# taz.de -- Kommentar Kopenhagen und die Folgen: Charlie wird immer kleiner | |
> Islamistischer Terror hat einen totalitären Anspruch. Die Antwort der | |
> Gesellschaft muss eindeutig sein, sonst lässt sie ihren jüdischen Teil im | |
> Stich. | |
Bild: Die erste Charlie-Hebdo-Ausgabe nach dem Pariser Attentat. | |
Es ist wie nach den blutigen Anschlägen Anfang Januar in Paris. Die waren | |
ebenso gezielt wie jene von Kopenhagen am vergangenen Wochenende. Als Ziel | |
der islamistischen Attentäter wurde schnell die Meinungs- und | |
Pressefreiheit ausgemacht sowie alles Jüdische, das ihnen wohl verhasst | |
war. Nach den Anschlägen auf das Satiremagazin Charlie Hebdo wollten alle | |
ganz schnell und ganz viel Charlie sein. | |
Es dauerte jedoch nur ein paar Tage, bis viele nur noch ein bisschen | |
Charlie sein wollten. Es setzten Diskussionen über die Grenzen des guten | |
Geschmacks ein, über religiöse Gefühle, die man tunlichst respektieren | |
solle. Keine Woche war nach den Tagen des Terrors in Paris vergangen, da | |
wurde ernsthaft über die Verschärfung des Blasphemie-Paragrafen in | |
Deutschland diskutiert. | |
Und es war noch lange nicht geklärt, wer es nun genau war, der in | |
Kopenhagen zwei Menschen umgebracht hat, da wurde der streitbare | |
schwedische Künstler Lars Vilks, auf den es der Attentäter abgesehen hatte, | |
als eine Art Berufsprovokateur diffamiert. Die Frage, wie Künstler sich | |
verhalten sollen, um möglichen Attentaten zu entgehen, steht im Raum, so | |
als gäbe es einen Ausweg aus dem Terror. | |
Die jüdischen Opfer der Attentate von Paris und Kopenhagen können sich eine | |
solche Frage nicht stellen. Sie haben keine Wahl. Sie können sich nicht | |
überlegen, ob sie potenzielle Attentäter durch ihr Verhalten beeinflussen | |
können. Es ist sogar so weit gekommen, dass sich viele Juden fragen, ob ein | |
Leben im von Feinden umzingelten Hochsicherheitsstaat Israel für sie nicht | |
sicherer ist als das Leben in einer europäischen Hauptstadt. | |
Viele französische Juden haben längst eine Entscheidung gegen Europa | |
getroffen. Sie fühlen sich der Gesellschaft, in der sie aufgewachsen sind, | |
nicht mehr zugehörig. Vor diesem Hintergrund ist es beinahe schon | |
geschmacklos, im Zusammenhang mit dem islamistischen Terror über | |
Glaubensbefindlichkeiten zu diskutieren. Der islamistische Terror hat den | |
Anspruch, total zu sein. Die Antwort der freien Gesellschaft darauf muss | |
eindeutig sein. Ist sie es nicht, lässt sie ihren jüdischen Teil im Stich. | |
Und der Glaube? Wer wirklich glaubt, sich seiner Beziehung – zu welchem | |
Gott auch immer – ganz gewiss ist, der wird durch ein paar Federstriche | |
oder zugespitzt formulierte Texte in seinem Glauben schon nicht zu | |
erschüttern sein. | |
16 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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