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# taz.de -- Blutuntersuchung auf Down-Syndrom: Gutachter hält Test für illegal
> Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung fordert, den Bluttest
> „PraenaTest“ zu verbieten. Die Untersuchung vor der Geburt soll Trisomie
> 21 feststellen.
Bild: Was ist rechtens, um Wissen über den Bauch zu sammeln - der Bluttest, di…
BERLIN taz | Der vorgeburtliche Bluttest „PraenaTest“ zur Feststellung des
Down-Syndroms bereits in der Frühschwangerschaft ist rechtswidrig. Zu
diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten des Bonner Jura-Professors Klaus
Ferdinand Gärditz im Auftrag des Behindertenbeauftragten der
Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU). „Der Test ist eine Rasterfahndung nach
Menschen mit Behinderungen“, sagte Hüppe am Donnerstag bei der Vorstellung
des Gutachtens. „Er dient der Selektion von Menschen mit Down-Syndrom und
nimmt ihnen das Lebensrecht.“
Der Test des Konstanzer Unternehmens „LifeCodexx“ soll in wenigen Tagen auf
den deutschen Markt kommen; in den USA wird er bereits seit 2011
eingesetzt. Er soll anhand des Bluts der Schwangeren Rückschlüsse auf das
kindliche Erbgut ermöglichen. Konkret geht es darum festzustellen, ob das
Ungeborene Trisomie 21 hat, also das Down-Syndrom.
Der Hersteller wirbt mit einer risikofreien Untersuchung im Vergleich zur
Fruchtwasseruntersuchung, die ein Fehlgeburtsrisiko von etwa 1 Prozent
birgt. Pränataldiagnostiker gehen indes davon aus, dass der Bluttest die
Fruchtwasseruntersuchung möglicherweise nicht komplett wird ersetzen
können.
Der Rechtswissenschaftler Gärditz erklärte, der Test dürfe überhaupt nicht
angewendet werden. Er verstoße gegen das grundgesetzlich garantierte
Diskriminierungsverbot. Danach müsse der Staat verhindern, dass behinderte
Menschen vorgeburtlich routinemäßig aussortiert würden. „Dieser Schutz wird
am besten durch Nichtwissen gewährleistet“, sagte Gärditz.
## Kein staatliches Zulassungsverfahren
Daneben sei der Test unvereinbar mit dem Gendiagnostikgesetz. Dieses
erlaube vorgeburtliche Untersuchungen nur, wenn sie therapeutischen Zwecken
dienten. Trisomie 21 sei aber nicht therapierbar. Im Gegensatz dazu stelle
die Fruchtwasseruntersuchung „eventuell“ auch noch behandelbare
Behinderungen fest, sagte Gräditz. In der Praxis freilich dienen
Fruchtwasseruntersuchungen bloß dazu, das Down-Syndrom zu diagnostizieren.
Die zuständigen Landesaufsichtsbehörden sollten den Test wegen fehlender
Verkehrsfähigkeit verbieten, forderten Gräditz und Hüppe. Praktisch dürfte
dies schwierig werden. Denn der Bluttest ist ein Medizinprodukt, für das es
in Europa kein strenges staatliches Zulassungsverfahren wie etwa für
Arzneimittel gibt – und damit auch wenig behördliche Handhabe.
Ein Medizinprodukt, dessen technische Funktionsfähigkeit nachgewiesen ist,
darf verkauft werden. Gegen entsprechende Gesetzesänderungen hat sich
zuletzt im Implantate-Skandal Hüppes CDU gewehrt. Auch eine mögliche
Bestrafung von Ärzten oder Müttern, die den Test anwenden, gilt als schwer
umsetzbar: Dazu müssten sich diese selbst anzeigen.
5 Jul 2012
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Pränataldiagnostik
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