# taz.de -- Kifferprotest in Berlin: Ein Zug für den Görli | |
> Hunderte kommen zum „Großen Solidaritäts-Kiff-In“ in den Görlitzer Park | |
> in Berlin. Ein Protest gegen die Polizei, die härter durchgreifen will. | |
Bild: Ein Zettel mit dem Aufruf zu einem „Kiff-In“-Protest. | |
BERLIN taz | Zwei Polizisten stehen am Eingang zum Berliner Görlitzer Park. | |
Sie stehen dort, aber kontrollieren niemanden, schenken Vorbeigehenden | |
nicht einmal einen Blick. Im Park schwenken Menschen Fahnen. Auf ihnen sind | |
Hanfblätter zu sehen und auf Schilder mit der Aufschrift „Schluss mit den | |
rassistischen Polizeikontrollen“ zu lesen. Sie sind da zum „Großen | |
Solidaritäts-Kiff-In im Görli“. Der Grund: die von dem Berliner | |
Innensenator Frank Henkel und seinem CDU-Parteikollegen und Berliner | |
Justizsenator Thomas Heilmann Einführung einer Null-Toleranz-Zone im | |
Görlitzer Park zum 31. März. | |
Diese hat zur Folge, dass sich niemand der in dem Park mit Gras erwischt | |
wird, mehr auf die Eigenbedarfsklausel berufen kann. Nach dieser wurde ein | |
Besitz von bis zu 15 Gramm Marihuana nicht strafrechtlich verfolgt und | |
Verfahren eingestellt. Die beiden Senatoren haben außerdem die Möglichkeit, | |
die Null-Toleranz-Zone auch auf andere Parks- und Erholungsflächen | |
auszuweiten, wenn das Leben dort durch Drogenhandel extrem beeinträchtigt | |
wird. | |
Deshalb wurde auf Facebook wurde für den Abend des 1. Aprils zum | |
[1][„Großen Solidaritäts-Kiff-In im Görli“] eingeladen. Nachdem die erste | |
Veranstaltung und deren Begründer von Facebook geblockt wurde, hatte eine | |
zweite Veranstaltung unter dem gleichen Namen noch einmal über 3.000 | |
zugesagte Teilnehmer bekommen. „Wir wollen dem Senat an diesem Tag zeigen, | |
dass wir mit der Politik nicht einverstanden sind“, stand in der | |
Beschreibung zur Veranstaltung. | |
Mit der Aktion wolle man außerdem eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz | |
von MarihuanakonsumentInnen und vor allem ein solidarisches Miteinander mit | |
Menschen, die eine Fluchtgeschichte hinter sich haben erreichen, hatte der | |
Veranstalter Django Reinhardt in einem Interview der taz erklärt. | |
## Niemand traut sich | |
Doch: Keiner kifft. Es scheint sich niemand zu trauen. Zwei Wagen der | |
Polizei stehen auf dem Platz vor dem Edelweiß und scheinen die Menschen | |
einzuschüchtern. Nach kurzer Zeit fahren die Polizeiwagen los. Die Menge | |
jubelt, aber die Polizisten fahren nur auf den Hügel nebenan. Einige | |
stellen sich auf dem Berg auf, ein paar andere stehen neben dem Café. Alle | |
scheinen abzuwarten. Nach und nach kann man ab und zu den Geruch von | |
Cannabis erahnen. Doch offen kiffen hier nur wenige. Es beginnt, zu hageln. | |
Auf einer Treppenstufe gegenüber vom Café sitzt Tonya. Sie ist alleine | |
gekommen und zeigt wenig Verständnis für Menschen, die aufgrund der Kälte | |
zu Hause geblieben sind. „Politik ist nicht gemütlich“, meint Tonya. „We… | |
man etwas erreichen will, klappt das nicht vom Sofa aus.“ Neben sich hat | |
sie zwei Pappschilder gegen eine Flasche Club Mate gelehnt. Auf ihnen steht | |
„Berlin bleibt links! – #DerGörligehörtunsallen!“ und „Habt ihr nichts | |
Besseres zu tun? - #keinerassistischenPolizeikontrollen“ Auf die Frage, was | |
sie erreichen will, antwortet sie, dass Berlin wieder liberaler werden und | |
Flüchtlinge akzeptieren solle. Diese sind in der angrenzenden Kreuzberger | |
Gerhart-Hauptmann-Schule ständiger Repressionen ausgesetzt. | |
Vor den Stufen geht ein Mann mit einem riesigen gebastelten Joint in der | |
Hand. Ein paar Meter weiter läuft ein anderer mit einem riesigen Baggy | |
voller grüner Kräuter. Man habe Martin Delius, Vorsitzender der | |
Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, wird gemunkelt. Wenigstens | |
ein Politiker, der sich hier zeigt, so der Kommentar. Laut Angaben der | |
Polizei waren zum Höhepunkt des Kiff-Ins etwa 600 Teilnehmer im Görlitzer | |
Park, später waren es nur noch einige Hundert. Die Polizei steht daneben | |
und guckt zu. Nur einmal zieht sie jemanden aus der Menge heraus. „Mein | |
Sohn hatte sich eine Kippe angezündet, dabei ist der unter 18 Jahre“, | |
erklärt Demonstrant Detlef, „das fanden die nicht gut. Darf man erst ab 18 | |
rauchen?“ | |
Schon wieder hagelt, schneit und regnet es. Tonya ist inzwischen gegangen, | |
eine Gruppe von etwa 30 Menschen tanzt zu Drumm 'n'Bass aus mitgebrachten | |
Boxen im Unwetter. Andere haben sich unter Sonnenschirme und Vordächer des | |
Cafés geflüchtet. Die Polizisten sind um kurz vor 20 Uhr verschwunden. | |
Florian Rister vom Deutschen Hanf Verband resümiert: „Die heutige | |
Veranstaltung beweist, dass die Polizei nicht in der Lage ist, etwas zu | |
ändern.“ | |
2 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.facebook.com/events/350961028445960/ | |
## AUTOREN | |
Marie-Thérèse Harasim | |
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