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# taz.de -- Dozent vs. Blogger: Abgemahnt wegen Internet-Mem
> Mitte Januar verbreitete sich ein Foto von einem per Zettel ausgetragenen
> Nachbarschaftszoff. Jetzt meldet sich der Urheber und mahnt die Blogger
> ab.
Bild: Der Anwalt hat noch viel zu tun ...
BERLIN taz | Das [1][Foto] wirkt wie ein klassischer Schnappschuss, wie
gemacht für ein Internet-Mem. Darauf zu sehen: Zettel in einem Treppenhaus,
auf denen sich zwei Nachbarn köstlich humorvoll beleidigen. Schnell
verbreitete sich das Bild in sozialen Medien, mehrere reichweitenstarke
deutsche Blogs berichteten und zeigten das Bild. Nach wenigen Tagen war der
Spaß vergessen.
Jetzt holt die juristische Realität einige Blogger wieder ein. Wie
[2][Christian Brandes von „Schlecky Silberstein“] berichtet, erreichte ihn
jüngst ein Anwaltsschreiben. Darin schreibt der Anwalt, dass sein Mandant
sich die Texte auf dem Foto ausgedacht, die Seiten konzipiert, gedruckt,
arrangiert und fotografiert habe. Urheber sei demnach ein Unternehmer im
Bereich Online-Marketing der zugleich als Dozent an der Hochschule Hannover
lehrt. Der habe lange nach einer Idee für ein Bild gesucht, mit dem er
zeigen könne, dass über soziale Netzwerke effektiv Werbung betrieben werden
könne, schreibt der Anwalt.
Die Ergebnisse wolle er an der Uni im Rahmen seiner Vorlesung zeigen und
für sein Unternehmen nutzen. „Durch die besondere Auswahl des Motivs, des
Standorts, des Belichtungsausschnitts sowie durch die Wahl der Blenden und
aufgrund ihres besonders ausgeprägten Charakters erweist sich die Aufnahme
als Werk, das dem besonderen Schutz des Urheberrechtsgesetzes unterliegt.“
Die Folge: Abmahnung. Auch [3][Kraftfuttermischwerk] und [4][dressed like
machines] seien davon betroffen.
Brandes reagiert zunächst mit Humor – dann mit einer ausführlichen
Stellungnahme. „Vielleicht mag der Herr Dozent seinen Studierenden auch
gleich mal erklären, dass besonders gute virale Maßnahmen dadurch bestätigt
werden, dass über sie in Blogs geschrieben wird. Der Zettel hat von der
Konzeption her perfekt funktioniert, denn er trug für uns Blogs nicht den
Charakter einer professionellen Fotografie, sondern roch stark nach
Schnappschuss für das Amüsement der Allgemeinheit.“
In der Regel frage man die Urheber von Bildern, bevor man sie
veröffentliche. Bei einem „schrammeligen Aushang im Treppenhaus, der
definitiv keine Rückschlüsse darauf zulässt, dass sich da jemand Gedanken
um Belichtung, Blende und Bildkomposition gemacht hat, da lassen wir's
bleiben“.
Mit seiner Stellungnahmen will Brandes vor allem kleine Blogs warnen, die
bei derartigen Abmahnungen mit Kosten von mindestens 2.000 Euro rechnen
müssten. Brandes kündigt zudem an, den Fall zum Anlass zu nehmen, in einer
kleinen Webserie das deutsche Urheberrecht zu diskutieren. Gerne auch
direkt mit dem Urheber, gerne auch „im Rahmen Ihrer Vorlesung“.
Eine gute Idee. Zumal der Fall an den [5][Disput zwischen dem Fotografen
Martin Langer und Moderator Jan Böhmermann] erinnert, der vor wenigen
Wochen ebenfalls eine Debatte zum Urheberrecht anstoßen wollte.
In den Kommentarspalte schlägt dem Dozenten derzeit Entsetzen und Hass
entgegen, viele unterstellen ihm betrügerische Absichten, andere nutzen
seine [6][Vorlage für Remixe]. Ganz ausblenden darf man aber auch die
Möglichkeit nicht, dass das Anwaltsschreiben nur ein weiterer Dreh im
Experiment des Dozenten ist, der so dazu beitragen will, sein Foto weiter
viral zu verbreiten.
8 Mar 2015
## LINKS
[1] http://img01.lachschon.de/images/172932_Nachbarschaftistschoen_ftEQcOa.jpg
[2] http://www.schleckysilberstein.com/2015/03/abgemahnt-fur-einen-aushang-real…
[3] http://www.kraftfuttermischwerk.de/blogg/
[4] http://www.drlima.net/
[5] /!153822/
[6] http://fbcdn-sphotos-g-a.akamaihd.net/hphotos-ak-xaf1/v/t1.0-9/11043235_102…
## AUTOREN
Paul Wrusch
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