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# taz.de -- Krimi-Koproduktion mit acht Ländern: Dänisches Dynamit
> Dem schnarchlangweilgen Titel zum Trotz: Das ZDF legt mit „The Team“ die
> Messlatte für Krimis höher – und wartet mit kreativer Kraft aus
> Skandinavien auf.
Bild: Die Deutsche Jasmin Gerat und der Däne Lars Mikkelsen gehören zum Team …
Eigentlich ist die Zeit gar nicht so toll zum Fernsehgucken, trotzdem hat
sich der späte Sonntagabend beim ZDF als Programmplatz für hochwertige
Krimis etabliert. So gegen 22 Uhr ermittelten dort schon preisgekrönte
Briten wie „Luther“, wurden skandinavische Top-Produktionen wie
„Kommissarin Lund“ gezeigt. Die Quoten waren hervorragend.
Jetzt gibt es auf dem Sendeplatz etwas Neues: „The Team“ heißt die
Koproduktion, an der auf Initiative und unter Federführung des ZDF Partner
aus acht Ländern beteiligt waren.
Der Titel klingt schnarchlangweilig, aber davon sollte man sich nicht
abschrecken lassen: Zwar wird hier nicht das Krimi-Genre neu erfunden, aber
der Vierteiler mit seinen zweistündigen Episoden ist auf vielen Ebenen
raffiniert und spannend. Dank seiner internationalen Aufstellung, einem
starken Einfluss dänischer Kreativer sowie der guten finanziellen
Ausstattung lässt er hinsichtlich Optik, Charakteren und Komplexität der
Geschichte die weit verbreitete deutsche Krimi-Piefigkeit hinter sich.
Auf der Negativseite: Die Erzählung verliert immer mal wieder an Fahrt, es
sind durchaus hölzerne Dialoge zu hören, und ab und zu wird der aufmerksame
Zuschauer in Logiklöcher stolpern.
## Internationale Ermittler
Die Geschichte: Nachdem es in Berlin, Antwerpen und Kopenhagen nahezu
identische Morde an Prostituierten gab, stellt die europäische
Polizeibehörde Europol eine Sondereinheit auf, die grenzübergreifend
zusammenarbeitet.
Zum Team gehören der Däne Harald Bjørn (Lars Mikkelsen), die Deutsche
Jackie Mueller (Jasmin Gerat) und die Belgierin Alicia Verbeek (Veerle
Baetens). Hauptverdächtiger ist zunächst ein belgischer Journalist (Carlos
Leal), der alle Frauen kurz vor ihrem Tod besucht hat. Schnell stoßen die
Ermittler aber auf eine kriminelle Organisation, die von Prostitution bis
Menschenhandel fast alles im Portfolio hat.
Etwa 10 Millionen Euro hat die Produktion gekostet, von der Planung bis zur
Fertigstellung vergingen fünf Jahre. „So eine lange Zeit ist schon
ungewöhnlich, das muss ich nicht jedes Mal haben“, sagt der Produzent Peter
Nadermann. „Von Anfang an war klar, dass es schon aufgrund der vielen
Drehorte sehr teuer werden würde. Es hat ein bisschen gedauert, das
notwendige Geld zusammenzubekommen.“
Es reichte am Ende für die Finanzierung von 130 Drehtagen. Gefilmt wurde
nicht nur in Berlin, Antwerpen und Kopenhagen, sondern auch in der Schweiz
und den österreichischen Alpen; die Schauwerte sind beachtlich.
## Vornehmlich dänischer Geist
Das Drehbuch stammt von den dänischen Autoren Mai Brostrøm und Peter
Thorsboe, die unter anderem die Emmy-prämierten Serien „Der Adler – Die
Spur des Verbrechens“ und „Protectors – Auf Leben und Tod“ geschrieben
haben. Um „The Team“ realitätsnah zu erzählen, recherchierten sie ein
halbes Jahr bei Europol in Den Haag, studierten dort die Arbeitsweise der
Joint Investigation Teams, die als Vorbild für ihre Serie dienen.
Nicht nur die Autoren, auch die Regisseure Kathrine Windfeld (die kürzlich
mit nur 48 Jahren gestorben ist) und Kasper Gaardsøe sowie weitere Kreative
stammen aus Dänemark, sodass am Set trotz der international aufgestellten
Crew ein vornehmlich dänischer Geist herrschte.
„Ich durfte dadurch eine für mich ganz neue, die dänische Arbeitsweise
kennen lernen“, berichtet Jasmin Gerat von den neunmonatigen Dreharbeiten.
