzeugte er die Sicherheitskräfte davon, dass er nicht | |
eingewandert, sondern im Begriff sei, England zu verlassen. So konnte er am | |
Ende Bayliss’ Rekord um zwölf Stunden unterbieten. Wäre er nicht durch die | |
Ordnungshüter aufgehalten worden und hätte er sich nicht in London | |
verlaufen, wäre er noch schneller gewesen, lamentierte er. | |
Wenigstens sind ihm keine Schiffe dazwischengekommen. Die durchqueren den | |
Ärmelkanal, die meistbefahrene Wasserstraße der Welt, auf der auch noch | |
Linksverkehr herrscht, nämlich blind. Ihre Navigationssysteme werden von | |
Drogenhändlern lahmgelegt, damit Autos mit illegaler Fracht nicht geortet | |
werden können. Vielleicht sollten die Gangster lieber Schwimmer einsetzen. | |
Die sind nicht zu orten, und in einen Neoprenanzug passt eine ganze Menge | |
Stoff. | |
9 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
Ralf Sotscheck | |
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