# taz.de -- Die Wahrheit: Sexy Terrorbiester | |
> Nach dem Sexskandal in der Münchner Parteizentrale verspricht CSU-Chef | |
> Horst Seehofer schonungslose Keuschheit. | |
Bild: Horst „Bayernalpha“ Seehofer in seinem sexten Element. | |
Wacklig fährt die Kamera rückwärts durch einen schummrigen Gang, die Wände | |
sind blau-weiß gestrichen, am Boden samtroter Teppich. Aus einer Tür klingt | |
schaurig ein Schnauben, die Kamerafahrt beschleunigt, dann röhrt ein | |
inbrünstiger Brunftschrei durch den Flur, eine geil verzerrte Fratze mit | |
Brille und blau-weißer Krawatte erscheint im Bild … | |
Das Video „10 Hours of Walking in CSU-Parteizentrale as a Woman“ ist auf | |
YouTube der neueste Viral-Hit. Und als ob dies noch nicht Imageschaden | |
genug wäre, las man diese Woche in der Boulevardpresse: „Die Partei ist | |
eine Ansammlung von geilen, alten und frustrierten Männern.“ Eine ehemalige | |
CSU-Pressereferentin hatte dies brühwarm den geilen, alten und frustrierten | |
Männern von der Bild gesteckt, man habe ihr das Leben in der CSU-Zentrale | |
„zur Hölle gemacht“. | |
„Kommen S’ eini!“, grüßt CSU-Chef Horst Seehofer einige Tage später, e… | |
die Medien in das Münchner Parteiquartier geladen. „Nötigung, Belästigung? | |
Dieser Dirty Talk ist ein rechter Schmarrn! In der CSU gibt’s koa Sünd!“, | |
verspricht der Bayernalpha und führt an den reizenden jungen Empfangsdamen, | |
die er keines Blickes würdigt, vorbei in ein Großraumbüro. Ein | |
Mittvierziger im Trachtenjanker pinnt gerade ein Plakat mit dem | |
durchgestrichenen Gesicht von Rainer Brüderle an eine Wand, | |
Bildunterschrift: „Keine Toleranz für Dirndl-Sprüche! Ihre CSU.“ | |
Seehofer winkt seinen Parteispezl heran: „Da geh her, Alfons! Sag’s den | |
Schreiberlingen: Wie halten wir es mit den Frauen?“ – „Ehre jedes Wei-, �… | |
jede Frau wie deine eigene Mutter“, stottert es aus dem Janker heraus. | |
## Keine Anzeichen von Lüsternheit | |
In einem weiteren Büro sitzen gut ein Dutzend Mitarbeiter, alle männlich, | |
konzentriert an ihren Bildschirmen. „Sehen Sie hier irgendwelche Anzeichen | |
für Lüsternheit?“, fragt Seehofer bereits triumphierend in die Presserunde. | |
Und tatsächlich: Alle Playboy-Ausgaben sind sauber in CSU-Broschüren zum | |
Thema Familie eingeschlagen, alle Hände auf den Schreibtischen. | |
„Jetzt schau’n wir mal in meinen Office, da sag ich noch was, und sie | |
schreiben’s auf! Am besten hinter die Ohrwascheln!“ Auf dem Weg in das Büro | |
des Parteigranden muss man über allerlei herumliegendes Werkzeug steigen. | |
Handwerker ersetzen gerade bei der Damentoilette die Glastür durch eine aus | |
Holz. | |
„Höchste Zeit! Aber das Geld war lange knapp“, lacht Seehofer und sperrt | |
sein Büro auf. „Das Problem ist genau das Gegenteil!“, hebt er an, nachdem | |
die Journalisten auf den zahlreichen Liebesschaukeln Platz genommen haben. | |
„Täglich strömen hier blutjunge, hochmotivierte Damen aus den Unis herein | |
und fordern einen Job. Stichwort Frauenquote!“ Diese „sündigen Biester“ | |
schüfen ein aufgeheiztes Klima, bei dem an Arbeit nicht zu denken sei. Die | |
meisten Parteikollegen hätten ihre Sexualität spätestens mit dreißig im | |
Griff oder bereits vollständig hinter sich gelassen, doch dann kämen diese | |
„schamlosen Dinger“ daher. „Kein Wunder, dass wir seit Jahren konzeptlos | |
und populistisch unterwegs sind! Am Ende leidet der Wähler“, resigniert | |
Seehofer beinahe. | |
Der Kollege Dobrindt sei bereits Ende 2013 nach Berlin geflüchtet, zu sehr | |
hatten ihm die Praktikantinnen und Referendarinnen mit ihrem „Sexy Terror“ | |
zugesetzt. Doch er, Horst Seehofer, bleibe selbstverständlich standhaft: | |
„Wie ein katholischer Pfarrer, Ehrenwort. Und auf Wiederschau’n!“ | |
27 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Moritz Hürtgen | |
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