# taz.de -- Kommentar Flüchtlingsversorgung: Krankes Leistungsgesetz | |
> Asylsuchende sind Patienten zweiter Klasse. Die Regierung muss auf | |
> EU-Geheiß nachbessern. Sie sollte einfach das Asylbewerberleistungsgesetz | |
> streichen. | |
Bild: Ein Besuch beim Arzt. Eigentlich nicht so schwer, für Flüchtlinge ist e… | |
Es ist eines der hässlichsten Residuen des Asylkompromisses von 1993: die | |
Regelung zur Gesundheitsversorgung. Behandelt werden Asylsuchende nur, wenn | |
sie „akut“ erkrankt sind oder an Schmerzen leiden. Ganze Diagnosekomplexe | |
wurden von der Versorgung ausgenommen. Menschen sind deshalb gestorben, | |
erblindet, die Leiden vieler haben verschlimmert, obwohl das vermeidbar | |
gewesen wäre. Doch der Staat mochte nicht darauf verzichten, eine Flucht | |
nach Deutschland auch auf diese Weise unattraktiv zu machen. | |
Die eingeschränkte Gesundheitsversorgung war eine der Schikanen des | |
Asylbewerberleistungsgesetzes. Das war – nach Jahren des Protestes – 2014 | |
entschärft worden. Die Versorgung zweiter, wenn nicht dritter Klasse für | |
Asylsuchende aber blieb. | |
Jetzt gibt es Gelegenheit umzusteuern: Bis August muss die Bundesregierung | |
eine neue Richtlinie der EU umsetzen, die die Aufnahme von Flüchtlingen | |
europaweit vereinheitlicht. Darin steht auch, welche Art medizinischer | |
Versorgung es zu geben hat: Nämlich „die unbedingt erforderliche Behandlung | |
von Krankheiten“. Die Formulierung bietet Auslegungsspielraum, geht aber | |
fraglos über das hinaus, was heute in Deutschland gilt. | |
Ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Aufnahmerichtlinie hat die Bundesregierung | |
noch nicht vorgelegt. Sie könnte es sich einfach machen – und das | |
Asylbewerberleistungsgesetz komplett streichen. Dann kämen nicht nur | |
Asylsuchende automatisch in den Genuss der Regelversorgung per | |
Krankenkasse. Außerdem wäre es eine faire, tragfähige Lösung für den Streit | |
zwischen Bund und Ländern um die Kosten für die Flüchtlingsversorgung | |
insgesamt. Denn die bekämen dann ALG II vom Bund, die Kosten für die | |
Unterbringung und Heizung könnten Kommunen und Länder sich teilen. | |
11 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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