# taz.de -- Wahlverschiebung in Nigeria: Ein Präsident sucht neue Wähler | |
> Die Regierung behauptet, die Wahlkommission grenze Zuwanderer bei der | |
> Vergabe der Wählerausweise aus. Sie sieht diese als ihr Wählerreservoir. | |
Bild: Alles Banane: Ein Wahlkampfbus des Präsidenten in Lagos. | |
ABUJA taz | Nach der Verschiebung der Präsidentschafts- und | |
Parlamentswahlen in Nigeria vom 14. Februar auf den 28. März auf Wunsch des | |
Regierungslagers hat die Regierungspartei PDP (People’s Democratic Party) | |
die Wahlkommission INEC aufgefordert, die bisherigen Unzulänglichkeiten in | |
der Wahlvorbereitung zu beseitigen. Wie PDP-Sprecher Olisa Metuh sagte, | |
geht es dabei vor allem um den Vorwurf, dass in einzelnen Bundesstaaten nur | |
einheimische Wähler mit den neuen fälschungssicheren biometrischen | |
Wählerausweisen – genannt PVC (Permanent Voters Card) – ausgestattet worden | |
seien, Zuwanderer aber nicht. | |
Nach INEC-Angaben haben bislang lediglich rund zwei Drittel der | |
registrierten Wähler Nigerias ihre PVCs erhalten. | |
„Wir fordern INEC auf, die mögliche Verwicklung einiger ihrer Mitarbeiter | |
in die ungleiche Verteilung der PVCs gründlich zu untersuchen“, sagte der | |
Parteisprecher. „INEC sollte die Zeit auch nutzen, das Thema der | |
Verweigerung von PVCs für Nichteinheimische in gewissen Bundesstaaten zu | |
behandeln.“ | |
Nach Metuhs Angaben seien im nordöstlichen Bundesstaat Borno – der zu | |
großen Teilen unter Kontrolle der islamistischen Rebellengruppe Boko Haram | |
steht und in dem der Ausnahmezustand gilt – 90 Prozent der Wählerausweise | |
nicht direkt den Wählern ausgehändigt, sondern lokalen Regierungsbeamten | |
überlassen worden. Im Distrikt Owerri North im südlichen Bundesstaat Imo | |
hätten nur neuregistrierte Wähler PVCs erhalten, nicht aber die, die schon | |
vorher in dem Wahlregister standen. | |
## „Nichteinheimische Wähler“ ohne Wahlkarten | |
Vergangene Woche bereits hatte die PDP der Wahlkommission vorgeworfen, | |
gemeinsam mit dem Oppositionsbündnis APC (All Progressives Congress) eine | |
systematische Politik zum Ausschluss „nichteinheimischer“ Wähler in | |
APC-kontrollierten Bundesstaaten zu betreiben. Dies sei in Nigerias größter | |
Stadt Lagos der Fall, wo Zuwanderer den Großteil der PDP-Basis ausmachen, | |
und auch in Nordnigerias größter Stadt Kano, dazu in den Bundesstaaten Edo, | |
Sokoto, Kebbi, Nasarawa und Kwara. | |
„Wir wissen, dass das Ziel ist, die PDP um ihren verdienten Sieg in | |
APC-Staaten zu bringen“, hatte Metuh gesagt. „Über 90 Prozent der | |
Zuwanderer unterstützen die PDP und werden für Präsident Goodluck Jonathan | |
stimmen.“ Der APC weist die Vorwürfe zurück. | |
## Igbo gegen Yoruba in Lagos | |
Präsident Jonathan stammt aus den Ölgebieten im Süden Nigerias, und sehr | |
viele Angehörige dieser Region sowie aus dem Südosten des Landes, wo | |
Nigerias zweitgrößte Volksgruppe der Igbo beheimatet ist, sind in andere | |
Landesteile ausgewandert. Der größte Igbo-Kulturverband Ohanaeze hatte sich | |
am vergangenen Freitag offiziell für Jonathan ausgesprochen: Der Präsident | |
habe zwar nicht alle Träume der Igbo erfüllt, aber die Infrastruktur | |
ausgebaut und auch den ersten Igbo-Armeechef in Nigerias Geschichte | |
ernannt, General Azubuike Ihejirika, hieß es zur Begründung. | |
Seitdem steigen insbesondere in Lagos die Spannungen zwischen Igbo und den | |
eher der Opposition zuneigenden Yoruba, deren Kulturverband Afenifere sich | |
nicht einig darüber ist, wen er bei den Wahlen unterstützen soll. | |
9 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Augustine Osayande | |
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