| # taz.de -- Bluttest für Schwangere: Mehr Transparenz bei Praena-Test | |
| > Vorerst soll der umstritten Pränataltest zur Erkennung des Downsyndroms | |
| > eingesetzt werden. Weitere Krankheitsbilder könnten aber folgen. | |
| Bild: Blutuntersuchung bei Lifecodexx in Konstanz. | |
| BERLIN taz | Es ist nur ein kleiner Piekser und 20 Milliliter Blut, das | |
| künftig darüber entscheiden könnte, ob ein Kind zur Welt kommt. Die | |
| Konstanzer Firma Lifecodexx verspricht mit einem routinemäßigen Bluttest | |
| die Sicherheit, Embryonen mit Downsyndrom zu erkennen. | |
| Derzeit liegt beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), ein Antrag vor, eine | |
| Erprobungsrichtlinie zu entwickeln, auf deren Grundlage der Nutzen des | |
| sogenannten Praena-Tests wissenschaftlich überprüft wird. Der | |
| Bundesausschuss entscheidet darüber, was von der Gesetzlichen Krankenkasse | |
| bezahlt werden muss. | |
| Vorgesehen ist der Bluttest, der lediglich als Medizinprodukt gilt, vorerst | |
| nur für Trisomie 21, also das Downsyndrom, andere Krankheitsbilder könnten | |
| jedoch miteinbezogen werden. Mit dem Bluttest kann außerdem vor Ablauf der | |
| zwölften Schwangerschaftswoche das Geschlecht des Kindes festgestellt | |
| werden. | |
| Der Bluttest ist aufgrund seiner selektiven behindertenfeindlichen Wirkung | |
| umstritten. Zudem wird befürchtet, dass sich mit seiner routinemäßigen | |
| Anwendung der Druck auf die Frauen erhöht, ein „perfektes“ Kind zu bekommen | |
| und im Falle einer diagnostizierten Fehlentwicklung die Schwangerschaft | |
| abzubrechen. Um das Zulassungsverfahren, das sich derzeit hinter den | |
| verschlossenen Türen des G-BA abspielt, transparenter zu machen, haben | |
| einige Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen eine kleine Anfrage an | |
| die Bundesregierung gerichtet, um Auskunft über die Konsequenzen nach | |
| Zulassung des Bluttests zu erhalten. | |
| Die Bundesregierung insistiert in ihrer nun vorliegenden Antwort darauf, | |
| das in dem 2009 verabschiedeten Gendiagnostikgesetz eine verbindliche | |
| Beratung vor und nach einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung | |
| festgeschrieben ist, um die Gefahr von Diskriminierung zu verhindern und | |
| dem Recht auf Kenntnis oder Nichtwissen zu entsprechen. Einen Unterschied | |
| zwischen invasiven und nichtinvasiven Untersuchungsmethoden vermag sie | |
| nicht zu erkennen, obwohl die Hürde, ihn anzuwenden beim Bluttest viel | |
| niedriger ist. | |
| ## Keine Daten vorhanden | |
| Gleichzeitig macht die Antwort deutlich, dass es in der Bundesrepublik | |
| überhaupt keine Daten über die Entwicklung von Geburten von Kindern mit | |
| Downsyndrom beziehungsweise entsprechenden Schwangerschaftsabbrüchen gibt | |
| und sich mögliche Trends damit weder ablesen noch gegebenenfalls | |
| korrigieren lassen. Ebenso wenig ist über das derzeitige Geschehen bei der | |
| genetischen Beratung – Umfang, Nichtinanspruchnahme und Dauer der | |
| Bedenkzeit – bekannt. | |
| Im Hinblick auf die frühzeitige Feststellung des Geschlechts und die Gefahr | |
| dadurch motivierter Schwangerschaftsabbrüche verweist die Bundesregierung | |
| auf den Arztvorbehalt und ihr Vertrauen in die Ärzteschaft. Allerdings ist | |
| nach dem Gendiagnostikgesetz die Mitteilung des Geschlechts derzeit zwar | |
| rechtswidrig, bleibt aber straffrei. | |
| Der G-BA sieht sich von der öffentlichen Diskussion mittlerweile | |
| herausgefordert und hat angekündigt, den Deutschen Ethikrat beratend | |
| einbeziehen zu wollen. Die grüne Abgeordnete Corinna Rüffer regt an, beim | |
| G-BA eine Ethikkommission einzurichten, um sicherzustellen, dass auch bei | |
| Medizinprodukten ethische Fragen berücksichtigt werden. | |
| 16 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Baureithel | |
| ## TAGS | |
| Pränataldiagnostik | |
| Peru | |
| Behinderung | |
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