Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Islamgesetz in Österreich: Der Weg zum eigenen Islam
> Das österreichische Parlament hat ein neues Islamgesetz verabschiedet.
> Sollte sich Deutschland an seinem Nachbarland ein Beispiel nehmen?
Bild: An deutschen Unis wird schon seit Jahren islamische Theologie gelehrt, hi…
Mit einem neuen Islamgesetz will Österreich die Rechte und Pflichten seiner
Muslime neu regeln. Ein solches Gesetz klingt erst mal gut: Es verspricht,
alle offenen Fragen im Verhältnis zwischen dieser Religionsgemeinschaft und
dem säkularen Rechtsstaat umfassend zu klären. Und ist es nicht das, was
auch viele Muslime in Deutschland möchten? Schon fordern die ersten
Stimmen, vorwiegend aus der Union, Deutschland solle sich an Wien ein
Beispiel nehmen.
Nur: Das österreichische Beispiel lässt sich schlecht auf Deutschland
übertragen. Das liegt vor allem daran, dass der Islam schon viel länger zu
Österreich gehört als zu Deutschland, nämlich von Anfang an. Das
österreichische Islamgesetz geht auf das Jahr 1912 zurück, als das damalige
Habsburgerreich auf dem Balkan die überwiegend muslimische Provinz
Bosnien-Herzegowina offiziell annektierte.
Mit seinem europaweit einzigartigen Islamgesetz gewährte Franz Joseph I.,
der damalige Kaiser von Österreich, seinen Muslimen damals
Religionsfreiheit, Rechtssicherheit und ein gewisses Maß an
Selbstverwaltung. Von der späteren Republik Österreich wurde dieses Gesetz
übernommen und nur leicht modifiziert. Bis jetzt.
Zu den radikalsten Neuerungen zählt die Regelung, nach der die Finanzierung
muslimischer Verbände und Moscheen aus dem Ausland künftig untersagt werden
soll. Das zielt vor allem gegen den größten muslimischen Dachverband des
Landes, die Türkisch-Islamische Union, deren Imame aus der Türkei entsandt
und von der Religionsbehörde in Ankara bezahlt werden – so, wie die
Angestellten des Ditib-Verbands in Deutschland. Dieser direkte Einfluss
stört Österreichs Regierung, deren junger und ambitionierter Außen- und
Integrationsminister Sebastian Kurz gerne einen „Islam österreichischer
Prägung“ etablieren möchte.
## Doppelter Maßstab
Dass Kurz den Einfluss der Erdogan-Regierung auf die Muslime in Österreich
begrenzen möchte, wirkt verständlich. Aber ist sein Ansatz einer zunehmend
globalisierten Welt angemessen, und passt er zu einer liberalen Demokratie
wie Österreich? Es sind schließlich sonst eher autoritäre Staaten, die sich
an ausländischer Finanzierung von Stiftungen oder Vereinen in ihrem Land
stören. Und dass man in Österreich mit doppeltem Maßstab misst, wenn es um
Muslime geht, zeigt sich auch daran, dass die russisch-orthodoxe Kirche
weiterhin aus Russland finanziert werden darf.
Der deutsche Weg erscheint da vielversprechender. Um zu verhindern, dass
die Imame, die an deutschen Moscheen predigen, mehrheitlich im Ausland
ausgebildet werden, hat man hier schon vor Jahren die Weichen dafür
gestellt, dass an deutschen Universitäten vier Lehrstühle für islamische
Theologie eingerichtet wurden.
In diesem Punkt ist man Österreich voraus, das einen solchen Lehrstuhl erst
ab 2016 in Wien einrichten möchte. Wer will, kann darin schon ein Zeichen
für die Etablierung eines „deutschen Islam“ sehen. Aber dass hiesige Imame
und Theologen die Lebensrealität der Muslime hierzulande kennen, liegt auch
im Interesse der Gemeinden selbst.
Einige Bundesländer wie Hamburg und Bremen haben darüber hinaus
Staatsverträge mit ihrem muslimischen Gemeinden vor Ort geschlossen. Auch
Niedersachsen und Berlin planen noch solche Abkommen, mit denen die Rechte
und Pflichte von Staat und Muslimen geregelt werden – etwa, was islamische
Friedhöfe, muslimische Feiertage und die Seelsorge in der Bundeswehr, in
Krankenhäusern und Gefängnissen betrifft – all das also, was in Österreich
unter das neue Islamgesetz fällt.
Ein „Islamgesetz“ verbietet sich in Deutschland aber auch noch aus einem
anderen Grund. Denn mit Sondergesetzen für religiöse Minderheiten hat man,
um es vorsichtig zu formulieren, in der deutschen Geschichte nicht die
besten Erfahrungen gemacht. In Österreich ist man weniger skrupulös, weil
das Gesetz dort ältere Wurzeln hat.
27 Feb 2015
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Islamgesetz
Islam
Muslime
Deutschland
Österreich
Österreich
Hart aber fair
Religion
Imame
Katholische Kirche
Rechtspopulismus
Islamgesetz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Österreich geht gegen Moscheen vor: Muslime vor verschlossener Tür
Österreich schließt sieben Moscheen und weist 40 Imame aus. Der Grund:
Finanzierung aus dem Ausland. Das ist seit 2015 verboten.
Muslime in deutschen Medien: Dieser böse, böse Islam
Das Bild von Muslimen in hiesigen Talkshows, Zeitungen und Magazinen
hinterlässt Eindruck – allerdings oft einen negativen.
Islam in Deutschland: Nicht verfassungskonform
Islamverbände wenden sich gegen ein Islamgesetz wie in Österreich. Auch
Innenminister de Maizière (CDU) lehnt das Ansinnen seiner Parteifreunde ab.
Integrationspolitik der Union: Oh, wie schön ist Kanada
Mit dem Ruf nach einem Einwanderungsgesetz wollen junge CDU-Politiker
wieder in die Offensive gelangen. Vor allem Jens Spahn prescht vor.
Vermögen der Bistümer: Billige Schätze
Das Erzbistum Köln hat einen Finanzbericht vorgelegt. Das ist lobenswert,
aber die Kirche müsste für echte Transparenz ehrlicher sein.
„Hausordnung“ der FPÖ: So funksioniert Intigration jetz
Die rechtspopulistische FPÖ setzt sich für den Erhalt der österreichischen
Sprache und Kultur ein. Nun wurde uns die korrigierte Fassung zugespielt.
Neues „Islamgesetz“ in Österreich: Nur noch unsere Imame
Ein „Islamgesetz“ soll in Österreich der Religion und ihrer Ausübung
strenge Regeln auferlegen. Nicht alle Muslime finden das gut.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.