# taz.de -- Gendiagnostik: Bluttest auf Trisomie 21 | |
> Bundesforschungsministerin Annette Schavan hat risikoarme Gentests für | |
> Schwangere gefördert. Dafür wird sie nun von mehreren Seiten scharf | |
> kritisiert. | |
Bild: Schnell gemacht: Schon wenige Milliliter Blut reichen für den neuen Test. | |
BERLIN taz | Harsche Kritik von Parteikollegen muss sich | |
Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) derzeit anhören. Der | |
Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, warf ihr im | |
Tagesspiegel vor, ihr Haus habe "Behinderten-Diskriminierung in der | |
schlimmsten Form" unterstützt. | |
Konkret geht es um die Entwicklung eines Schwangerentests mit dem ohne | |
Risiko für die werdende Mutter mit hoher Treffersicherheit festgestellt | |
werden kann, ob das heranreifende Kind ein Down-Syndrom, auch Trisomie 21 | |
genannt, hat. Mit 230.000 Euro hatte Schavans Ministerium das | |
Entwicklungsprojekt der Konstanzer Sequenzierfirma GATC und deren Tochter | |
Lifecodexx unterstützt. | |
Für den Test sind lediglich 10 Milliliter Blut aus der Armvene der Mutter | |
notwendig. Da in dem Blutkreislauf der Mutter auch DNA-Fragmente des Fetus | |
zikulieren, kann mittels einer DNA-Sequenzierung und einer | |
Computerauswertung festgestellt werden, ob in dem fetalen Genom das | |
Chromosom Nr. 21 dreifach vorhanden ist. | |
Die bisher eingesetzten Trisomie-21-Tests sind entweder sehr ungenau oder | |
sind mit dem Risiko verbunden, dass ein Schwangerschaftsabbruch ausgelöst | |
wird. Wird ein Down-Syndrom diagnostiziert, folgt zumeist eine Abbruch. | |
Schätzungen gehen davon aus, dass rund 90 Prozent der Föten, bei denen eine | |
Trisomie 21 diagnostiziert wurde, abgetrieben werden. | |
Für Hüppe ist klar, dass es bei dem neuen Test nicht um Therapie geht, | |
sondern um "Selektion". Es sei für ihn nicht hinnehmbar das diese | |
"Rasterfahndung mit dem einzigen Ziel, Menschen mit Behinderung | |
auszusortieren und zu töten", auch noch mit öffentlichen Geldern gefördert | |
werde. Er verstehe seine Parteikollegin Schavan auch nicht, da sie sich bei | |
der Abstimmung um die Präimplantaionsdiagnostik gegen diesen Gencheck | |
ausgesprochen habe. | |
Im Forschungsministerium wird Huppes Kritik als "absurd" zurückgewiesen: Es | |
sei vielmehr "ethisch unvertretbar, die Weiterentwicklung einer in | |
Deutschland angewandten Methode nicht fördern zu wollen, die da ungeborene | |
Leben und die werdende Mutter besser schützen könnte", teilte Thomas Rachel | |
(CDU), Palamentarischer Staatssekrätar im Forschungsministerium mit. Eine | |
Methode, ohne das "Risiko einer Fehlgeburt wäre ein Fortschritt", so | |
Rachel. | |
Unterstützung erhält Hüppe von Peter Liese, Europaabgeordneter der CDU und | |
Mediziner. Er warnt davor, dass durch den sichereren Bluttest der "Druck | |
auf schwangere Frauen" noch zunehmen werde. Inzwischen hat das | |
Biotechunternehmen Lifecodexx bereits mit der klinischen Prüfung begonnen. | |
Bis Ende 2011 sollen Proben von 500 werdenen Müttern getestet werden. | |
Lifecodexx hofft, dann auch schnell den Test auf den Markt zu bringen. | |
1 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
## TAGS | |
Pränataldiagnostik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bluttest für Schwangere: Mehr Transparenz bei Praena-Test | |
Vorerst soll der umstritten Pränataltest zur Erkennung des Downsyndroms | |
eingesetzt werden. Weitere Krankheitsbilder könnten aber folgen. | |
Gesetz zur Präimplantationstechnik: Freie Bahn für Embryonencheck | |
Seit 2011 ist die PID in engen Grenzen straffrei. Die Durchführung wird nun | |
erst geregelt – eine Ablehnung des Tests der Embryonen wird dadurch fast | |
unmöglich. | |
Perfide Werbestrategie der Mediziner: Der Arzt als Chefredakteur | |
Man sollte skeptisch sein, wenn in der Infozeitschrift im Wartezimmer der | |
Arzt als Chefredakteur aufgeführt ist. Arztpraxen nehmen zweifelhafte | |
PR-Dienste in Anspruch. | |
Neue Medikamente: Zielgerichtete Krebstherapien | |
Die Anforderungen an neue Krebsmedikamente steigen. Es wird mehr darauf | |
geachtet, dass sie die Lebensqualität der Patienten nicht zu sehr | |
beeinträchtigen. | |
Kommentar Präimplantationsdiagnostik: Selbstbestimmung geht vor | |
In einer Gesellschaft mündiger Menschen ist es falsch, den Bürgern | |
vorhandenes Wissen und medizinische Diagnostik vorzuenthalten. Den | |
Parlamentariern gebührt Respekt. |