| # taz.de -- Samsung warnt vor eigenen Geräten: Komm, setz dich, mach's dir beq… | |
| > Geräte mit Internet funken auch in die andere Richtung. Was für Daten sie | |
| > über uns sammeln und verteilen – und warum uns das trotzdem antörnt. | |
| Bild: Nicht mal vor dem Fernseher ist man noch allein. Zumindest nicht vor Fern… | |
| Die Aufregung in dieser Woche war groß: Schaut her, Samsung warnt seine | |
| Kunden selbst davor, auf dem heimischen Sofa allzu privat zu werden. | |
| Aufschrei: Nicht mal vor dem Fernseher ist man mehr allein? Nein, denn die | |
| Spracherkennung ist auch im Wohnzimmer angekommen. Und das Gesagte wird | |
| wieder an den Hersteller zurückgefunkt – zumindest dann, wenn das Gerät | |
| gerade im Einsatz war. Was der Fernseherbesitzer aber natürlich hätte | |
| wissen müssen. Schließlich stand das irgendwo in den elend langen | |
| Nutzungsbedingungen, die er ganz sicher von A bis Z gelesen hat, bevor er | |
| ihnen per Häkchen zustimmte. | |
| Brandneu ist das nicht: Auch Geräte wie Amazon Echo schneiden Dialoge in | |
| den vier Wänden mit – um blitzschnell anzuspringen, wenn ihre Dienste | |
| benötigt werden. Spielekonsolen wie die Xbox One überwachen und | |
| interpretieren zusätzlich die Körperhaltung auf der Couch. Auch Smartphones | |
| schicken Sprachbefehle ihrer NutzerInnen oft zur Analyse an die Zentrale | |
| oder holen sich im Internet zumindest die passenden Antworten ab. Fragen | |
| Sie doch mal Siri. | |
| ## Fairer Handel im Gegenzug zum Verlust von Privatheit? | |
| Smart werden SmartTVs, wie die Branche ihre Hybridkonstruktionen aus | |
| Empfängern und Sendern nennt, eben durch genau diesen digitalen Anschluss | |
| an die Welt. Hier holen sie sich Filme ab, hier verbinden sie sich auf | |
| Wunsch auch mit sozialen Netzwerken. | |
| Die Belohnung? Bequemlichkeit, Service, personalisierte Empfehlungen. Die | |
| Frage, ob das ein fairer Handel im Gegenzug zum Verlust von Privatheit ist, | |
| stellt sich hier ebenso wie bei vielen anderen mit dem Internet verbundenen | |
| Gegenständen des Alltags – von der vernetzten Topfpflanze bis hin zum Smart | |
| Grid, der effizientere und vielleicht sogar kostengünstigere | |
| Energieversorgung verspricht. | |
| Dieses sogenannte Internet of Things umgibt uns längst – und verrät allein | |
| über unseren Verbrauch von Strom und Wasser jede Menge über unseren | |
| Tagesablauf. Unangenehm intim, irgendwie. Aber zunehmend technischer | |
| Standard. | |
| Ebenso wie der internetfähige Fernseher. Seine Zeit als passive, dumme | |
| Kiste ist vorbei. Wer sich davor fürchtet, der muss eben den Stecker | |
| ziehen. Wenigstens den zum Internet. | |
| ## Autos mit Kontrollfunktion | |
| Wer jemals ein paar Kilometer in einem Auto der Zukunft gefahren ist, weiß: | |
| Bald übernehmen sie die Weltherrschaft. So viel Kontrolle üben sie bereits | |
| aus, so unabhängig sind sie – programmiert, uns zu verbessern, wenn wir | |
| versagen. Beim Abbiegen das entgegenkommende Motorrad übersehen? Schon | |
| piepst es los im Wagen, das Lenkrad vibriert, die Bremse löst aus. | |
| Schlimmeres verhindert – danke, Robocar. Herr der Lage ist der Mensch in | |
| diesen Fahrzeugen im Zweifelsfall nicht mehr. | |
| Bei dieser Kontrolle des Fahrverhaltens sind vor allem Sensoren am Werk. | |
| Bis zu 80 Steuerungssysteme überwachen in neuen Autos permanent die | |
| Performance von Fahrer und Fahrzeug – und legen viele dieser Daten auf | |
| internen Speichern ab, zumindest zwischenzeitlich. Daten, die die | |
| Rekonstruktion von Unfällen durch Gutachter selbstverständlich erheblich | |
| erleichtern. Autohersteller geben aber auch weiter: Sie statten neue | |
| Modelle mit Funkchips aus, die Daten wie etwa Position und Geschwindigkeit | |
| an Leitstellen durchgeben. | |
| Im Rhein-Main-Gebiet wurde in den vergangenen Jahren gar eine ganze | |
| Versuchsflotte für diese „Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation“ | |
| bestückt, damit die Verkehrszentrale Ordnung in das Durcheinander auf den | |
| Straßen bringen kann. Das schafft Sicherheit, weil sich dabei alle | |
| Fahrzeuge unbemerkt gegenseitig auf dem Laufenden halten. Und es soll sogar | |
| anonym funktionieren. | |
| ## Datenschützer alarmiert | |
| Das ist noch nicht alles: Neue BMWs funken Vertragswerkstätten an, wenn die | |
| Bremsbeläge heruntergefahren sind und ausgetauscht werden müssen. Seit 2015 | |
| muss jedes Auto einen Art Funk-Airbag haben: Im Falle eines Unfalls sendet | |
| das eCall-System automatisch Notrufe ab. | |
| Auch erste Versicherungen steigen in das Geschäft mit Autofahrerdaten ein: | |
| Wer sich freiwillig eine Blackbox in sein Fahrzeug installiert, kann unter | |
