| # taz.de -- Die Wahrheit: Das war's mit dem Fahrrad! | |
| > Nach dem vierten oder fünften Unfall ist es genug. Ich habe keine Lust | |
| > mehr, mich karatemäßig über die küchengroßen Kühler von Geländewagen | |
| > abzurollen. | |
| Bild: Sollen am Moritzplatz weniger werden: Unfälle zwischen Autos und Fahrrä… | |
| Neulich hatte ich wieder einmal einen Unfall mit dem Fahrrad. Fuhr über die | |
| grüne Ampel, und da war dieser dünnschissfarbene Geländewagen von Volvo. | |
| Ich sah genau, dass der Fahrer in die falsche Richtung schaute, während er | |
| rechts blinkte, und ich dachte: „Das kann nicht sein, oder? Dass der mich | |
| nicht sieht!“, aber es konnte durchaus sein, der schaute einfach in die | |
| falsche Richtung, und noch bevor ich ans Bremsen denken konnte … na ja, man | |
| kennt das ja aus den entsprechenden Statistiken. | |
| Es war mein vierter oder fünfter Unfall nach dem gleichen | |
| Slapstickdrehbuch. Noch jedes Mal gelang es mir, mich karatemäßig über die | |
| Motorhaube abzurollen und – anders als mein Fahrrad – mit dem Schrecken und | |
| leichteren Prellungen sowie Schürfwunden davonzukommen. So auch diesmal, | |
| obwohl das Abrollen über eine einbauküchengroße Kühlerlandschaft kniffliger | |
| zu bewerkstelligen ist als etwa das Abrollen über die flache Schnauze eines | |
| Jaguars E. | |
| Kurioserweise war ich gerade auf dem Weg zu meinem Motorradhändler. Das | |
| Moped, heißt es, sei ein irrsinnig gefährliches Vehikel, man kennt das ja | |
| aus entsprechenden Statistiken. Seltsamerweise bewege ich seit inzwischen | |
| einem Vierteljahrhundert nicht eben schwachbrüstige Krafträder, ohne dass | |
| mir jemals etwas passiert wäre – diesen einen Vorfall im Schwarzwald | |
| ausgenommen, als ich beim bekifften „In die Landschaft gucken“ schlicht | |
| vergessen hatte, zum Anhalten die Füße auf den Boden zu stellen. Sobald ich | |
| mich aber auf ein Fahrrad setze, ist es, als dächte mein Schutzengel: „Ach | |
| Gottchen, ein Fahrrad! Wie putzig. Soll er strampeln, ich lege jetzt mal | |
| die Beine hoch …“ | |
| Dabei sehe ich die Sache ganz anders als mein Schutzengel und weiß, wie | |
| gefährlich das Radeln ist. Radfahrer sind im Verkehr stehende Hindernisse. | |
| Ihre Knautschzone ist der Luftraum. Aufreizend unbeschwert halten sie | |
| tonnenschweren Ungetümen ihre verletzlichen Weichteile hin, als wollten sie | |
| sagen: „Tut mir nichts, sonst …!“ Sonst was? Sonst werde ich zermalmt, und | |
| dann kannste mal sehen? | |
| Ich begreife das nicht. Auch nicht, warum Müttern mit arglosem Nachwuchs im | |
| grotesken Anhänger nicht ambulant das Sorgerecht entzogen wird. Oder ob | |
| Liegeradfahrer wirklich glauben, ihr lächerlicher Winkewimpel könne sie vor | |
| mahlenden Zwillingsreifen bewahren. | |
| Radfahrer sind im Recht und wünschen, die Welt möge dies anerkennen und | |
| sich zu ihren Gunsten verändern. Es ist, als führen sie nicht mit | |
| Muskelkraft, sondern angetrieben und zugleich gepanzert vom eigenen guten | |
| Gewissen. Würde das Fahrrad heute erfunden, es müsste morgen aus | |
| Sicherheitsgründen verboten werden. Abgesehen von der entwürdigenden | |
| Prozedur, immer dann seine Reifen aufpumpen zu müssen, wenn gerade nicht | |
| die Kette abgesprungen oder es mal wieder gestohlen worden ist. | |
| Jedenfalls war’s das jetzt mit mir und dem Fahrrad. Endgültig. Ich werde | |
| mich sichereren Fortbewegungsmitteln widmen. Apnoetauchen oder | |
| Wingsuitfliegen. Ob’s hilft, das entnehmen Sie bitte den entsprechenden | |
| Statistiken. | |
| 24 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Arno Frank | |
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