# taz.de -- Attentäter von Kopenhagen: Judenfeindlich und radikalisiert | |
> Der Attentäter von Kopenhagen war offenbar wütend auf Israel. Dänischer | |
> Chefrabbiner warnt vor Rede von Pogromen. Frankreich will Juden besser | |
> schützen. | |
Bild: Dänische Flagge auf Halbmast am Kopenhagener Rathaus. | |
KOPENHAGEN/JERUSALEM/PARIS dpa/ap | Der Attentäter von Kopenhagen ist | |
Medienberichten zufolge Sohn palästinensischer Eltern gewesen und hat sich | |
mehrfach sehr wütend über Israel geäußert. Der in Dänemark geborene | |
22-Jährige habe Palästina als zweite Heimat betrachtet und sich sehr für | |
die Palästinenser engagiert, berichtete die dänische Zeitung Politiken am | |
Montag unter Berufung auf Mitschüler des Mannes, der eine | |
Erwachsenenbildung absolviert hatte. Einer seiner Freunde sagte dem Blatt: | |
„Er hatte keine Angst offen zu sagen, dass er Juden hasse.“ | |
Im Gefängnis soll er einem Bericht zufolge auch den Wunsch geäußert haben, | |
für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu kämpfen. Die | |
Gefängnisbehörden hätten seinen Namen deshalb auf eine Liste | |
radikalisierter Häftlinge in dänischen Gefängnissen gesetzt, will die | |
Zeitung Berlingske am Montag erfahren haben. Die Behörden bestätigten den | |
Bericht nicht. | |
Der am Sonntag von der Polizei erschossene Todesschütze, dessen Name von | |
Medien mit Omar Abdel Hamid el-Hussein angegeben wird, saß bis vor wenigen | |
Wochen wegen einer Messerattacke in einer S-Bahn im Gefängnis. Dort sei er | |
den Behörden aufgefallen, weil er 39-mal extremistische Einstellungen | |
geäußert habe, meldete die Nachrichtenagentur Ritzau. Eine entsprechende | |
Warnung sei an den Geheimdienst PET weitergegeben worden. Die Behörden | |
betonten, sie veröffentlichten keine Informationen über bestimmte Personen, | |
teilten aber mit, es handle sich um einen 22-Jährigen. | |
Dagegen erklärte El-Husseins Anwalt Rolf Gregersen per SMS, er wäre | |
außerordentlich überrascht, wenn sein Mandant die Terroranschläge vom | |
Wochenende begangen haben sollte. | |
Der Mann hatte am Samstag und in der Nacht zu Sonntag zwei Menschen | |
erschossen, einer von ihnen war ein 37 Jahre alter jüdischen Wachmann. Am | |
Sonntagmorgen wurde der Angreifer bei einem Schusswechsel mit der Polizei | |
getötet. | |
## Chefrabbiner: „Dies sind keine Pogrome“ | |
Dänemarks Chefrabbiner Jair Melchior hat Aufrufe an die Juden Europas | |
kritisiert, nach den Anschlägen in Kopenhagen und Paris nach Israel | |
auszuwandern. „Wir haben keine Angst“, sagte Melchior dem israelischen | |
Rundfunk am Montag. Es sei das Ziel von Terrorismus, den Menschen Furcht | |
einzuflößen. „Wir lassen uns nicht von Terroristen dazu zwingen, unser | |
tägliches Leben zu ändern, in Angst zu leben und an andere Orte zu | |
fliehen“, sagte Melchior. | |
Juden könnten nach Israel auswandern, weil sie den jüdischen Staat liebten, | |
„aber nicht, weil sie Angst haben, in Dänemark zu leben“, sagte der | |
Oberrabbiner. | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte europäische Juden nach den | |
Anschlägen in Kopenhagen und Paris dazu aufgerufen, [1][nach Israel | |
auszuwandern]. Israels Regierung bereitet sich mit einem Sonderplan auf die | |
Aufnahme zahlreicher jüdischer Einwanderer aus Frankreich, Belgien und der | |
Ukraine vor. „Israel erwartet euch mit offenen Armen“, sagte Netanjahu am | |
Sonntag. Israel will 180 Millionen Schekel (rund 41 Millionen Euro) in das | |
Aufnahmeprogramm investieren. | |
Melchior sagte dagegen: „Jetzt müssen jüdische Gemeinden überall gestärkt | |
werden. Weil Juden überall dort bleiben und leben können, wo sie sind.“ Er | |
nannte Vergleiche des heutigen Europas mit der Situation vor dem Zweiten | |
Weltkrieg „ärgerlich und unangemessen“. „Dies sind keine Nazis. Dies sind | |
keine Pogrome. Dies sind bösartige Terroristen, die es nicht verdient | |
haben, uns vorzuschreiben, wie wir zu leben haben.“ Die Situation in Europa | |
sei „nicht so schlimm“. „Auch in Israel gibt es Terroranschläge und man | |
lernt, damit umzugehen.“ | |
## Mehr Schutz in Frankreich | |
In Frankreich hat die Regierung unterdessen angekündigt, die jüdische | |
Gemeinde gegen Angriffe zu verteidigen. Das sagte Premierminister Manuel | |
Valls am Montag. Jeder Mensch, der auswandere, „ist ein Stück Frankreich, | |
das verloren ist.“ | |
Staatspräsident François Hollande betonte, die Menschen dürften nicht | |
glauben, dass Juden nicht länger einen Platz in Europa haben. Das werde er | |
nicht erlauben. | |
16 Feb 2015 | |
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