| Beweis stellen: Hält er sich stets an Tempolimits? Fährt er besonnen? Wer | |
| ohne Tadel bleibt, dem winken im Gegenzug für die Preisgabe des | |
| persönlichen Fahrverhaltens Rabatte. | |
| Messen wir Autos bald auch an ihrer Datensparsamkeit? Datenschützer sind | |
| jedenfalls längst alarmiert. | |
| ## Ein kleiner Computer auf der Nase | |
| ## | |
| Was haben sich Juristen bereits die Hände gerieben: Schicke Hightechbrillen | |
| mit eingebauten Kameras wie „Google Glass“ könnten spontane Schlägereien | |
| auslösen, wenn sich in Fußgängerzonen, in Stadien und an Trinkhallen jemand | |
| beobachtet fühlt. Technik einfach nicht benutzen, um Überwachung abzuwehren | |
| – das ist eben schon lange nicht mehr genug. | |
| Abenteuerlustige und Unternehmer haben wiederum frohlockt: Eine Brille, mit | |
| der sich NutzerInnen zugleich einen kleinen Computer auf die Nase setzen, | |
| könnten helfen – bei der Navigation durch Freizeitparks, den | |
| Großstadtdschungel, durch verwinkelte Lagerhallen. | |
| Nebeneffekt: Durch die Brille auf der Nase würde die Google-Brille, ins | |
| Netz verbunden übers Smartphone, natürlich nicht nur Suchanfragen, | |
| Positionsdaten und alles andere verpetzen können, was Handys schon heute | |
| längst mitschneiden. Sie hätte über die Kamera auch theoretisch jederzeit | |
| Zugriff auf die Welt, wie ihre Nutzer sie sehen, solange das Gerät getragen | |
| wird – und unabhängig davon, ob der Nutzer selbst die Kamera nun aktiv | |
| eingeschaltet hat oder nicht. | |
| Viel wurde in den vergangenen Jahren über die Folgen der Brille diskutiert | |
| – meist irgendwas zwischen Revolution und Weltuntergang. Inzwischen ist | |
| aber klar: So schnell wird aus Google Glass als Massenprodukt nichts. Der | |
| Suchmaschinenkonzern setzt noch mal neu an mit der Entwicklung seines | |
| einstigen Prestigeprojekts, hat jüngst angekündigt, es von seiner | |
| Forschungsabteilung in eine klassische Abteilung auszugliedern. Eine zweite | |
| Version soll es richten – irgendwann. Das Gerangel auf offener Straße | |
| gibt’s dann später. | |
| ## Smartphones: Fast unbegrenzter Datenabfluss | |
| Internetanschluss plus Mikrofon plus Kamera plus GPS-Sensor: das Smartphone | |
| ist zweifellos der König unter den Datensammlern. Es regiert so | |
| selbstverständlich unseren Alltag, dass die meisten Besitzer den Gedanken | |
| daran, wie viel sie ständig allein über ihr liebstes Kommunikationsgadget | |
| von sich preisgeben, von vornherein einfach verdrängen. | |
| Bestückt mit beliebten Apps, kann der Abfluss an persönlichen Daten schier | |
| unbegrenzt sein: Wo waren NutzerInnen wann? Mit wem haben sie sich für wann | |
| verabredet? Mit wem kommunizieren sie regelmäßig über welche Kanäle? Wonach | |
| suchen sie? Wen finden sie attraktiv, wen tindern sie lieber weg? | |
| Wem das nicht gefällt, dem stehen natürlich die üblichen Gegenmaßnahmen | |
| offen: Datenschutzeinstellungen hoch, wenig Apps runterladen, und wenn, | |
| dann wenigstens datensparsame wie den Messenger Threema. Und überhaupt: | |
| Wozu Apps, wozu ein Smartphone? Ach so, stimmt ja: Es ist irre bequem. | |
| Unser halbes Sozialleben organisieren wir darüber. Wir haben uns so daran | |
| gewöhnt, dass wir ohne Smartphone richtig Phantomschmerzen bekommen. Zur | |
| Hölle mit der Privatsphäre! | |
| ## Intelligente Uhren | |
| Noch hängt sie am Tropf, die Smartwatch: Das Handy weist ihr den Weg ins | |
| Internet, per Funk. Wer schon Computer in der Hosentasche verachtet, wird | |
| sich wohl auch keinen weiteren um sein Handgelenk wickeln. Für die Fans der | |
| permanenten Vernetzung aber sind die kleinen Geräte, die immer mehr | |
| Hersteller auf den Markt werfen, zumindest ein witziges Spielzeug. | |
| Der Chat per Handgelenk, das wirkt schon wie ein Gimmick aus der Zukunft. | |
| Dabei können intelligente Uhren noch viel mehr: Puls, Körpertemperatur und | |
| andere Vitaldaten überwachen etwa, für Leute, die mit ihrer Fitness prahlen | |
| wollen – oder auch für die, die ein derartiges Monitoring gesundheitlich | |
| tatsächlich nötig haben. | |
| Klar ist: Über das Smartphone funkt auch die intelligente Armbanduhr nach | |
| Hause oder gleich in die weite Welt hinaus. Das kann auch sein Gutes haben: | |
| Ein Start-up, das es Paaren ermöglicht, ein virtuelles Tagebuch zu führen, | |
| bietet nun auch an, ihren Pulsschlag per Smartwatch abzugleichen. Die | |
| vibrierende Uhr schafft so auch über Distanzen hinweg ein Gefühl von Nähe. | |
| Verrückt! | |
| (Mitarbeit: mla) | |
| 15 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bouhs | |
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