# taz.de -- Gipfel USA und Golfstaaten: Obamas Balanceakt am Golf | |
> Der Präsident forciert den Abschluss des Atomdeals mit dem Iran. Die | |
> Golfstaaten fürchten einen wachsenden Einfluss Teherans. Zu Recht. | |
Bild: Treffen von Vertretern der Golfstaaten mit US-Präsident Barak Obama in C… | |
KAIRO taz |Wie kommt man mit dem Iran ins Geschäft ohne dessen Rivalen | |
Saudi-Arabien und die Golfstaaten als Partner zu verlieren? Das ist das | |
Gebot der Stunde amerikanischer Außenpolitik. Um die Golfstaaten an Bord zu | |
behalten, hatte US-Präsident Barak Obama die autokratischen Könige, Emire | |
und Sultane eingeladen, um zwei Tage zurückgezogen in Camp David über die | |
Rückkehr des Iran und die Folgen für den Golf zu debattieren. Die Staaten | |
fürchten zu Recht, dass ein erstarkender Iran in der Region auf ihre Kosten | |
mehr Einfluss gewinnen wird. | |
Nach den Gesprächen bot Obama den Golfstaaten Unterstützung an, um sich | |
gegen Raketenangriffe, Angriffe auf See und Cyberattacken verteidigen zu | |
können. Doch was Obama auf einer anschließenden Pressekonferenz als | |
"eiserne Verpflichtung" bezeichnete, ist weit weniger als die Golfstaaten | |
erhofft hatten. Mit einem baldigen möglichen Ende der internationalen | |
Sanktionen gegen den Iran, hatten sie einen Sicherheitspakt mit den USA | |
aushandeln wollen, ähnlich wie die amerikanische Beistandsverpflichtung | |
gegenüber Japan oder Südkorea. | |
Die ganze Veranstaltung stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Denn | |
einige Golfstaaten, allen voran die Saudis, hatten den US-Gastgeber bereits | |
vor Beginn der Gespräche brüskiert. Der König von Saudi Arabien, Salman, | |
ließ sich entschuldigen, er habe Wichtigeres zu tun. Der Krieg oder besser | |
gesagt, die momentane saudische Feuerpause im Jemen, bedürfe als Chefsache | |
seiner Anwesenheit im eigenen Land. Stattdessen entsandte er seinen | |
Kronprinzen. | |
Auch sein royaler Kollege aus Bahrain weilte lieber auf einer Pferdeschau, | |
als der Einladung des US-Präsidenten Barack Obama nach Camp David zu | |
folgen. Andere Sultane und Emire am Golf waren aufgrund ihres Alters oder | |
einer Krankheit nicht mehr reisefähig und schickten Ersatz. Nur der Emir | |
von Kuwait und von Katar waren der Einladung persönlich gefolgt. | |
## Washingtons Flirt mit Iran | |
Es ist ein umfassender amerikanischer Strategiewechsel, wenn Washington in | |
der P5+1-Gruppe – also mit den fünf ständigen Mitgliedern des | |
UN-Sicherheitsrats und Deutschland – mit dem Iran bis zum 30. Juni ein | |
detailliertes Atomabkommen abschließt, nachdem man sich bereits auf die | |
Eckpunkte eines Nukleardeals geeinigt hatte. Dazu kommt, dass Washington | |
mit Tehran als einem potenziellen Partner im Kampf gegen den IS flirtet. | |
Das alles ist so gar nicht nach dem Geschmack der Golfstaaten, die in einem | |
Erstarken ihres regionalen Rivalen Iran eine Bedrohung ihrer nationalen | |
Sicherheit sehen. Obama hat in Camp David argumentiert, dass ein | |
Nukleardeal das zivile iranische Atomprogramm transparenter mache und | |
verhindere, dass der Iran in den nächsten 15 bis 20 Jahren Atomwaffen baue. | |
Damit trage er auch zur Sicherheit der Golfstaaten bei. | |
Die sind aber wenig von diesem Argument überzeugt und haben immer wieder | |
gedroht, eigene Atomprogramme aufzulegen. Der saudische Außenminister Adel | |
al-Jubeir erklärte nach dem Treffen in Camp David, sein Land werde mit | |
seinem Urteil warten, bis ein endgültiges Abkommen mit dem Iran geschlossen | |
sei. | |
Das Jahr 2015 ist nicht das Jahr der Saudis. Die Rückkehr des Iran auf die | |
internationale politische Landkarte ist nicht das einzige Problem Riads. Im | |
Norden, im Irak, hat sich das Kalifat des Islamischen Staates festgesetzt. | |
Dieses setzt dem wahabitischen saudischen religiösen Establishment seine | |
eigene, noch erzkonservativere und militante, Islaminterpretation entgegen, | |
die durchaus auch in Saudi-Arabien Anhänger findet. | |
Im Süden der Arabischen Halbinsel ist nach sieben Wochen saudischem | |
Bombardement auch deutlich geworden, dass dieser Krieg trotz kompletter | |
saudischer Kontrolle des jemenitischen Luftraumes militärisch nicht zu | |
gewinnen ist. Die Houthis und ihr Bündnispartner, der ehemalige Diktator | |
Ali Abdallah Saleh, konnten bisher nicht ernsthaft geschwächt werden. Dafür | |
steht der Jemen, eines der ärmsten Länder der Welt, vor dem Zusammenbruch. | |
Hilfsorganisationen prophezeien eine humanitäre Katastrophe. | |
## Entfremdung wächst | |
Der internationale Druck, diesen Krieg zu beenden und eine | |
Verhandlungslösung zu finden, wird steigen. Wenn das geschieht, dann muss | |
sich der neue König intern unangenehme Fragen stellen lassen, warum er | |
diesen Krieg überhaupt begonnen hat. Dazu kommt ein niedriger Ölpreis, der | |
dazu führt, dass nicht mehr im ganzen Land Milch und Honig fließen. | |
Das Ganze kommt zu einer Zeit, in der bei den Herrschern in Saudi-Arabien | |
ein Generationenwechsel stattfindet. König Salman hat mit seinem Neffen | |
Muhammad Bin Nayef einen neuen Kronprinzen eingesetzt und seinen Sohn | |
Muhammad zum Verteidigungsminister erkoren. Der mit 40 Amtsjahren | |
dienstälteste Außenminister der Welt, Prinz Faisal Al-Saud, wurde durch | |
Adel Al-Jubeir ersetzt, ein Technokrat, der nicht aus dem Königshaus | |
stammt. | |
Wie die neue saudische autokratische Führungsriege mit all den neuen | |
Herausforderungen umgehen wird, muss sich noch herauskristallisieren. Obama | |
selbst hatte sich vor kurzem in einem Interview sehr kritisch über die | |
Führung der Golfstaaten geäußert. Deren größte Bedrohung sei nicht eine | |
iranische Invasion, erklärte er, sondern eine wachsende innere Unruhe – | |
aufgrund einer Bevölkerung, die sich von den Herrschern entfremde, weil | |
diese keine legitimen politischen Kanäle zuließe, über die die Bevölkerung | |
ihrem Ärger Luft machen könne. | |
15 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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