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# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
> Betreuungsgeld kann man zu den Erziehern umleiten, Hollywood spricht von
> KZ-Porno, und IG-Tampax wäre ein schönerer Name als DGB.
Bild: Jetzt dürfen sich wieder alle aufregen, dass es so voll auf den Bahnstei…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: 4 Stunden Stau wegen Vollsperrung auf der A1 vor
Kreuz Leverkusen.
Und was wird besser in dieser?
Viele nutzen bei schönem Wetter die Gelegenheit, auszusteigen, sich zu
sonnen und über den skandalösen Lokführerstreik zu schimpfen.
In enger Absprache mit dem Rüstungskonzern Heckler & Koch haben führende
Beamte des Verteidigungsministeriums mithilfe des MAD versucht, kritische
Berichterstattung über das Pannengewehr G36 zu verhindern. Geht’s noch?
Klar! Wenn umgekehrt Journalisten versuchen, mithilfe des Ministeriums
etwas über Heckler & Koch herauszufinden, funktioniert’s ja auch nicht. Mit
Blick auf die BND/NSA-Praxis dürfte sich der Rüstungshersteller ordentlich
ärgern: Deutsche Dienste spitzeln für die US-Konkurrenz, doch er muss
leider draußen bleiben.
Apropos: Zunehmend präsentiert sich das Verteidigungsministerium als
Schwanz, der so tut, als könne er mit dem Hund Rüstungsindustrie wackeln.
Ausschussmitglied van Aken, Linke, resümiert: Man wisse nicht, wo Heckler &
Koch aufhöre und das Ministerium anfange. Stimmt, vermutlich hört H&K nicht
auf und fängt das Ministerium einfach nicht an, eines zu sein.
Seit Freitag wird in deutschen Kitas unbefristet gestreikt, die Erzieher
kämpfen für mehr Geld. Wofür würden Sie auf die Straße gehen?
Für die Umleitung des Popanzes „Betreuungsgeld“ zu den unterbezahlten
ErzieherInnen.
Noch mal Streik. Die Deutsche Bahn hat gerade den längsten Ausstand erlebt.
Viele Pendler sind genervt, GDL-Chef Weselsky bezeichnet Angebote der Bahn
als PR-Gag, CSU-Politiker rufen zur Zwangsschlichtung auf. Wer hat hier
eigentlich den größten Knall?
Im internationalen Vergleich haben wir wohl eher ein schamhaft
mittelkleines Peng. Wobei in Frankreich nur die privatwirtschaftlichen
Streiks erfasst werden, in USA lediglich Ausstände mit mehr als 1.000
Streikenden. Hier ist die Gewerkschaft Äpfel, Birnen, Taschenrechner
dringend zur Tarifeinheit gerufen. Jedenfalls: Was die Kapitalseite an
Horrorzahlen über volkswirtschaftliche Folgen des Bahnstreiks ausreicht,
läse man gern mal wöchentlich auf die Staus im Straßenverkehr bezogen.
Der Staat hat mit dem Mindestlohn die Tarifhoheit verletzt, notgedrungen;
doch logisch möchten manche nun den nächsten Schritt machen und den
Tarifkampf durch Selbstgespräche ersetzen. Wobei „zwangsschlicht“ manches
Argument zutreffend beschreibt. Etwa den Wunsch, der DGB möge die alles
kalmierende Kuschelgewerkschaft bleiben, inklusive Umbenennung in IG Tampax
(„Tampax-Tage spürt man nicht“).
70 Jahre nach dem Tag der Befreiung. Muss Deutschland heute wieder Angst
vor Nazis haben?
Die Massierung des Gedenkens macht Sinn, es sind neue Erkenntnisse
hinzugekommen und erst recht jüngere Generationen, die vieles neu erfahren
müssen. Und doch: Vieles vom ästhetisierten Erzählen – der gute deutsche
Hitler-Attentäter Elser; die trotzdem guten deutschen KZler in „Nackt unter
Wölfen“, die „Wir waren doch auch Opfer“-Filme wie „Unsere Väter, uns…
Mütter“ färben das Narrativ um.
Aus kommerziellen wie erzählerischen Zwängen wird thrilliger Kuschelhorror
draus. „Distanzvokabeln“ nennt der Historiker Götz Aly den gängigen
Sprachgebrauch dazu; und in Hollywood rubriziert man entsprechende Filme
als „KZ-Porno“.
Kurz: Was immer man über die deutsche Vergangenheit lernen kann, ist heute
Syrien, Libyen, Mittelmeer oder einfach auch nur große Schnauze gegenüber
den Opfern und Befreiern von damals. Es geht um die Gegenwart der
Vergangenheit.
Wie jedes Jahr strömten wieder sämtliche Medienleute zur re:publica nach
Berlin, um gemeinsam Club Mate zu trinken. Und, alles schlimm im Netz?
Kaffee! Ich hatte einen Kaffee dort. Mutete an wie eine Friedensbewegung,
die zum ersten Mal ihren Frieden mit Technik und Geld gemacht hat. Da
prahlt Bild mit seinen viralen Videos, die Veranstalter setzen wuchtig das
Thema „Flüchtlinge“ und überall gibt’s Gratiskippen vom Sponsor und
Rauchverbot.
Und was machen die Borussen?
Was macht eigentlich der damals 41-jährige Dortmunder Martin H., der sich
2011 die Schale und das Gesicht von Jürgen Klopp hat auf den Rücken
tätowieren lassen? Wenn es je zu einer Neuverfilmung von „Das Bildnis des
Dorian Gray“ kommt, wäre das eine origineller Weg.
FRAGEN: CZ, MAB
10 May 2015
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
Heckler & Koch
re:publica
GDL
Kita
Streik
Betreuungsgeld
Cyberattacke
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Volkswagen
Schwerpunkt AfD
Horst-Wessel-Lied
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