Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gelogen: Der Einsatz, eine Panne
> Bremens Polizei und Innensenator räumen schwerwiegende Fehler beim
> Vorgehen gegen eine angebliche Terrorgefahr ein. CDU fordert Rücktritt.
Bild: Schwer unter Beschuss: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer
BREMEN taz | Die Polizei hat die Lage im Griff: Die Videokamera des
Verfassungsschutzes hat vier verdächtige Männer aufgezeichnet, die in die
Moschee des „Islamischen Kulturzentrums“ (IKZ) gegangen sind. Am Tag darauf
wird das IKZ überwacht, dann schlagen die Sondereinsatzkräfte zu. So
lautete die Geschichte, die der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD)
zwei Wochen lang erzählt hat. Gestern musste er kleinlaut vor die Presse
treten und mitteilen: Einiges an der offiziellen Version war schlicht
unwahr.
Die CDU forderte daraufhin den Rücktritt des Innensenators. Damit hat die
Bremer Politik zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl endlich ein Thema
gefunden. Ob das am Ende der AfD schadet oder nutzt, das wird man sehen.
Panne eins der Bremer Polizei: Während in der Stadt am 28. Februar schwer
bewaffnete Polizisten patrouillierten, gab es bei der Überwachung des
mutmaßliches Zentrums des islamischen Terrors, des IKZs, eine Lücke von
rund fünf Stunden. Das hat zwei Wochen lang niemand dem Polizeipräsidenten
mitgeteilt, räumte dieser gestern zerknirscht ein, und er konnte auch nicht
erklären, wer dafür verantwortlich war, dass das passiert war und dass ihm
das niemand gesagt hat. Dem Innenausschuss der Bremischen Bürgerschaft
hatte der Innensenator noch vor einer Woche die falsche Version
aufgetischt, es habe keine „Gefahr im Verzuge“ bestanden, die Moschee sei
lückenlos überwacht worden.
So stürmten Sonderkräfte der Polizei am 28. Februar abends den Gebetsraum
der Moschee – und wussten nicht, wer da in den fünf Stunden vorher ein- und
ausgegangen war. Wenn wirklich islamische Terroristen, 80 Maschinenpistolen
und zwei Kalaschnikows im Spiel gewesen wären, hätte es ein Blutbad
gegeben.
Panne zwei: Auf der Suche nach verdächtigen Franzosen wurde an jenem 28.
Februar ein Lieferwagen mit französischem Kennzeichen hochgenommen. (vgl.
taz 12.3.) Darin saßen aber keine Islamisten, sondern eine christliche
Bremerhavener Familie, die vor Jahren aus Syrien vor dem gesellschaftlichen
Druck durch Islamisten geflüchtet war. „Es gibt nirgends in der Welt
Muslime, die unseren Namen tragen“, erklärte Mario H., der Fahrer des
Wagens. Mehrfach hatte er der Polizei erklärt, dass es da wirklich um ein
Missverständnis gehen müsse. Auf seine Frage, was denn der Grund der
Ingewahrsamnahme sei, habe er im Verlaufe des Abends verschiedene Versionen
aufgetischt bekommen, angefangen bei der Version, das Auto sei geklaut
gemeldet. Insgesamt sechs Stunden brauchte die Polizei, um ihren Irrtum zu
erkennen. Man habe ihm nicht erlaubt, einen Anwalt zu kontaktieren,
erklärte Mario H. gegenüber der taz. Zwei ältere Familienmitglieder mussten
zwischenzeitlich ins Krankenhaus gebracht werden. Gegen Mitternacht
entschuldigte sich dann ein Einsatzleiter – entschuldigte sich für die
Maßnahme und ließ die Bremerhavener frei.
Da habe sich „bei dem Datenabgleich mit den französischen Behörden ein
Zahlendreher“ eingeschlichen, erklärte der Innensenator 14 Tage nach dem
Vorfall – einen tag nach der Veröffentlichung - den Irrtum. Das war
offenbar gelogen: Es gab keinen Zahlendreher, musste Mäurer nun einräumen,
es handelte sich schlicht um eine schlampige Ermittlung der Bremer
Polizeikräfte. KLAUS WOLSCHNER
18 Mar 2015
## AUTOREN
Klaus Wolschner
Klaus Wolschner
## TAGS
Polizei
Anti-Terror-Kampf
Innere Sicherheit
Untersuchungsausschuss
Bremen
Polizei
Polizei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei Monate nach dem Anti-Terror-Einsatz:: Kein konkreter Verdacht gegen Hauptv…
Gegen den Hauptverdächtigen beim Bremer Anti-Terror-Einsatz wird es nach
derzeitiger Aktenlage kein Strafverfahren geben – es liegt nichts gegen ihn
vor.
Inszeniertes Bedrohungsszenario: Die Projektionsfläche der Anderen
In der Inszenierung „Ich rufe meine Brüder“ kitzelt das Bremer Moks-Theater
Terrorängste hervor. Und identifiziert so Stereotype und Vorurteile.
Anti-Terror-Einsatz: Die Pannen-Polizei
KOMMENTAR ZUM TERROR-EINSATZ
Aufarbeitung des Polizeieinsatzes: Wie viel Terror drohte in Bremen?
Die Informationen, auf deren Grundlage die Polizei im Februar von einer
Gefahr terroristischer Anschläge ausging, sind nach wie vor äußerst
fragwürdig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.