# taz.de -- Energiewende in Griechenland: Solarstrom in Bürgerhand | |
> In Griechenland scheint an über 300 Tagen im Jahr die Sonne, doch das | |
> Land setzt auf Braunkohle. Jetzt wollen Bürger die Selbstversorgung. | |
Bild: Solaranlagen – wie diese auf Kreta – gibt es in Griechenland noch vie… | |
BERLIN taz | Der Sonnengott Helios ist Griechenland sehr gnädig. Dennoch | |
wühlen sich die Räder der Braunkohlebagger weiter ins Innere der zwei | |
großen griechischen Tagebaue in Ptolemaida und Megalopolis. Das nach dem | |
Sonnengott benannte große Solarpark-Projekt hingegen liegt brach. Mit | |
Helios wollte Griechenland erneuerbaren Strom bis nach Deutschland liefern. | |
2015 sollte es losgehen. Heute schweigt man über das Milliardenprojekt – | |
von deutscher wie griechischer Seite. Die Schuldenkrise und Bürgerproteste | |
ließen die Idee eines Zehn-Gigawatt-Kraftwerkes platzen. | |
Die griechische Braunkohle gehört zu den ineffizientesten und damit | |
dreckigsten Sorten weltweit, die Inseln importieren klimaschädlichen | |
Diesel. Im Vergleich dazu spielt Erdgas noch eine geringe Rolle. Für Umwelt | |
und Klima ist der griechische Energiemix Gift, den krisengebeutelten Staat | |
belastet seine Energieversorgung aber vor allem auch finanziell. Seine | |
Ölimporte etwa kosten ihn jetzt schon jährlich 400 Millionen Euro. Was | |
passiert, wenn die griechischen Kohlereserven irgendwann aufgebraucht sind, | |
ist unklar. | |
Die neue griechische Regierung redet gern von grüner Ökonomie und | |
Erneuerbaren, hat aber bereits ein neues Kohlekraftwerk auf den Weg | |
gebracht. „Die billigste Energiequelle ist und bleibt die Kohle“, erklärt | |
Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis (Syriza). „Bei der Energieversorgung | |
der Zukunft fehlt Griechenland noch der Masterplan“, räumt er aber ein. Man | |
wolle mehr Erdgas importieren, um aus Umweltgründen das Erdöl überflüssig | |
zu machen. Und: „Natürlich wollen wir mehr auf erneuerbare Energien | |
setzen.“ | |
Doch dafür braucht es auch in Griechenland einen Netzausbau. Der ist teuer, | |
und die bestehenden Netze sind weitgehend veraltet. Wo die Politik noch | |
reichlich konzeptlos daherkommt, haben Bürger schon mal nachgedacht und | |
gehandelt: Die Insel Sifnos, rund fünf Fährstunden von Athen entfernt, will | |
sich als erste griechische Insel zu 100 Prozent erneuerbar versorgen. | |
## „Wir übernehmen die Netze, wenn man uns nur lässt“ | |
Bereits 80 der 2.500 Bewohner haben sich zu einer | |
Bürgerenergiegenossenschaft zusammengeschlossen und Geld gesammelt. Es ist | |
eine von dreien, die in Griechenland in den vergangenen Jahren gegründet | |
wurden. „Wir übernehmen die Netze gern, wenn man uns nur lässt“, erklärt | |
Apostolos Dimopoulos, Gründer der Insel-Genossenschaft. „Wir haben hier das | |
Meer, Sonne und Wind – und nichts davon nutzen wir für unsere | |
Energieversorgung“, sagt Dimopoulos. | |
Wie auf allen anderen über 100 bewohnten griechischen Inseln wird die | |
Energieversorgung von Sifnos bisher mit Diesel sichergestellt. Das wollen | |
Dimopoulos und seine Mitstreiter ändern. Bald soll ein Wellenkraftwerk die | |
Entsalzungsanlage der Insel mit Strom versorgen, ein Solarpark entstehen | |
und es sollen drei traditionelle Windmühlen mit Turbinen ausgestattet | |
werden. | |
„Die dezentrale Nutzung erneuerbarer Energien kann vor allem die Inseln | |
unabhängiger von teuren Importen machen“, hofft auch Wirtschaftsminister | |
Stathakis. | |
Das Bürgerengagement werde allerdings nicht ausreichen, warnt | |
Greenpeace-Kampagnenleiter Dimitris Ibrahim. „Für eine richtige | |
Energiewende brauchen wir neben den Bürgerkraftwerken auch mehr große | |
Projekte.“ Zwar hat Griechenland seit 2010 eine Art Energiewende-Gesetz, | |
das bis zum Jahr 2020 einen Erneuerbaren-Anteil von 20 Prozent im ganzen | |
Energiemix und von 40 Prozent im Stromsektor als Ziel setzt. „Unseren | |
Gesetzen fehlen aber die konkreten Maßnahmen“, beklagt der Umweltschützer. | |
„Sie treiben die Regierung nicht dazu, wirklich eine Energiewende | |
einzuleiten.“ | |
11 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Götze | |
Susanne Schwarz | |
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