„Mit den Autoren stand ich während der gesamten Zeit in E-Mail-Kontakt, wir
haben uns oft über einzelne Szenen ausgetauscht. Beim Dreh selbst wurde
viel diskutiert und immer auf Augenhöhe nach einem Konsens gesucht. Ich
hatte den Eindruck, dass die Regie und damit auch wir Schauspieler sehr
frei in unseren Entscheidungen waren und nicht alles vom Sender absegnen
lassen mussten. Diese Freiheit habe ich sehr genossen.“
Produzent Peter Nadermann, der seit Jahren ein Kenner des dänischen
TV-Marktes ist, bestätigt diesen Eindruck: „Dänische Fernsehmacher genießen
größere Freiheiten als ihre Kollegen in Deutschland. Die Sender verstehen
sich dort als Partner, die sich für eine Produktion entscheiden und die
Kreativen dann in Ruhe machen lassen.
## Internationales Flair
Das ist in Deutschland vor allem deshalb oft anders, weil der Wettbewerb
hier sehr groß ist. Dadurch ist auch die Angst vor Misserfolgen größer.
Wenn man sich davon ein bisschen befreien könnte, würde man hierzulande
sicher häufiger zu besseren Ergebnissen kommen.“
Gedreht wurde mehrsprachig. Wenn in der Serie also deutsche Ermittler mit
deutschen Verdächtigen sprechen, tun sie das auf Deutsch, der Kommissar aus
Kopenhagen unterhält sich mit seinen Leuten auf Dänisch, treffen die drei
leitenden Mitglieder der Sondereinheit aufeinander, wird die Unterhaltung
auf Englisch geführt. Wenn nicht auf Deutsch gesprochen wird, gibt es
deutsche Untertitel.
Durch dieses Sprachengemisch entsteht eine ganz besondere Stimmung, die das
internationale Flair von „The Team“ verstärkt, der Serie einen speziellen
Charme verleiht. Der kleine Haken: Nicht alle Zuschauer kommen in den
Genuss der mehrsprachigen Version, denn das ZDF zeigt eine synchronisierte
Fassung, in der alle Figuren ausschließlich Deutsch sprechen.
Die belgische Hauptdarstellerin Veerle Baetens zeigte sich davon bei der
Pressevorführung in Hamburg nicht gerade begeistert: „In den vielen
unterschiedlichen Sprachen zu drehen war originell und interessant, aber
das alles jetzt hier nur auf Deutsch zu sehen, ist ein bisschen komisch“,
sagte sie vor versammelter Runde und sorgte einen Moment lang für betretene
Gesichter bei den ZDF-Verantwortlichen.
## Keine deutschen Untertitel
„Die Synchronisation ist gut, ich habe schon Schlimmeres gesehen, trotzdem
finde ich es schade, dass nicht die Originalfassung gezeigt wird, denn etwa
60 Prozent der schauspielerischen Leistungen gehen durch eine
Synchronisation verloren“, sagt Baetens weiter.
Aber auch der ZDF-Redakteur Wolfgang Feindt hat nicht ganz unrecht, wenn er
auf die mangelnde Akzeptanz von Untertiteln beim Publikum verweist: „In
vielen europäischen Ländern laufen ausländische Produktionen im Fernsehen
als Originalversion mit Untertiteln, aber in Deutschland sind es die
Zuschauer gewohnt, immer den Service der Übersetzung zu bekommen. Auf dem
Sendeplatz von ’The Team‘ haben wir regelmäßig bis zu vier Millionen
Zuschauer. Diese Zahl würden wir bei einer Serie mit Untertiteln niemals
erreichen.“
Die Lösung, die sich das ZDF für dieses Problem ausgedacht hat, ist gar
nicht so schlecht: Wer die bessere, weil vielsprachige Variante sehen will,
findet diese in der Mediathek. Schon vor zwei Wochen haben ZDF, ORF und SRF
die Originalfassung dort eingestellt.
Bis auf die letzte Folge allerdings. Um die sehen zu können, mussten die
Zuschauer bis zum Stichtag 8. März bei Twitter mindestens 25.000 Tweets mit
dem Hashtag #TheTeam verschickt haben. Dieses Ziel haben die Nutzer zwar
frühzeitig erreicht, auf solch ein krampfiges Einspannen der Zuschauer fürs
virale Marketing darf das ZDF in Zukunft dennoch gern wieder verzichten.
8 Mar 2015
## AUTOREN
Sven Sakowitz
## TAGS
Dänemark
Krimi
ZDF
Skandinavien
Parlamentswahl
ZDF
GEZ
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
Krimi
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