# taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Hilferuf an die UN | |
> Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wirbt für eine | |
> UN-Friedensmission. Die Separatisten nutzen einen Besuch von deutschen | |
> Linken-Politikern als Propaganda. | |
Bild: Der Präsident im Gespräch mit Soldaten in der Stadt Artemivsk. | |
KIEW/BERLIN ap/dpa | Nach der Eroberung der ostukrainischen Stadt Debalzewo | |
durch die prorussischen Rebellen hat Präsident Petro Poroschenko für eine | |
UN-Friedensmission geworben. Am Mittwochabend forderte er seinen Nationalen | |
Sicherheitsrat auf, einen entsprechenden Antrag zu prüfen. Eine | |
UN-Friedensmission hatte Poroschenko bislang abgelehnt. Seinem jüngsten | |
Vorschlag zufolge soll sie sich aus Sicherheitskräften aus EU-Ländern | |
zusammensetzen. | |
Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats könnte Russland aber ein Veto | |
gegen ein solches Vorhaben einlegen. | |
Nach wochenlangen Gefechten ist das strategisch wichtige Debalzewo an die | |
Separatisten gefallen, womit sie eine Verbindung zwischen ihren Hochburgen | |
Donezk und Lugansk geschaffen haben. Poroschenko befahl den Rückzug. | |
Mindestens sechs ukrainische Soldaten seien dabei ums Leben gekommen, mehr | |
als 100 verwundet worden, sagte er laut der Nachrichtenagentur Interfax dem | |
Nationalen Sicherheitsrat. | |
Der Kommandant einer Freiwilligen-Einheit sprach von hohen Verlusten, die | |
das ukrainische Militär in Debalzewo erlitten habe. Eine Zahl nannte Semjon | |
Sementschenko, der Abgeordneter des Kiewer Parlaments ist, aber nicht. | |
Soldaten berichteten, die Belagerung der Stadt durch die Rebellen sei sehr | |
intensiv gewesen. Während des unablässigen Beschusses hätten sie weder | |
Wasser und Essen bekommen können. Einige seien zu Fuß geflohen. | |
Reporter der Nachrichtenagentur AP beobachteten am Mittwochmorgen den | |
Abzug. Die Soldaten, die den Ort Artemiwsk erreichten, wirkten erschöpft | |
und müde. „Wir sind sehr glücklich, hier zu sein“, sagte einer. „Wir ha… | |
die ganze Zeit gebetet und hundertmal mit unserem Leben abgeschlossen“. | |
## Positives Licht gesehen | |
Poroschenko versuchte indes, den Verlust von Debalzewo in einem positiven | |
Licht zu sehen. Der Rückzug sei „in einer geplanten und organisierten Art | |
und Weise“ erfolgt, sagte er. Es handele sich um eine taktische | |
Entscheidung, „die Schande über Russland bringt“. Der Präsident reiste in | |
den Osten, um den Soldaten die Hand zu schütteln, die in Debalzewo gekämpft | |
hatten. | |
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Dienstag in Budapest Kiew | |
empfohlen, die militärische Niederlage in Debalzewo einzugestehen. Die | |
Bundesregierung verurteilte den Vormarsch der Rebellen auf Debalzewo als | |
grobe Verletzung der seit Sonntag geltenden Waffenruhe. | |
Auf die Frage, ob das jüngste Abkommen Minsk II damit bereits gescheitert | |
sei, erwiderte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch, er könne | |
dies heute weder mit einem klaren Ja noch Nein beantworten. Sprecher der | |
Rebellen erklärten unterdessen, sie hätten anderswo in der Konfliktregion | |
mit dem in Minsk vereinbarten Rückzug schwerer Waffen begonnen, wo die | |
Feuerpause eingehalten werde. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in der vergangenen Woche zusammen mit | |
dem französischen Staatschef François Hollande, Poroschenko und Putin das | |
zweite Minsker Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt. | |
## Humanitäre Propaganda | |
Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben einen Besuch von | |
zwei Bundestagsabgeordneten der Linken für ihre Propaganda genutzt. Auf | |
ihrer Internetseite „Novorossia.su“ veröffentlichten die Aufständischen e… | |
Foto des Separatistenführers Alexander Sachartschenko mit den Außen- und | |
Europapolitikern Wolfgang Gehrcke und Andrej Hunko. | |
Die beiden waren vergangene Woche in die Region gereist, um 28 Tonnen | |
Medikamente für Kinderkrankenhäuser in Donezk, Gorlowka und Lugansk zu | |
übergeben. Dafür hatten sie bis zur Abreise 74 000 Euro Spenden gesammelt. | |
Die Region leidet unter einer Wirtschaftsblockade Kiews. | |
Die Separatisten bezeichnen die Linken auf ihrer Internetseite als | |
EU-Repräsentanten. „Seit Beginn der Kampfhandlungen ist das die erste | |
humanitäre Mission unter Beteiligung von Vertretern der Europäischen | |
Union“, erklärte Jakow Samuschija, stellvertretender Vorsitzender der | |
Landsmannschaft Donbass. | |
Gehrcke sagte, er und Hunko hätten sich dem Gespräch nicht entziehen | |
können. Die beiden Abgeordneten waren am Samstag mit vier Lastwagen voller | |
Hilfsgüter von Russland aus in die Ukraine gereist. Eine Einreise von | |
Westen sei ihnen von der Regierung in Kiew nicht ermöglicht worden, betonte | |
Gehrcke. | |
Das Gespräch mit Sachartschenko habe im Rathaus von Donezk stattgefunden | |
und etwa 15 Minuten gedauert. Anschließend habe der Separatistenführer | |
ihnen sein zerschossenes Wohnhaus in der Nähe des Flughafens gezeigt. Das | |
Treffen sei ihnen aber quasi aufgezwungen worden. „Ich habe schon geahnt, | |
dass man einem solchen Zusammentreffen nicht aus dem Wege gehen kann“, | |
betonte Gehrcke. | |
19 Feb 2015 | |
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