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# taz.de -- Bürgerforum zu Olympiabewerbung: Eine Stinkbombe zum Abschied
> Geschrei und Störer prägen das erste Bürgerforum des Senats zur geplanten
> Olympia-Bewerbung. Laut einer Stichprobe ist eine Mehrheit dafür.
Bild: Olympia-Gegner haben das Rednerpult beim Bürgerforum erobert
Das erste Bürgerforum zur geplanten Olympiabewerbung im E-Werk in Mitte ist
knapp zwei Stunden alt, ein Mann in den 40ern an einem der runden Tische in
Bühnennähe gerade dran mit Reden: Er sei ja auch kritisch gegenüber
Olympia. Aber dass er nun seit Stunden „von hinten“ angeschrien werde, das
gehe für ihn gar nicht. „Hinten“ sitzt ein Mann Mitte 20, der anfangs nicht
richtig hingehört haben kann, als zwei Moderatoren die rund 250 Teilnehmer
an diesem Donnerstagabend um Wortmeldungen gebeten haben: Er schreit seine
Olympia-Ablehnung einfach wiederholt und wortreich heraus. Angekündigte
Infos zur Finanzierung Olympischer Spiele tut er lautstark als „Lügen“ ab.
All das darf er aber. Er und eine andere Gruppe von Dauerzwischenrufern am
anderen Ende des Saals, in deren Tischnähe nach ihrem Abgang eine
Stinkbombe verbleibt. Die Senatskanzlei als Veranstalter will ganz
offensichtlich keine Fotos in den Medien, auf denen Olympia-Gegner als
Störer aus dem Saal getragen werden. So bleibt es bei den bittenden Worten
der Moderatoren.
Als schließlich ein gleichfalls junger Mann wütend aufsteht, auf den Störer
zugeht, Ruhe fordert und ihn an die Schulter fasst, fällt der mit seinem
Stuhl um und ruft nach der Polizei. „Ich möchte eine Anzeige erstatten, ich
bin angegriffen worden“, schreit er in den Raum. Als ein Polizist die
Anzeige aufnimmt, redet auch der frühere SPD-Sportsenator und
Landessportbund-Chef Klaus Böger mit dem Beamten. „Das war keine
Körperverletzung“, sagt er später der taz, der Mann habe sich fallen
lassen.
Die Stimmung ist merklich aufgeheizt bei dieser ersten vom Senat
initiierten Olympia-Veranstaltung mit Bürgern. Die rot-schwarze Koalition
hatte schon vor Monaten zugesichert, die Bürger an der Bewerbung zu
beteiligen. Dies soll nicht allein über eine zwar nicht rechtlich, aber
politisch verbindliche Bürgerbefragung am 13. September erfolgen, sondern
auch über Input von Ideen und Kritik, online und bei Werkstätten. Weitere
Veranstaltungen sind angekündigt.
Das Forum am Donnerstagabend bildet den Auftakt. Doch dort geraten
konstruktive Stimmen in den Hintergrund, die erst mal Fakten haben wollen
oder nur einzelne Punkte kritisieren. So wie Heiner Brandi, der Direktor
des Landessportbunds, Referent an diesem Abend und zugleich ablehnend
gegenüber zu vielen und teuren temporären Sportanlagen. Einer
elektronischen Abstimmung zufolge sind im Saal 32 Prozent für eine
Bewerbung, 31 Prozent interessiert, rund 17 Prozent skeptisch und ebenso
viele dagegen.
Ganz ohne Geschrei meldet sich ein glatzköpfiger Mann zu Wort. Olympia ist
der falsche Weg für Uwe Trömer, als Junior 1980 zweifacher
WM-Medaillengewinner im Bahn-Radfahren und zugleich DDR-Dopingopfer. „Die
Stadt hat andere Probleme“, sagt er und verweist auf kaputte Turnhallen:
„Olympia ist ein Milliardengrab für Berlin.“
Als „Werbeblock“ tun die Gegner die Veranstaltung ab. Der Naturschutzbund
Nabu, der sich dem Bündnis „NOlympia“ angeschlossen hat, wird am nächsten
Morgen von der „Farce einer Bürgerbeteiligung“ reden. Tatsächlich sind es
fast nur Mitarbeiter der Senatskanzlei, die das Projekt skizzieren. Doch so
war die Veranstaltung angekündigt. „Es muss einer Regierung auch erlaubt
sein, darzustellen, warum wir uns bewerben wollen“, sagt der Regierende
Bürgermeister Michael Müller (SPD) eingangs.
Mitte März will sich der Deutsche Olympische Sportbund zwischen Berlin und
Hamburg als Kandidatenstadt entscheiden. Er wird sein Votum vom Rückhalt in
den beiden Städten abhängig machen. Diesen soll ab Ende nächster Woche eine
Meinungsumfrage klären.
13 Feb 2015
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Protest
Berlin
Bürgerbeteiligung
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Politikberatung
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