# taz.de -- Gift im Grün: „Pestizide im Urin“ | |
> Zur Verbraucherministertagung in Osnabrück bekräftigt das Aktionsnetzwerk | |
> „Campact“ die Forderung nach dem wohl krebserregenden Pflanzensprühmittel | |
> Glyphosat. | |
Bild: Wo Glyphosat hinfällt, wuchern statt Beikräutern höchstens Tumore | |
taz: Herr Neubauer, wie schädlich ist das Pflanzenschutzmittel Glyphosat? | |
Gerald Neubauer: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat im | |
März als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen eingestuft. Das ist die | |
zweithöchste Risikostufe im System der WHO und das basiert auf neuen | |
Studien aus den USA, Kanada und Schweden, wo ein Zusammenhang zwischen | |
einer erhöhten Glyphosatbelastung und dem Auftreten von bestimmten | |
Krebsarten hergestellt wurde. | |
Aber das Unkrautvernichtungsmittel ist doch für jedermann in Baumärkten und | |
Gartencentern frei verkäuflich. | |
Ja, weil das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung Glyphosat nach wie | |
vor für unbedenklich hält. Deshalb wird es unter zahlreichen Handelsnamen | |
in Baumärkten vertrieben. | |
Wo wird Glyphosat eingesetzt? | |
Insbesondere im Getreideanbau wird es ganz regulär verwendet. Aber auch bei | |
Privatanwendungen: Kleingärtner sprühen das in ihre Gärten, Hausmeister | |
säubern damit die Gehwege und auch in Parkanlagen wird es eingesetzt. Es | |
ist praktisch überall. Nicht zu unterschätzen ist, dass es in Südamerika | |
auch in großen Mengen bei der Futtermittelproduktion verwendet wird, was | |
dann hierzulande in den Futtertrögen bei Schweinen und Rindern landet. Das | |
ist besonders in den norddeutschen Massentierhaltungsställen der Fall. | |
Ist es dann auch im Menschen nachweisbar? | |
Der Umweltverband BUND hat dazu eine Studie gemacht, die zu dem Ergebnis | |
kam, dass bei 70 Prozent aller Urinproben bundesweit, die sie in dieser | |
Studie genommen haben, Glyphosate nachweisbar waren. | |
Wieso tragen die Treckerfahrer, die die Herbizide auf den Ackern verteilen, | |
dann keinen Mundschutz? | |
Wenn ich das selber zu entscheiden hätte, würde ich es als Landwirt gar | |
nicht erst aufbringen. | |
Glyphosat hat aber doch auch Vorteile, da vom ohnehin schon | |
erosionsgefährdeten Boden nicht noch mehr Erde abgetragen wird. | |
Für uns ist vollkommen klar, dass wenn ein Pestizid als krebserregend | |
verdächtigt wird, Wege gefunden werden müssen, wie die Landwirtschaft ohne | |
dieses chemische Pestizid auskommt. | |
Was sollten Bauern stattdessen verwenden? | |
Der ökologische Landbau beweist seit vielen Jahrzehnten schon, dass eine | |
Landwirtschaft ohne Pestizide möglich ist. Im Idealfall steigen die | |
Landwirte auf ihn um. Denn da gibt es zahlreiche Methoden – etwa eine | |
vielfältigere Fruchtfolge oder den Einsatz von mechanischen | |
Unkrautbekämpfungsmitteln. | |
Glauben Sie, das die EU dieses Jahr erneut grünes Licht für das umstrittene | |
Unkrautvernichtungsmittel geben wird? | |
Ich erwarte eigentlich als Bürger, dass sich die EU-Kommission gegen eine | |
erneute Zulassung des Glyphosats entscheiden wird. Wie diese | |
Auseinandersetzung ausgeht, hängt natürlich auch ganz stark davon ab, wie | |
die politische Auseinandersetzung in den nächsten Wochen weitergeht. Dabei | |
spielt Deutschland eine ganz entscheidende Rolle. | |
Inwiefern? | |
Weil es in den Zulassungsverfahren der EU-Kommission Berichterstatter ist | |
und damit einen besonderen Einfluss auf die Entscheidung hat. | |
Was hätte ein Verbot des Pestizids für Flächenländer für Folgen, wie es der | |
niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) erwägt? | |
Es wäre ein starkes Signal dafür, dass die bisherige konventionelle | |
Landwirtschaft, die auf Totalherbizide setzt, in dieser Form nicht | |
weitergehen kann. | |
8 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Vanessa Ranft | |
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