# taz.de -- Anschlag in Kenia: 147 Tote bei Jagd auf Christen | |
> Es war der tödlichste Angriff der Shabaab-Extremisten in Kenia. Zeugen | |
> zufolge gingen die Angreifer durch die Universität und suchten gezielt | |
> nach Nichtmuslimen. | |
Bild: Ein Überlebender des Anschlags am Donnerstag. | |
NAIROBI taz | Kenia feiert kein Ostern, sondern trauert um 147 Menschen. | |
Sie sind am Donnerstag ums Leben gekommen, Opfer eines Angriffs der | |
somalischen islamistischen Terrororganisation al-Shabaab auf den Campus | |
einer [1][Universität in Garissa] im Nordosten des Landes, etwas mehr als | |
hundert Kilometer von der Grenze zu Somalia entfernt. Ungefähr achtzig | |
Menschen wurden verletzt. Vier maskierte Angreifer wurden von | |
Sicherheitskräften getötet, der fünfte festgenommen. | |
Gestern wurden die Opfer von Garissa nach Nairobi geflogen, wo Familien sie | |
abholen für die Beerdigung. Es gab herzzerreißende Szenen. Ondieki Michina | |
wartete beim Leichenhaus vom Kenyatta-Krankenhaus in Nairobi auf | |
Nachrichten über seinen Sohn, der in Garissa studierte. Er hat seit | |
Mittwoch nichts von ihm gehört, sein Handy antwortet nicht. Der Vater | |
fürchtet das Schlimmste. „Er ist nur 25 und hat so viele Träume. Ich bete, | |
dass ich ihn hier nicht finde.“ | |
Die Studenten schliefen noch, als die Angreifer sich frühmorgens einen Weg | |
auf den Campus freischossen. Nur zwei Polizisten bewachten das University | |
College in Garissa. Die Angreifer versammelten die Studenten, ließen | |
Muslime laufen und richteten Christen auf der Stelle hin. Ein Terrorist | |
rief die Eltern eines seiner Opfer mit dessen Handy an. „Um sieben Uhr | |
morgens rief er an und sagte, er hat unsere Tochter erschossen, aber sie | |
atmet noch“, erzählte Fred Musinai der Zeitung Star. „Er sagte, dass die | |
kenianische Armee Kinder, Frauen und Alte in Somalia töte und dass er auf | |
Rachemission war. Um ein Uhr mittags rief er nochmal an, um zu sagen, dass | |
unsere Tochter tot war.“ Der Anrufer habe Swahili mit einem starken | |
somalischen Akzent gesprochen. | |
Al-Shabaab versucht immer wieder, Feindschaft zwischen Christen und | |
Muslimen in Kenia zu säen, in der Hoffnung, mehr Muslime hinter sich zu | |
scharen. Armee und Polizei in Kenia gehen bei der Suche nach Terroristen | |
oft sehr hart gegen ethnische Somalis und Muslime vor. Massenverhaftungen | |
von Unschuldigen verursachen große Unzufriedenheit. Eine aktuelle Studie | |
zeigt, dass in den letzten Jahren mehr Kenianer als Somalis al-Shabaab | |
beitraten. | |
Auch der Angriff von Garissa wurde von einem Kenianer organisiert. Die | |
kenianische Regierung bezeichnet Mohamed Kuno als Drahtzieher. Der | |
Al-Shabaab-Kommandeur war früher Lehrer an einer islamischen Schule in | |
Garissa. Er plante bereits vergangenes Jahr einen Anschlag auf einen Bus in | |
der Nähe der Stadt Mandera im äußersten Nordosten von Kenia, bei dem | |
Muslime von Nichtmuslimen getrennt und nichtmuslimische Passagiere, | |
darunter viele Lehrer, auf der Stelle getötet wurden. Dasselbe spielte sich | |
jetzt auch in Garissa ab. Al-Shabaab hat sich zu dem Angriff bekannt und | |
als Begründung genannt, dass an dieser Universität viele Nichtmuslime | |
studieren und arbeiten. | |
## Kenia als Angriffsziel | |
Der Nordosten Kenias, wo mehrheitlich ethnische Somalis leben, ist eine | |
sehr arme Region. Das University College in Garissa gibt es erst seit 2011. | |
Der Ort, früher ein staubiges Dorf mit einem großen Viehmarkt, hat sich in | |
den letzten zehn Jahren in eine geschäftige Marktstadt verwandelt und | |
spielt eine entscheidende Rolle im Handel zwischen Somalia und Kenia. Der | |
Schmuggel über Garissa gilt als Finanzquelle von al-Shabaab: Importwaren | |
werden in somalischen Häfen ohne Einfuhrzölle an Land gebracht, über die | |
Grenze nach Kenia geschmuggelt und spottbillig verkauft, meist in | |
Geschäften ethnischer Somalis im Eastleigh, ein Stadtteil von Nairobi. | |
Seit Kenias Einmarsch in Somalia zur Bekämpfung von al-Shabaab sieht die | |
islamistische Gruppe Kenia als legitimes Angriffsziel. Im Jahr 2011 gab es | |
zwei Shabaab-Angriffe in Kenia, 2012 schon 15. 2013 starben 67 Menschen bei | |
einem Angriff auf das Einkaufszentrum Westgate in Nairobi. Vergangenes Jahr | |
gab es in Kenia 13 Al-Shabaab-Angriffe. | |
Kenianer sind jetzt wütend, dass die Universität von Garissa nicht besser | |
beschützt war. Die Region ist häufig das Ziel von Angriffen; es ist | |
einfach, die poröse Grenze zu Somalia zu überqueren. Vor mehr als einer | |
Woche hatten Australien und Großbritannien gewarnt, das sie Informationen | |
aufgefangen hätten über einen möglichen Anschlag im Osten von Kenia. | |
Beim Westgate-Angriff war der Auftritt der Armee und Polizei noch ein | |
Fiasko. Unter neuer Leitung führten die Sicherheitsbehörden diesmal in | |
Garissa eine professionellere Aktion aus und konnten die Mehrheit der über | |
800 Studenten retten. Präsident Kenyatta kündigte gleich nach dem Attentat | |
an, 10.000 neue Polizeirekruten sollten sich sofort für die Ausbildung | |
melden. Aber die Polizei gilt in Kenia als die korrupteste Institution. „Es | |
geht nicht um die Zahl, es geht um gute Polizisten, die nicht zu bestechen | |
sind“, schreibt ein Kenianer auf Facebook. „Die Frage ist nämlich, wie fü… | |
schwerbewaffnete Männer ungesehen durch Garissa laufen können und dort in | |
einer Universität ein Massaker anrichten.“ | |
3 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.guc.ac.ke/ | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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