# taz.de -- Australien bei der Eurovision: Echte Europäer von Down Under | |
> Muss man für den ESC nicht aus Europa kommen? Keineswegs. Und es gäbe | |
> kaum einen geeigneteren Teilnehmer als Australien. | |
Bild: Das wär doch was: Angus Young beim ESC. | |
Diese Showmeldung am Dienstagabend war nicht so überraschend, wie manche | |
Kommentatoren sofort meinten: Australien wird am 60. Eurovision Song | |
Contest mit dem Grand Final am 23. Mai in Wien teilnehmen. Das teilte Jan | |
Ola Sand, Direktor des ESC in der European Broadcasting Union (EBU) in | |
Genf, stolz mit. | |
In der Tat aber übertragen australische Sender (derzeit der | |
öffentlich-rechtliche SBS) die Show seit 1974, als für das United Kingdom | |
(Großbritannien und Nordirland) Olivia Newton-John nominiert war, eine | |
Australierin in Diensten der BBC. Zu sehen bekam man die Show in Australien | |
freilich stets zeitversetzt am Abend danach. Denn wenn es 21 Uhr ist, die | |
klassische Uhrzeit des Showbeginns an einem Samstag im Mai, hat zwischen | |
Perth und Sydney längst der neue Tag, der Sonntag begonnen – es ist dann | |
zwischen 6 und 9 Uhr morgens dort. | |
Seit der Übertragung des ESC via Internet kann man auch in Australien live | |
zuschauen. Diese Möglichkeit muss es geben, denn Australien wird keinen Act | |
außer Konkurrenz schicken, sondern am Wettbewerb selbst teilnehmen. Dann | |
muss es von dort auch Votings geben – die der Jury, ebenso die der | |
Televoter. Ohne eine Liveübertragung könnte nicht via SMS, Anruf oder | |
Internetklick gewertet werden. | |
Geografisch allerdings spricht nichts gegen Australien. Vollmitglied der | |
EBU ist SBS nicht – aber die Teilnahme am ESC ist nur daran geknüpft, ein | |
öffentlich-rechtlicher TV-Sender zu sein. Nicht jedoch die Lage auf dem | |
Globus. In der EBU sind schon immer auch Länder aus dem nichteuropäischen | |
Ausland Mitglied gewesen: Das TV-Netzwerk in Genf versteht sich als | |
Schaltzentrale, nicht als politische Organisation. | |
Seit 1973 gehört Israel zur ESC-Community; seit den mittleren neunziger | |
Jahren nehmen Länder aus dem exsowjetischen Imperium am ESC teil, zunächst | |
Ungarn und Rumänien, seit einigen Jahren auch Aserbaidschan, Georgien, | |
Armenien. Letztere zählen geografisch zwar zu Asien, orientieren sich aber | |
televisionär wie auch sportlich (im Fußballverband Uefa etwa) gen Europa. | |
Australien hat sich schon in den vergangenen Jahren als Land mit mächtigem | |
ESC-Interesse erwiesen. Darüber hinaus spricht für dieses Land, dass es für | |
den Popmarkt eine der fähigsten Exportnationen war. Nicht nur für Olivia | |
Newton-John, Men At Work, AC/DC, den Seekers, John Farnham, Vanessa | |
Amorosi, die Bee Gees, Nick Cave, INXS oder Kylie Minogue war Europa immer | |
einer der wichtigsten Märkte gewesen – für australische PopkünstlerInnen | |
ist er es noch immer. Ohnedies verstand sich der ESC immer schon | |
international: Jane Comerford (Sängerin der deutschen ESC-Band Texas | |
Lightning) ist Australierin; der dreifache ESC-Sieger Johnny Logan wurde in | |
Australien geboren. | |
In den Social Media wurde über Nacht moniert, Australien sei nicht in der | |
Lage, das Europäische zu verstehen. Wahrscheinlich ist das Gegenteil | |
richtig: Das giftschlangenreiche Land zwischen Darwin und Hobart hat seine | |
nationale Existenz nur dem Umstand zu verdanken, rücksichtslos die | |
Aboriginekultur kolonisiert zu haben – und dem, dass die Insel von den | |
britischen Strafbehörden ursprünglich zum Gefangeneiland gemacht wurde. | |
Europäischer geht es wirklich kaum. | |
11 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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