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# taz.de -- Emotionaler Umweltschutz in Australien: Grüße von Baum 1441724
> Alle 70.000 Bäume Melbournes haben eine E-Mail-Adresse. Sie lieben es,
> von Bewunderern Post zu bekommen. Dann antworten sie sogar.
Bild: Die Bäume in Melbourne haben nicht nur Brieffreunde, gerne hängt auch m…
CANBERRA taz | Wer als Kind jahrelang aus seinem Zimmer auf einen Baum
geschaut hat, beim Hausaufgaben machen etwa, beim Schreiben des ersten
Liebesbriefs, dem ist klar: Zu Bäumen kann man eine enge emotionale
Beziehung entwickeln.
Wie stark die Verbundenheit mit Holz, Rinde und Blatt sein kann, erfahren
seit einiger Zeit Tausende von Bäumen in der Stadt Melbourne. „Leute
schreiben ihren Bäumen, wie viel sie ihnen bedeuten“, sagt der zuständige
und mit dem passenden Namen ausgestattete Gemeinderat von Melbourne, Arron
Wood (Holz).
Möglich ist die Korrespondenz mit den Pflanzen, weil jeder der rund 70.000
von der Stadt verwaltete Baum eine individuelle Registriernummer hat – und
auch eine eigene E-Mail-Adresse. Die städtische Försterei kann so die
Gesundheit der Bäume besser überwachen – und besonders rasch auf Meldungen
über mögliche Beschädigungen der zum Teil weit über 100 Jahre alten
Pflanzen zu reagieren.
Doch bei E-Mails über abgebrochene Äste, Verletzungen der Rinde, Sturm- und
Parkschäden bleibt es nicht, meldet die Behörde der Stadt im Südosten des
Kontinents. „Statt Probleme zu melden, schreiben Leute Liebesbriefe an
einzelne Bäume“, so Wood gegenüber den lokalen Medien. Auch Meldungen, wie
rührend sich Anwohner um „ihren“ Baum kümmern, fänden sich regelmäßig …
den Inboxen. „Eine E-Mail kam von Arbeitern, die ihren Baum regelmäßig
gewässert hatten, damit er die Dürre übersteht“, sagt Wood.
## „Es geht mir gut“
Keine Liebe schmerzt so sehr wie eine, die nicht erwidert wird. Deshalb
schreiben Melbourner Bäume ihren Verehrern auch zurück. Ein Team von
Mitarbeitern der Stadtbehörde beantwortet die besonders emotionalen
Zuschriften. „Danke, lieber Oliver, für Deine lieben Worte. Es geht mir
gut. Einen schönen Tag wünscht Dir Baum Nummer 1441724.“
Die Korrespondenz zeige, wie Melbourner die Bäume in ihrer Stadt schätzen,
so Wood. Denn die Pflanzen – bei den meisten Bäumen handelt es sich um
australische Eukalypten – hätten eine wichtige Aufgabe.
Sie absorbieren Kohlendioxid aus der Atmosphäre und helfen, den in Städten
bei Hitzeperioden oft spürbaren „Hitzeinsel“-Effekt zu bekämpfen. Vor
diesem Hintergrund, und natürlich auch aus Gründen der Stadtverschönerung,
seien die Bäume wertvoll für die Innenstadt.
## Klimaskeptiker höhnen
Unumstritten ist die Aktion allerdings nicht. Eine konservative Website
meint, Melbourne habe „eine neue Methode gefunden, um Steuergelder zu
verschleudern“. Die Bäume würden antworten, ihre Gedanken seien aber „von
den Köpfen freundlicher, gut bezahlter Gemeindearbeiter filtriert worden“.
Es sei „keine Überraschung“, dass die Aktion Teil einer Kampagne sei, um
die Bevölkerung vor den Gefahren des Klimawandels zu warnen.
Konservative in Australien – unter ihnen Premierminister Tony Abbott –
bezeichnen sich gerne als Klimawandel-Skeptiker. Sie stellen
wissenschaftliche Beweise infrage, nach denen menschliche Aktivitäten
maßgeblich zur Veränderung des Klimas beitragen. Die bekannte konservative
Klimaskeptikerin Jo Nova meint, die Bäume seien „Opfer von 20 Jahren
dysfunktionaler Wissenschaften“.
Mit Blick auf die Tatsache, dass Pflanzen das auch bei der Verbrennung von
Treibstoff entstehende Klimagas Kohlendioxid aus der Atmosphäre
absorbieren, schrieb Jo Nova: „Erzählt diesen Bäumen, dass ihr Euch um sie
kümmert, indem Ihr mit Eurem Hochleistungsfahrzeug mit einem V8-Motor
herumfahrt und gerne hart bremst.“
14 Feb 2015
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunkt Klimawandel
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