Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Tatort“ aus Kiel: Alles ganz falsch machen
> In Kiel-Gaarden wird eine Leiche gefunden. Gaarden gilt als
> Schmuddelbezirk. Ein sozialkritischer „Tatort“ über Armut und
> Perspektivlosigkeit, der leider kalt lässt.
Bild: Alles Schmuddelkinder? Jungs aus Kiel-Gaarden, dem sozialen Brennpunkt Ki…
Größte Problemdichte. Das hat die Kieler Politik dem Stadtteil Gaarden vor
ein paar Jahren attestiert. Bedeutet: bei Arbeitslosigkeit, Armut und
Migrantenanteil ganz vorne dabei, bei allem anderen ganz hinten. Woanders
heißen diese Orte Neukölln, Ehrenfeld oder Hasenbergl. Mal ist mehr dran am
Image des Schmuddelbezirks, mal weniger.
In Gaarden, dem Spielort und Namensgeber dieser „Tatort“-Folge, trifft eher
Ersteres zu. Der Stadtteil ist groß geworden durch den Aufbau der Werften,
und er ist arm geworden durch den Abbau der Werften.
Was blieb: Arbeitersiedlungen, mittlerweile bewohnt von Menschen, die nicht
arbeiten oder die von dem, was sie verdienen, nicht leben können. „Du
kannst hier entweder alles falsch oder ganz falsch machen“, sagt Timo. Und
Klaus Borowski (Axel Milberg) macht es ganz falsch. Hier, wo vom sozialen
Aufstieg, der sich in neuen, dicken Karren manifestiert, nur geträumt wird,
passt der Feingeist mit altem Volvo („ein ganz besonderes Auto“) nicht hin.
Timo ist 15 und wird verdächtigt, Onno Steinhaus umgebracht zu haben. Alle
in der Gegend wussten, dass der einst wegen Kindesmissbrauch im Knast saß.
Dass Jungs wie Timo bei ihm ein und aus gingen, störte sie nicht. Als er
tot ist, fragt die Nachbarin nach seinem Hund.
Dies ist ein trauriger „Tatort“, sagt einem der Verstand. So richtig spüren
kann man es nicht. Denn der Film erzeugt keine Emotionen – trotz all der
dargestellten verkümmerten sozialen Intelligenz, trotz des Elends, trotz
der Perspektivlosigkeit. Die Schicksale berühren kaum. Man kommt weder den
Opfern noch den Tätern nah genug. Stattdessen haben Borowski und Sarah
Brandt (Sibel Kekilli) schnell den lokalen Sheriff im Visier. Der ist zu
allem Überfluss auch noch ein alter Bekannter der Kommissarin. Ja, die Welt
nördlich der Elbe ist klein. Aber so klein auch wieder nicht.
29 Mar 2015
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Brennpunkt
Arbeitslosigkeit
Gaarden
Tatort Kiel
Tatort
ZDF
Krimi
Grau
Nürnberg
Meret Becker
Prostitution
Arte
Rostock
## ARTIKEL ZUM THEMA
ARD-„Tatort“ aus Kiel: Mama, ich fahr’ in den Dschihad
Überladen und wenig subtil: Kommissar Borowski und seine Kollegin Brandt
stochern in realen Wunden und plumpen Klischees.
ZDF-Film „Grauzone“: Die Crux der Krimireihe
Mit „Grauzone“ erscheint ein neuer Teil der Reihe „Unter Verdacht“. Für
sich genommen, ein schlüssiger Film. Leider sind die anderen Folgen
unlogisch.
Letzter „Tatort“ aus Leipzig: „Fuck you, Medea!“
Im Sonntagskrimi geht es um eine Kindesentführung. Einige Dinge bleiben
nicht nachvollziehbar. Keppler und Saalfeld ohrfeigen sich zum Abschied.
An der Nordseeküste: Husum, Du schöne Stadt am Meer
Theodor Storm hat seiner Heimat Husum ein Denkmal gesetzt, nun wird sie auf
ewig die graue Stadt sein. Sie hat Besseres verdient. Ein Spaziergang.
Tatort aus Nürnberg: Reinkarnation eines Lieblings
Ein neues Tatort-Team: Paula Ringelhahn und Felix Voss sind die beiden
Hauptkommissare. Irritationen fordern im Franken-Tatort das Publikum.
„Tatort“ aus Berlin: Pseudo-Sightseeing mit dem RBB
Durch die Nächte tanzen, an den Tagen gegen das organisierte Verbrechen
ermitteln: Der Berliner Tatort glänzt durch die Besetzung.
„Tatort“ aus Bremen: Entdeckung der Fehlbarkeit
Wenn Kommissarin Lürsen nicht die Kümmermutti spielt, sondern die
zerknirschte Zweiflerin, gibt es ganz großes Kino. Mit Spannung bis zum
Schluss.
Sozialkrimi „Unter Verdacht“: Das Geschäft mit den Toten
Die internen Ermittler Prohacek und Langner spüren einem Pflegebetrüger
nach, untersuchen aber eigentlich das Innere des Polizeiapparats.
„Polizeiruf 110“ aus Rostock: Jo, ist nun mal so
Im Rostocker „Polizeiruf“ wird's wieder unkuschelig – deshalb hat er auch
weniger Zuschauer als der „Tatort“. Doch einschalten lohnt sich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.