# taz.de -- Zensur im russischen Fernsehen: Das Ende des Optimistischen Kanals | |
> Der russische oppositionelle Kanal „TV Doschd“ („TV Regen“) soll am | |
> Montag abgeschaltet werden. Flashmob-Unterstützer landeten in Gewahrsam. | |
Bild: Am Samstag hatten Unterstützer des Senders TV Doschd ein Flashmob: Die P… | |
Ende Januar hatte Doschd zum 70. Jahrestag der Beendigung der Leningrader | |
Blockade eine Umfrage gestartet. Man wollte von den Zuschauern wissen, ob | |
man das belagerte Leningrad nicht hätte aufgeben müssen, um | |
Hunderttausenden das Leben zu retten. Die Frage löste massenhaft Kritik aus | |
– die Leningrader Blockade wird in Russland traditionell heroisiert. | |
Einige der wichtigsten Satellitenbetreiber wie Rostelekom, Beeline, Akado | |
und zuletzt Tricolor hatten kurz darauf bekannt gegeben, dass sie den | |
TV-Kanal nicht mehr übertragen würden. | |
Der Sender, der seit 2010 existiert und zunächst nur über das Internet | |
verfügbar gewesen war, berichtete unter anderem kritisch von den Protesten | |
nach der Duma-Wahl 2011 und von Oppositionellen wie dem Blogger und | |
Politiker Alexei Nawalny. | |
Natalja Sindejewa, Geschäftsführerin des TV-Kanals, sagte in einer | |
Pressekonferenz vergangene Woche: „Wir sind uns sicher, dass die Anbieter | |
uns nicht freiwillig abschalten, sondern Druck von oben auf sie ausgeübt | |
wird.“ | |
## Die Polizei griff gegen Flashmobber mit Regenschirme ein | |
Vergangenen Samstag hatten Aktivisten einen Flashmob als Protest gegen die | |
Schließung des TV-Kanals auf dem Moskauer Manegenplatz in der Nähe des | |
Roten Platzes organisiert. Dutzende von Menschen versammelten sich auf dem | |
Platz und öffneten symbolisch ihre Regenschirme. Unter den Flashmobbern | |
befanden sich auffallend viele ältere Menschen. | |
Augenzeugen berichteten, dass die Polizei in dem Flashmob zunächst einen | |
Protest gegen die Olympischen Spiele in Sotschi sah. Als bekannt wurde, | |
dass es sich um einen Protest für TV Doschd handelte, wurden rund 43 | |
Menschen, die mit geöffnetem Regenschirm auf dem Platz standen, in | |
Gewahrsam genommen. Unter anderem wurden Männer, die mit ihren Ehefrauen | |
unter einem Schirm gestanden hatten, von diesen losgerissen und abgeführt. | |
Die französische Journalistin Nathalie Ouvaroff erlitt eine Hüftfraktur und | |
wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Krankenhaus behandelt. Gerüchte, dass | |
sie von Milizionären zu Fall gebracht wurde, wollte sie nicht bestätigen. | |
Die in Gewahrsam genommenen Flashmobber müssen mit zwei Tagen Haft oder | |
einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet knapp 200 bis 400 Euro rechnen. | |
Sie werden beschuldigt, gegen Paragraf 20.2 verstoßen zu haben, der die | |
Teilnahme an einer illegalen Demonstration für strafbar erklärt. | |
## TV Doschd will trotzdem weiter machen | |
Einer der Verhafteten, Nikolai Ljaskin, Mitarbeiter des „Fonds zum Kampf | |
gegen die Korruption“, zu deren Mitbegründer der Oppositionspolitiker | |
Alexei Nawalny zählt, äußerte in einem Interview mit TV Doschd: „Jetzt ist | |
es schon so weit gekommen, dass man noch nicht einmal seinen Regenschirm | |
auf der Straße aufmachen darf.“ Ljaskin wurde bereits einige Stunden nach | |
seiner Verhaftung freigelassen. Er muss mit einer Geldstrafe rechnen. | |
Während der Pressekonferenz am vergangenen Dienstag sagte Geschäftsführerin | |
Sindejewa: „Wir werden Doschd nicht schließen!“. Nicht umsonst nennt sich | |
Doschd auch „Optimistic Channel“. Im Internet und über einige regionale | |
Anbieter wird TV Doschd weiterhin verfügbar sein. | |
10 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Ljuba Naminova | |
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