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# taz.de -- Glyphosat in Muttermilch: „Wahrscheinlich krebserregend“
> Stillen soll gut fürs Kind sein. Nun finden sich in der Muttermilch
> deutscher Frauen Rückstände des Unkrautvernichters Glyphosat.
Bild: Noch ist umstritten, ob Glyphosat gesundheitsschädlich ist.
Berlin dpa | Angesichts von Rückständen des Unkrautvernichters Glyphosat in
Muttermilch-Proben warnen die Grünen vor möglichen Gesundheitsrisiken. Sie
haben die Muttermilch von 16 stillenden Frauen aus verschiedenen
Bundesländern auf Belastungen testen lassen. Dabei wurden Glyphosat-Mengen
zwischen 0,210 und 0,432 Nanogramm pro Milliliter Milch gemessen – für
Trinkwasser sind den Angaben zufolge 0,1 Nanogramm zulässig. Ein Nanogramm
ist ein milliardstel Gramm. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht
derzeit „keinen Anlass, seine vorläufige Bewertung des Wirkstoffs zu
ändern“.
Irene Witte, Professorin am Institut für Toxikologie der Universität
Oldenburg, nannte die Werte „untragbar“. „Ich hätte nicht mit solch hohen
Rückstandswerten in der Muttermilch gerechnet, da Glyphosat stark wasser-
und nicht fettlöslich ist.“ Der Deutschen Presse-Agentur sagte die
Wissenschaftlerin, aus 16 Proben könne man keine endgültigen Schlüsse
ziehen, aber sie seien ein erster Hinweis. Sie forderte, die Untersuchungen
dringend auf mehr Frauen auszuweiten und dabei auch deren
Ernährungsgewohnheiten zu betrachten.
Glyphosat kommt nach Angaben des Agrarministeriums seit 1974 vor allem bei
der Unkrautbekämpfung zum Einsatz. Getreide und Raps werden demnach aber
zum Teil auch noch vor der Ernte damit behandelt.
Umstritten ist, ob Glyphosat die Gesundheit schädigt. Das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sieht in einem Bericht
von Dezember 2013 keine Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte
den Wirkstoff dagegen im März dieses Jahres als „wahrscheinlich
krebserregend“ ein.
## Genehmigung für Glyphosat läuft aus
Witte sagte der dpa, wenn Glyphosat wirklich krebserregend sei, dann müsse
man jede Belastung als bedeutsam betrachten. „Hier gelten dann auch
keinerlei Grenzwerte mehr. Jedes Molekül könnte schon Krebs erzeugen.“ Eine
hohe Konzentration vergrößere aber natürlich noch die Wahrscheinlichkeit
einer Erkrankung.
Das Thema ist auch aktuell, weil die Genehmigung für Glyphosat in der
Europäischen Union Ende des Jahres ausläuft und der Wirkstoff für eine
Verlängerung neu geprüft wird. Deutschland hat dabei als zuständiger
Berichterstatter eine herausgehobene Position – und auf Grundlage des
BVL-Berichts zunächst keine Bedenken angemeldet.
Ein Ministeriumssprecher teilte auf Anfrage mit, der Bericht sei „nach
intensiver und sorgfältiger fachlicher Prüfung aktueller Erkenntnisse
erstellt“ worden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung will sobald die
nötigen Daten vollständig vorliegen, diese eingehend prüfen und „in die
Gesamtbewertung des Wirkstoffs auf EU-Ebene einfließen“ lassen. Das
Institut weist allerdings auch darauf hin, dass die bekannten ELSA-Tests
für die „Bestimmung von Glyphosat in Wasserproben vorgesehen“ sind, eine
Eignung für Milch sei nicht belegt. Außerdem läge der Höchstgehalt für
Pestizidrückstände in Babynahrung bei 0,01 Milligramm pro Kilogramm
Fertignahrung – somit um etwa hundertfach höher als der zitierte
Trinkwasserwert.
Die Grünen forderten Konsequenzen. „Die Bundesregierung muss Glyphosat aus
dem Verkehr ziehen, bis die Frage der krebsauslösenden Wirkung geklärt
ist“, sagte die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn. Der
Grünen-Obmann im Bundestags-Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft,
Harald Ebner, sagte: „Jetzt muss wirklich Schluss sein mit der
Glyphosat-Verharmlosung.“ Die Regierung müsse die Belastung „dringend
untersuchen und entsprechende Schutzmaßnahmen für Schwangere, Stillende und
Säuglinge auf den Weg bringen“.
26 Jun 2015
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