# taz.de -- Ausstieg bei Gasversorger VNG: Gazprom will raus aus der EU | |
> Der russische Energiekonzern steigt beim ostdeutschen Gasversorger VNG | |
> aus. Das gilt als Teil einer neuen Unternehmensstrategie: raus aus der | |
> EU. | |
Bild: Gazprom gibt's bald nur noch in kyrillischer Schrift. | |
MOSKAU dpa | Der russische Staatskonzern Gazprom sieht sich in Zeiten | |
niedriger Energiepreise und geringer Nachfrage auch in Deutschland | |
wirtschaftlich unter Druck. Doch nicht nur deshalb will das Unternehmen | |
seinen 10,52-Prozent-Anteil an dem ostdeutschen Gasversorger VNG verkaufen. | |
Gazprom erhofft sich Einnahmen von rund 200 Millionen Euro. Der Schritt | |
gilt vielmehr als Teil der neuen Unternehmensstrategie. Schon nach dem Aus | |
für das transeuropäische Pipelineprojekt South Stream hatte Gazprom-Chef | |
Alexej Miller einen Kurswechsel für Russlands Energiepolitik verkündet. | |
„Das ist der Anfang vom Ende unseres Modells, bei dem wir uns auf | |
Lieferungen bis zum Endverbraucher auf dem europäischen Markt | |
orientierten“, erläuterte Miller im Dezember. Die Zeiten, in denen die | |
Russen sich aktiv auf dem Energiemarkt der EU einkauften, sind vorbei. Sie | |
befürchten seit langem, dass die europäischen Staaten zunehmend ihre | |
Unabhängigkeit verlieren könnten - samt einer Zunahme der EU-Kontrolle über | |
Versorgungsnetze. | |
Für eine Energie-Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Westen stehen die | |
Zeichen nicht zum Besten, wie Marktexperten betonen. Wie viele russische | |
Unternehmen fühlt sich Gazprom von den Sanktionen des Westens im | |
Ukraine-Konflikt gegängelt. Zudem ist ein EU-Kartellverfahren gegen den | |
russischen Staatskonzern anhängig. Und nicht zuletzt werfen die Russen auch | |
westlichen Ratingagenturen vor, sie missbrauchten Unternehmensbewertungen | |
auch als politisches Instrument. | |
Zwar betont Gazprom in einer Mitteilung zu dem VNG-Ausstieg, dass es nicht | |
nur mit den Ostdeutschen weiter eine gute Zusammenarbeit geben solle. Die | |
russische Zeitung Kommersant berichtet, dass der Konzern weiter seinen | |
Anteil von 400 Millionen Euro an dem Gasspeicherprojekt „Katarina“ halten | |
wolle - und das zu gleichen Teilen mit VNG. Auch die freundschaftliche | |
Zusammenarbeit mit der Wintershall Holding in Kassel steht nach Angaben von | |
Gazprom nicht auf dem Spiel. Die Kassler haben weiter Zugang zu russischen | |
Gasfeldern in Sibirien. | |
## Gazprom orientiert sich gen Asien | |
Doch die Zukunft ist offen. Wegen der miesen Stimmung platzte im Dezember | |
ein seit langem geplantes Milliardengeschäft der BASF mit Gazprom. Die | |
Pläne, den Deutschen mehr Zugang zum russischen Markt und den Russen mehr | |
Gewicht auf dem deutschen Markt zu geben, passten nicht in die Zeit, hieß | |
es damals. Dabei warnen nicht zuletzt immer wieder deutsche Unternehmen | |
davor, die Russen vollends zu verprellen vom europäischen Markt. | |
Gazprom orientiert sich längst verstärkt in Richtung Asien - und dort vor | |
allem auf das energiehungrige China. Der Konzern plant sein großes | |
Pipelineprojekt Sila Sibirii (Kraft Sibiriens), das nicht nur den Fernen | |
Osten des Riesenreichs besser versorgen soll. Von dort aus soll auch die | |
Leitung nach China gebaut werden. Zudem liebäugelt Gazprom seit Jahren mit | |
dem Bau einer Pipeline nach Südkorea. Und auch im Flüssiggasgeschäft in | |
Asien sind die Russen zunehmend aktiv. | |
## Gazprom will weiter Geld in der EU machen | |
Und Europa? Trotz der Spannungen mit der EU will die Rohstoffmacht weiter | |
auf dem für sie nahen und zuverlässigen Markt Geld verdienen. Nach dem Ende | |
des Projekts South Stream treibt Gazprom nun sein Vorhaben einer Leitung | |
durch das Schwarze Meer in die Türkei weiter voran. Die Pipeline Turkish | |
Stream soll künftig an der griechischen Grenze enden. | |
Von dort aus, so die Vorstellung der Russen, kann das Gas dann über andere | |
Leitungen an die Kunden in der EU verkauft werden. Künftig müssten die | |
Versorger in Europa selbst die Leitungen zu den Verbrauchern verlegen, | |
hatte Gazprom-Chef Miller im Dezember betont. Sein Unternehmen kümmere sich | |
nicht mehr um den Bau von Leitungen in der EU. | |
Die Rolle Griechenlands als künftiger Anlandepunkt für russisches Gas | |
dürfte an diesem Mittwoch auch Thema in Moskau sein. Kremlchef Wladimir | |
Putin will dann mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras | |
zusammentreffen. Nach russischen Angaben geht es bei den Gesprächen | |
prominent um Energiefragen. | |
7 Apr 2015 | |
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