# taz.de -- ARD-„Tatort“ aus Kiel: Mama, ich fahr’ in den Dschihad | |
> Überladen und wenig subtil: Kommissar Borowski und seine Kollegin Brandt | |
> stochern in realen Wunden und plumpen Klischees. | |
Bild: So sieht Radikalisierung beim NDR aus | |
Tja,was nun? Sollte man nach diesem „Tatort“ beruhigt sein, dass der | |
Staatsschutz die Moscheen in Deutschland so schön im Blick hat und die | |
Islamistenszene von Spitzeln durchsetzt ist? Oder beunruhigt, weil dort | |
trotzdem so offen rekrutiert wird und weil von Szenen, in denen die | |
Verfassungsschützer operieren, nur selten weniger Gefahr ausgeht (siehe | |
NSU)? | |
Der Kieler „Tatort“ mit Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) und | |
Kommissarin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) stochert in realen Wunden: | |
Redouane E. H. soll von Kiel aus versucht haben, Selbstmordattentäter zu | |
rekrutieren. Er wurde Ende 2008 zu fünf Jahren und neun Monaten Haft | |
verurteilt. Auch Mohammed Atta, an den Anschlägen vom 11. September 2001 | |
beteiligt, und Youssef al-H., der 2006 in Köln eine nicht gezündete | |
Kofferbombe in einem Regionalzug deponierte, verkehrten in Kiel. | |
Der „Tatort“ dreht sich nun um die Radikalisierung der Schülerin Julia | |
Heidhäuser (Mala Emde). Zu Hause äußerlich irgendwo zwischen Hippie und | |
Hausbesetzerszene, zieht sie sich für den Gang durch die Fußgängerzone | |
einen Niqab an (und muss sich dafür von einem Passanten vor die Füße | |
spucken lassen). Die „ist genauso wie dieses Mädchen in Hannover, das den | |
Polizisten abgestochen hat“, sagt eine Mitschülerin. | |
An solchen Aussagen krankt der „Tatort“: Es wirkt alles etwas zu plump: die | |
Weisheiten, die Julia in ihr Handy plappert, um sie ihrer Mutter als | |
Sprachnachrichten nach der Abreise zukommen zu lassen, die Einrichtung | |
einer Flüchtlingsunterkunft direkt im Polizeipräsidium. Jede Zuschauerin | |
und jeder Zuschauer soll die Parallelen zu aktuellen Ereignissen verstehen. | |
Etwas mehr Subtilität hätte dem Film gutgetan. Na ja, in nur einer Woche | |
hat Borowski ja noch ein Chance: Im 1000. Tatort, „Taxi nach Leipzig“. | |
6 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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