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# taz.de -- Russland-Beilage der „SZ“: „Redaktion hat damit nichts zu tun…
> Der Süddeutsche Verlag stellt die Werbebeilage „Russland heute“ vorerst
> ein. Sie wird im Auftrag des Kremls produziert.
Bild: Redaktionsversammlung von „Russland Heute“.
Mitten in der internationalen Krimkrise hat der Süddeutsche Verlag
vergangene Woche seine Werbebeilage Russland Heute gestoppt. „Die
März-Ausgabe von Russland Heute wurde auf Initiative der SZ verschoben“,
sagt Jekaterina Iwanowa, Chefredakteurin der monatlich erscheinenden
Beilage, die Teil einer Imagekampagne der russischen Regierung ist.
„Grund dafür ist die angespannte Berichterstattung in den deutschen Medien
über die jüngsten Ereignisse in der Ukraine.“ Sie bedauere diese
Entscheidung sehr und es werde über die Möglichkeit eines späteren
Erscheinungsdatums im April diskutiert.
Der stellvertretende SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach weist darauf hin, dass
die Redaktion mit dieser „Imagebeilage gegen Bezahlung“ nichts zu tun habe.
Es handele sich um ein reines Anzeigengeschäft. Die Redaktion habe
allerdings den Verlag darum gebeten, Russland Heute bis auf Weiteres nicht
erscheinen zu lassen. „Wir wissen, dass es Russland Heute darum geht, ein
positives Russlandbild zu vermitteln“, sagte Krach. „Das halten wir zu
einem Zeitpunkt, wo Russland Soldaten und Panzer auf die Krim schickt,
grundsätzlich nicht für richtig.“ Die Entscheidung habe aber der Verlag
getroffen.
Die Werbebeilage Russland Heute liegt seit Dezember 2010 einmal im Monat
der Süddeutschen Zeitung bei. Sie erschien erstmals unmittelbar nach einem
hochrangig besetzten Wirtschaftskongress im Berliner Hotel Adlon, zu dem
die SZ wichtige Leute aus Wirtschaft und Politik einlädt. Zu den
Hauptrednern gehörte damals der russische Präsident Wladimir Putin und
präsentierte seine Idee für eine europäisch-russische Freihandelszone.
Für den Süddeutschen Verlag ist die Werbebeilage vor allem ein lukratives
Geschäft, auf das er zunehmend angewiesen ist, seit das Anzeigenaufkommen
dramatisch abnimmt. Auch in anderen Ländern liegt das PR-Produkt wichtigen
Zeitungen bei, so der New York Times und Washington Post, dem Daily
Telegraph, El Pais oder Le Figaro. In staatlichem Auftrag liefert das
Projekt „Russia beyond the Headlines“ der russischen Regierungszeitung
Rossijskaja Gaseta solche Zeitungsbeilagen in den Landessprachen in 20
Staaten.
## Verlockende Honorare
„Wir liefern ausgewogene Berichterstattung mit russlandspezifischen Themen,
die in den deutschen Medien oftmals übersehen werden“, sagt die
Chefredakteurin Iwanowa über ihr Blatt. Das macht die Mitarbeit auch für
freie, russlandkundige Journalisten attraktiv. Die Aussicht, ihren Artikel
scheinbar der seriösen SZ beizufügen, ist ebenso verlockend wie die
Honorare. So ging es auch dem freien Journalisten Moritz Gathmann, der für
Russland Heute auf Honorarbasis Texte redigierte und Artikel schrieb.
Auf seiner Website machte er erkennbar, das Russland Heute zum Kundenstamm
zählte. Als ein Kollege Gathmann wegen angeblicher Kremlpropaganda
anschwärzte, kündigte Zeit-Online-Chef Jochen Wegner ihm jüngst die
Zusammenarbeit auf, wegen eines „Interessenkonflikts“ – was in der
Medienbranche für rege Debatten sorgt. Seither steht unter Gathmanns
Artikeln auf Zeit Online folgender Hinweis: „Offenlegung: Der Autor
arbeitet für die vom russischen Staat mitfinanzierte Zeitungsbeilage
’Russland Heute‘. Dies entspricht nicht unseren Grundsätzen. Wir
entschuldigen uns dafür.“
Bei Russland Heute fehlt der klare Hinweis darauf, worum es sich handelt.
Deshalb erreichen die SZ-Redaktion manchmal Leserbriefe, die sich
eigentlich auf die Imagebeilage beziehen, erzählen Kollegen. Nur karge
Hinweise im Impressum und auf den Innenseiten weisen darauf hin, dass die
Rossijskaja Gaseta als Herausgeber fungiert und sich das Projekt „Russia
Beyond the Headlines“ nennt. Dem normalen Leser erklärt das nicht, dass es
sich um ein staatlich finanziertes PR-Produkt der russischen Regierung
handelt. Wer das Blatt öfter liest, stößt auch zunehmend auf Artikel, die
wie bezahlte „schwarze PR“ anmuten und Konzerninteressen vermitteln.
„Russische AKWs punkten mit Sicherheit“, hieß beispielsweise die
Überschrift eines solchen Wirtschaftsbeitrags.
Bei Anfragen im Süddeutschen Verlag gibt es nur knappe Auskünfte. Der
Objektleiter Supplements, Martin Siebert, sagt: „Russland Heute ist keine
Verlagsbeilage der Süddeutschen Zeitung, sondern eine vom Kunden in
Zeitungsform gestaltete, regelmäßig erscheinende Fremdbeilage.“ Über die
Dauer des Vertrages und den Erlös aus diesem Geschäft könne er aus
Wettbewerbsgründen keine Auskunft geben. Die Verantwortlichkeit sei auf der
Titelseite und im Impressum klar ausgewiesen.
„Wir können hier keine Intransparenz erkennen.“ Wie es mit der
Zusammenarbeit zwischen SZ und Russland Heute weitergehen soll, dazu gibt
Siebert auch keine Auskunft. In der Redaktion sind Stimmen zu hören, die
sich über die Beilage schon lange ärgern und jetzt auf ein baldiges Ende
hoffen. „Warum beschmutzen wir die SZ mit so einer
Kreml-Werbepublikation?“, fragen sich viele.
13 Mar 2014
## AUTOREN
Gemma Pörzgen
## TAGS
Russland
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Sanktionen
Ukraine
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