Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Streitfrage: „Inaktivität beendet Leben“
> Apples Smartwatch motiviert zu mehr Bewegung. Auch Krankenkassen
> propagieren Gesundheitsapps und haben damit Zugang zu mehr Überwachung.
Bild: Bewegung und Ruhe sind fest miteinander verbunden. Sagen auch Sportphysio…
Sie lernen es in den Schulen. Sie lernen es von ihren Eltern. Vielleicht
stiftet sie auch ein Freund dazu an: Kinder sitzen zu viel. Wir sitzen zu
viel. „Jedes zweite Kind bewegt sich sich zu wenig“, bemängelt der Chef der
privaten Krankenversicherung DKV Clemens Muth. „Kinder wachsen praktisch im
Sitzen auf und kopieren den ungesunden Lebensstil ihrer Eltern“, sagt Muth.
Grundlage ist eine repräsentative Studie des Marktforschungsinstituts GfK,
welche 2014 im Auftrag der DKV und der Sporthochschule Köln durchgeführt
wurde. Auf die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen 150
Minuten moderater Bewegung pro Woche schaffe es nur jeder Zweite.
Stattdessen verbringe jeder von uns an einem Werktag durchschnittlich 450
Minuten auf seinem Hinterteil.
Ein Gesundheitsrisiko, wie es nicht nur der Vorsitzende der Deutschen
Chiropraktoren-Gesellschaft Timo Kaschel betont. „Inaktivität beendet
derzeit ebenso viele Leben frühzeitig wie Rauchen“, sagte Kaschel auf
Anfrage der taz.am wochenende. Er bezieht sich damit auf Erkenntnisse der
Harvard Medical School. 2008 ließen sich neun Prozent aller frühzeitigen
Tode auf die Folgen mangelnder Bewegung zurückverfolgen, 5,3 Millionen
Menschen.
Typische Krankheitsbilder sind Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie
Brust- und Darmkrebs – nur noch ein kleiner Schritt zu den jährlich sechs
Millionen Toten durch Tabakkonsum.
## Ausgleich wird zum Zwang
Aber auch beim Sitzen gibt es bereits die echten Genießer, die
Feierabendsitzer. Einer von ihnen ist der Langstreckenläufer und
Olympiasieger Dieter Baumann. Der taz.am wochenende sagte Baumann:
„Überhaupt nicht mehr Sitzen? Ein Alptraum wäre das für mich.“ Nichts sei
schöner, als nach einem Dauerlauf endlich Sitzen zu dürfen. Gerade aus
sportphysiologischer Sicht seien Bewegung und Ruhe fest miteinander
verbunden.
An der Berufsrealität von Menschen wie Fernkraftfahrer Alexander Beisel
geht das weit vorbei. Täglich sitzt er stundenlang in seinem Lastwagen
fest. Ihm selbst sei Sport ein willkommener Ausgleich. Sorge bereite ihm
jedoch, „wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überwachen“ und der Ausgleich
zum Zwang werde.
Der Grundstein für eine solche Kontrolle ist bereits gelegt: Krankenkassen
versprechen Boni im Austausch für persönliche Daten. Elektronische
Fitness-Armbänder erfreuen sich großer Beliebtheit. Ab Freitag stößt auch
Apple mit seiner Smartwatch auf den Markt – Informationen über Schritte,
den Blutdruck, Kalorienverzehr, gebündelt in einem einzigen Gerät.
„Das Daten das neue Gold sind, ist sicher auch Analoguhrenträgern bewusst“,
sagte der Ironman-Sieger Sebastian Kienle der taz.am wochenende. Es sei die
Aufgabe des Gesetzgebers, der Nutzung privater Daten durch Firmen eine
Grenze zu setzen. Greife niemand ein, stünden wir bald vor dem „Ende jeder
Freiheit“. Und gerade die sei es doch, die Kienle am Sport so genieße.
Die Streitfrage „Ist Sitzen das neue Rauchen?“ beantworten außerdem
Kommune-1-Mitglied Rainer Langhans, Möbeldesigner Van Bo Le-Mentzel und
taz-Leserin Anja Hofmann – in der taz.am wochenende vom 18./19. April 2015.
18 Apr 2015
## AUTOREN
Markus Lücker
## TAGS
Streitfrage
Fitness
Apple
Smartwatch
Gesundheitspolitik
Quantified Self
Gesundheit
Streitfrage
Datenschutz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fitness-Apps und Apple-Uhr: „Wir suchen durstige Pferde“
Was motiviert einen Menschen, sich von einer Fitness-App antreiben zu
lassen? Angst, sagt ein Entwickler, der sich damit beschäftigt.
Fitnesstracker und Smartwatches: Zahlen, bitte!
Jede Krankenkasse hat ihr Bonusprogramm. Wer sich bewegt, wird belohnt.
Muss bald weniger zahlen, wer auch seine Daten preisgibt?
Fitnessbänder und Krankenkassen: Shit, mein Lebensstil ist nur hellgrün
Mit einer App will ein Schweizer Start-up das Gesundheitssystem retten. Die
EU-Kommission findet das toll. Wir haben es mal probiert.
Die Streitfrage: Ist Sitzen das neue Rauchen?
Bequemlichkeit tut gut. Aber sie wird immer mehr als Laster gesehen – und
von Krankenkassen auch so behandelt. Ist das fair?
Samsung warnt vor eigenen Geräten: Komm, setz dich, mach's dir bequem
Geräte mit Internet funken auch in die andere Richtung. Was für Daten sie
über uns sammeln und verteilen – und warum uns das trotzdem antörnt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.