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# taz.de -- Gerichtsurteil in der Elfenbeinküste: Frühere First Lady muss in …
> Ein Gericht in Abidjan kam dem Internationalen Strafgerichtshof in Den
> Haag zuvor. Es verurteilte Simone Gbagbo zu 20 Jahren Gefängnis.
Bild: Als noch alles gut war: das Ehepaar Gbagbo 2009.
BERLIN taz | Mit harten Strafen hat der bisher größte Gerichtsprozess in
der Elfenbeinküste zur Aufarbeitung des 2011 beendeten Bürgerkrieges
geendet. Simone Gbagbo, Ehefrau des damaligen Präsidenten Laurent Gbagbo,
wurde in der Metropole Abidjan in der Nacht zum Dienstag wegen „Angriff auf
die Autorität des Staates, Beteiligung an einem Aufstand und Störung der
öffentlichen Ordnung“ zu zwanzig Jahren Haft verurteilt, ebenso zwei
ehemalige hohe Generäle. Insgesamt standen 83 Personen bei dem
Mammutprozess vor Gericht.
Es ging um die Klärung der Gewalt nach den Präsidentschaftswahlen vom
November und Dezember 2010, deren Sieger Alassane Ouattara erst im April
2011 nach mehrmonatigen Kämpfen mit Tausenden Toten sein Amt aufnehmen
konnte. Die Wahl von 2010 hatte eigentlich einen Schlussstrich unter acht
Jahre Bürgerkrieg ziehen sollen, in deren Verlauf der Norden der
Elfenbeinküste unter Kontrolle von Rebellen geraten war.
Der sozialistische Wahlverlierer Laurent Gbagbo erkannte aber seine
Niederlage nicht an. Tausende von Menschen starben bei der nachfolgenden
Gewalt; im April 2011 marschierten die Rebellen aus dem Norden in Abidjan
ein, um Gbagbo zu vertreiben. Er wurde schließlich gemeinsam mit seiner
Frau im Keller des Präsidentenpalastes von französischen Soldaten und
ivorischen Rebellen verhaftet.
Der Expräsident wartet mittlerweile beim Internationalen Strafgerichtshof
in Den Haag auf seinen Prozess, der im Juli beginnen soll. Simone Gbagbo
aber kam in der Elfenbeinküste vor Gericht, obwohl auch gegen sie ein
Haftbefehl aus Den Haag vorliegt. Der Prozess gegen sie und andere
Mitstreiter Gbagbos begann zu Weihnachten 2014.
## Vergebung für Sünden erteilt
Unabhängige Beobachter monierten, dass die Anklage sehr unkonkret sei. Sie
behandele zum Beispiel die Aufstellung von Milizen, mache aber nicht
deutlich, welche Straftaten diese im Einzelnen begangen hätten und wer für
konkrete Gewalttaten verantwortlich sei.
Letztlich war die Grundfrage eine politische: Aus Sicht der Anklage war
Gbagbo seit seiner Wahlniederlage nicht mehr der legitime Präsident,
sondern der Chef einer Bande, die rechtswidrig Regierungsgebäude besetzte
und illegale bewaffnete Gruppen befehligte. Simone Gbagbo, als
Scharfmacherin bekannt, galt dabei als treibende Kraft.
In ihrem Plädoyer am 3. März hatten die Staatsanwälte allerdings eine Reihe
von Anklagepunkten fallengelassen und lediglich zehn Jahre Haft für Simone
Gbagbo gefordert. Die Vertreter der Opfer der Gewalt von 2011 verlangten
demgegenüber lebenslange Haft. Die Hauptangeklagte selbst nutzte ihre Zeit
vor Gericht – ihr erster öffentlicher Auftritt seit ihrer Festnahme 2011 –
für politische Reden und erteilte in ihrem Schlusswort den Anklägern
großzügig Vergebung für ihre Sünden.
Menschenrechtsorganisationen haben bemängelt, dass die Regierung Ouattara
Gewalttäter aus dem eigenen Lager längst nicht so hart verfolgt hat. Sie
sagen, die Elfenbeinküste brauche eine neutrale Justiz und eine politische
Versöhnung, damit die nächsten Wahlen Ende 2015 nicht erneut in den Krieg
führen. Bei diesen Wahlen wäre Gbagbos Partei FPI (Ivorische Volksfront)
die einzige ernstzunehmende Opposition gegen Amtsinhaber Ouattara. Aber die
FPI ist über die Frage einer Wahlteilnahme zerstritten.
Der jetzt beendete Prozess hat nun den gemäßigten Parteiflügel unter
FPI-Präsident Pascal Affi N'guessan gestärkt und damit die Chancen auf
pluralistische Wahlen vergrößert. N'Guessan wurde zu lediglich 18 Monaten
verurteilt, die er schon in der Untersuchungshaft verbüßt hat, und verließ
das Gericht als freier Mann. Der Anführer der Hardlinerfraktion, Abou
Drahmane Sangaré, hat hingegen fünf Jahre Gefängnis erhalten.
10 Mar 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Menschenrechtsverletzungen
Internationaler Strafgerichtshof
Laurent Gbagbo
Elfenbeinküste
Abidjan
Alassane Dramane Ouattara
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Krawalle
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